Riesiges Riff im Amazonasdelta "aufgetaucht"
Bisher gingen Forscher davon aus, dass sich Flussgebiete nicht als Lebensräume für Korallenriffe eignen. Ein "Sensationsfund" vor der Küste Brasiliens widerlegt die Annahme: Dort, wo der Amazonas in den Atlantik mündet, ist ein riesiges Riff "aufgetaucht". Ein Team von Wissenschaftlern und der Umweltschutzorganisation Greenpeace konnte nun erstmals Unterwasseraufnahmen des Öko-Systems mit Schwämmen, Fischen und Korallen machen. Forscher sprechen vom „wichtigsten meeresbiologischen Fund“ seit Jahrzehnten.
Allein die Ausmaße des Riffs sind enorm: 9500 Quadratkilometer bis an die Küste von Französisch-Guyana; zwischen 30 und 120 Meter tief, völlig unterschiedliche Strukturen. Hinweise, dass hier etwas sein muss, gibt es schon seit den 1970er-Jahren. Fischer berichteten von Fischarten, die nur an Korallenriffen vorkommen, zudem gab es eine Häufung von Schwämmen.
Ungeahnte Dimensionen
Ein Team um den Forscher Fabiano L. Thompson von der Universität Rio de Janeiro erkundete in den vergangenen Jahren das Riff-Gebiet. 2016 wurde der Fund erst in seiner Dimension bekannt - in einem Artikel für das Fachmagazin „Science Advances“ haben die Forscher die Besonderheiten ausführlich beschrieben.
Einzigartiges Öko-System
Zu Gesicht bekamen die Forscher eine einzigartige, blaugetünchte Welt von Schwämmen, Hart- und Weichkorallen, Rotalgen und Millionen von Fischen. Bisher sind nur kleine Teile kartiert. Und Thompson, der auch jetzt wieder dabei ist, und sein Team sind erstaunt: Das Riff könnte noch viel größer und tiefer sein als bisher angenommen.
Eigentlich gelten Flussgebiete bisher als Lebensräume, die nicht für Korallen geeignet sind. Und in diesem Fall treffen Süß- und Salzwasser aufeinander, der Amazonas transportiert viel Sediment und organisches Material, dass das Wasser stark trübt. Aber Korallenriffe brauchen eigentlich klares Wasser: Das Licht dient ihnen als Energiequelle, damit ausreichend Fotosynthese der Algen möglich ist.
Klimawandel
"Interessant sei auch die Bedeutung des Riffs als Zukunftsorakel", sagt die deutsche Meeresbiologin Sandra Schöttner. Es kann der Wissenschaft Hinweise liefern, wie Riffe sich verändern könnten, die durch den Klimawandel unter erschwerten Bedingungen überleben müssen. Die zunehmende Ozeanversauerung und der steigende Sediment- und Nährstoffeintrag seien schon jetzt ein massives Problem in vielen Riffsystemen. „In diesem bisher einzigartigen Ökosystem scheinen die riffbildenden Lebewesen wie Korallen, Kalkalgen und Schwämme aber zu überleben, ohne dass das Meerwasser ausgesprochen klar, sonnendurchflutet und sauerstoffreich ist“, betont Schöttner.
Paradies in Gefahr
Kaum entdeckt, droht dem Riff die Zerstörung. In dem Gebiet wurden schon vor einiger Zeit, als man noch nichts handfestes von dem Riff wusste, Umweltverträglichkeitsprüfungen gemacht. Es wurden Konzessionen für Ölprobebohrungen vergeben. Hier lagern wahrscheinlich große Mengen des schwarzen Goldes. Greenpeace plant bereits eine Aktionen gegen die Ölkonzerne.
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