Schönheitsoperationen: Beratung oft mangelhaft
Zuletzt stand Hillary Clinton auf dem Prüfstand. Wesentlich frischer als auf älteren Fotos präsentiere sich die 67-Jährige, meinten manche, als sie kürzlich ihre neuerliche Kandidatur zur US-Präsidentschaftswahl bekannt gab. Dass sie was "machen lassen" habe, schien vielen klar. US-Kommentatoren diskutierten, ob es ein ganzes Facelift oder doch "nur" ein paar Botox-Injektionen gewesen seien. Die Wahrheit werden wir wohl nie erfahren. Noch dazu, wo der Trend derzeit zu "sanften", praktisch "unsichtbaren" Verschönerungen geht, wie Walther Jungwirth, Präsident der österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC) sagt. Und das gilt für Promi- oder Normalo-Frau gleichermaßen.
Fakt ist: Eingriffe rund um die Schönheit nehmen zu, auch in Österreich. Die ÖGPÄRC schätzt die Zahl auf jährlich 50.000. Angeführt wird die Beliebtheitsliste von Lidkorrekturen, Brustvergrößerungen, Fettabsaugungen und Haartransplantationen. Exakte Zahlen gibt es nicht, da hierzulande keine Statistiken geführt werden. Dass dahinter lukrative Geschäfte stehen, betont etwa der Verein für Konsumenteninformation (VKI) immer wieder.
Aufklärung
Seit 2012 existiert nun ein Gesetz, das die Qualifikation und die Informationspflichten der Ärzte betrifft. "Der Arzt ist verpflichtet, vor dem Eingriff umfassend über die Operation und mögliche Risiken aufzuklären. Zuvor konnte praktisch jeder Arzt jede Operation anbieten und ausführen, unabhängig von der Fachausbildung", schreiben die VKI-Experten in der Mai-Ausgabe des Test-Magazins Konsument. Sie haben nun getestet, wie genau es die Ärzte damit nehmen – und ob sich seit der Gesetzeseinführung etwas verbessert hat.
15 Ärzte in fünf Bundesländern wurden von zwei Testpersonen für Nasen- beziehungsweise Lidkorrekturen konsultiert. Sie zählen beide zu den am häufigsten nachgefragten, eine Nasenkorrektur ist dazu auch noch eine der kompliziertesten Operationen. Die Ergebnisse waren für die VKI-Tester ernüchternd: "Drei von 15 geprüften Arztpraxen erhielten eine "gute", fünf eine "durchschnittliche" und sieben eine "weniger zufriedenstellende" Gesamtbewertung. Im Vergleich zu früheren Tests hat sich die Beratungsqualität damit nicht wesentlich verbessert." Für Jungwirth ist Beratung allerdings ein wichtiges Thema. "Es geht darum, spätere Komplikationen zu vermeiden." Oft müsse man auch psychologisch agieren, um die Gründe der Patienten zu hinterfragen.
Mehr Selbstwert?
Das Thema polarisiert jedenfalls. Für die einen ist ein Beauty-Eingriff ein absolutes No-Go, während andere ihn mit einer Maniküre samt behübschendem Nagellack vergleichen. "Prinzipiell ist es das Recht eines jeden Menschen, das für sich in Anspruch zu nehmen. Es gibt ja auch Tätowierungen und dergleichen", betont Frühwirt. Den Vergleich mit einer Nagelbehandlung lässt er allerdings nicht gelten. "Wir sind in erster Linie Ärzte und sehen die Menschen nicht wie eine Kosmetikerin. Die Nase lasse ich mir im Idealfall nur ein Mal im Leben korrigieren."
Mitunter kann die operative Veränderung ungeliebter Körperteile sogar Lebensfreude und Selbstwertgefühl erhöhen. Zu diesem Schluss kamen Forscher der Unis Bochum in Deutschland und Basel in der Schweiz im Vorjahr im Fachmagazin Clinical Psychological Science. Sie verglichen die psychologischen Auswirkungen bei etwa 550 Personen, die sich erstmals operieren ließen mit 260 Personen, die sich gegen eine OP entschieden. Dazu kamen 1000, die nie einen Eingriff in Erwägung gezogen hatten. Im Durchschnitt hatten jene, die sich operieren ließen, ihre Wunschziele erreicht.
Auch manche Promis halten mittlerweile nichts mehr von nobler Zurückhaltung und outen sich als "operiert". Erfrischend etwa US-Schauspielerin Jane Fonda, die im Vorjahr meinte: "Sonst würde ich mit 77 Jahren nicht mehr so aussehen." Sie glaube aber, es "nicht übertrieben zu haben".
In Österreich ist der Trend bis jetzt noch nicht wirklich angekommen, versichern heimische Experten. Die Technik beherrschen aber auch sie. Zwei Verfahren werden dafür angeboten. Bei einer werden Silikonimplantate über der Po-Falte hineinoperiert. Die zweite Möglichkeit ist, sich Eigenfett (etwa aus Hüfte oder Oberschenkeln) ins Hinterteil injizieren zu lassen.
Ob aufgepolstert oder nicht, die Kehrseite von Anna und Lucy DeCinque gibt es nur im Doppelpack – wie die 28-jährigen eineiigen Zwillinge aus Australien überhaupt. Sie ließen sich um rund 179.000 Euro die gleichen Körperteile operieren – und tragen mittlerweile den Titel „identischste Zwillinge der Welt“.
Ganzkörper-Beauty-OP
Doch auch in China stehen Schönheitsoperationen hoch im Kurs. Erst kürzlich sorgte eine 15-Jährige für riesiges Aufsehen auf einer Twitter-ähnlichen Plattform, berichtete china.org.cn. Das Mädchen namens Li aus Zhengzhou in der Provinz Henan stellte laufend Fotos von sich ins Netz, die nach ihrer „Ganzkörper-Schönheitsoperation“ entstanden waren. Für ihr Aussehen musste sie viel Kritik einstecken. Was ihr wenig anzuhaben scheint. Ihr Kommentar: Man muss heutzutage mit der Zeit gehen. Man darf nicht an der Startlinie stehen bleiben“, schrieb Li.
Mit 85 Prozent sind Frauen als Kundinnen von Beauty-Docs zwar schwer einzuholen. Doch längst hilft auch Mann immer öfter nach, wenn die Jahre an Gesicht und Körper ihre Spuren hinterlassen. Laut der deutschen Gesellschaft für Plastische und Ästhetische Medizin entfallen bereits ein Sechstel ihrer jährlichen Kunden auf das starke Geschlecht.
Warum Männer immer öfter Wert auf Schönheit legen, haben vor kurzem Adam Alter, Sozialpsychologe und Marketingprofessor an der New York University, sowie Hal Hershfield von der University of California untersucht. Für ihre Studie im Fachmagazin Proceedings werteten sie Daten von mehr als 42.000 Teilnehmern aus sechs Studien aus und fanden heraus, dass Männer vor runden Geburtstagen eher ihr Leben verändern und dann wichtige Entscheidungen treffen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Menschen, die sich dem Ende einer Dekade nähern, große Ausgaben tätigen könnten. Etwa eine Lebensversicherung auszahlen lassen, für die Rente investieren – oder sich einer Schönheitsoperation unterziehen.“
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