Raschere Erste Hilfe könnte mehr Leben retten

Raschere Erste Hilfe könnte mehr Leben retten
Herzstillstand: Beginnt bereits ein Laienhelfer unmittelbar danach mit der Herzdruckmassage, ist die Chance zu überleben um 70 Prozent höher, als würde erst die Rettung zu reanimieren beginnen.

Erste Hilfe rettet Leben – in welchem Ausmaß dies beim Herzstillstand der Fall ist, zeigt jetzt eine im Journal Resuscitation ("Wiederbelebung") veröffentlichte Studie der Uni-Klinik für Notfallmedizin der MedUni Wien in Kooperation mit der Wiener Rettung: Wer sofort von einem Ersthelfer eine Herzdruckmassage erhält, hat eine um 70 Prozent höhere Überlebenschance gegenüber jenen, bei denen erst die Rettung mit der Reanimation beginnt.

Die Autoren untersuchten 1448 Fälle von Herzstillstand, bei denen Mitarbeiter der Rettung eine Reanimation begannen oder fortsetzten:

Insgesamt überlebten elf Prozent aller Patienten – ein im internationalen Vergleich sehr guter Wert.

In der Gruppe, in der kein Laienhelfer vor dem Eintreffen der Rettung mit einer Herzdruckmassage begann, lag der Prozentsatz der Überlebenden nur bei acht Prozent. Denn bis zum Eintreffen der Rettung vergehen in Wien im Schnitt elf Minuten – auch das ist international ein guter Wert, für einen Patienten mit Herzstillstand trotzdem eine lange Zeit.

Begann hingegen ein Ersthelfer unmittelbar nach dem Herzstillstand mit der Massage, erhöhte dies die Überlebensrate auf 14 Prozent.

Pflichtfach

Raschere Erste Hilfe könnte mehr Leben retten

"Im Schnitt wurde bei jedem zweiten Patienten mit Herzstillstand ein Ersthelfer aktiv", sagt Alexander Nürnberger, Erst­autor der Studie. Auch dies sei international zwar nicht schlecht, "es ist aber noch deutlich mehr möglich", ergänzt Univ.-Prof. Fritz Sterz, der die Untersuchung initiiert hat: "In der norwegischen Stadt Stavanger haben 80 bis 90 Prozent aller Menschen mit Herzstillstand einen Ersthelfer – dort gibt es ab der Volksschule ein Pflichtfach ,lebensrettende Sofortmaßnahmen"." Das Ergebnis: "20 Prozent aller Patienten gehen gesund nach Hause – bei uns sind es eben nur die elf Prozent. Das zeigt, was man noch zusätzlich herausholen könnte", betont Nürnberger.

Sterz fordert seit Jahren, dass das richtige Verhalten im Notfall bereits in den Volksschulen in Kursen behandelt wird. Auch Hinweistafeln etwa in Aufzügen könnte das Bewusstsein erhöhen: "Jeder kennt die Tafeln ,Verhalten im Brandfall". Ähnliche Tafeln für das ,Verhalten im Notfall" könnten die Hemmschwelle, mit einer Reanimation beginnen, senken." Die neue Studie hat nämlich auch gezeigt: Selbst wenn zum Zeitpunkt des Herzstillstandes andere Menschen unmittelbar in der Nähe stehen (Kollegen, Familienangehörige, Passanten), beginnen diese nur in jedem zweiten Fall mit einer Reanimation: "Das hat offenbar mit der Angst, etwas falsch machen zu können, zu tun (siehe li.)." Regelmäßige Übung sei wichtig, Nürnberger kritisiert deshalb Überlegungen, beim Mopedführerschein lebensrettende Sofortmaßnahmen zu streichen: "Wir bräuchten mehr, nicht weniger Übungsmöglichkeiten."

"Herzmassage schadet nicht"

Ein Mensch wird bewusstlos und reagiert weder auf Ansprechen noch auf Schütteln: "Nimmt diese Person keine Drogen und hat sie auch keine Probleme mit Diabetes ist die Wahrscheinlichkeit für einen Herzstillstand sehr hoch", sagt Studienautor Alexander Nürnberger. "Ganz besonders, wenn die Atmung beeinträchtigt zu sein scheint."

Beginnt man dann mit der Herzdruckmassage "und der Patient reagiert immer noch nicht und wehrt sich nicht", sei dies ein weiteres Indiz für einen Herzstillstand. "In dieser Situation sollte für den Helfer klar sein: Diese Person hat einen Herzstillstand – so lange, bis sie mir das Gegenteil beweist." Denn die Herzdruckmassage schadet nicht – im Gegensatz zum Nichtstun.

Nürnberger und Sterz sehen auch Verbesserungspotenzial bei der Einbindung der Krankentransporte mit Sanitätern. Nürnberger: "Bei jedem zweiten Herzstillstand gibt die Wiener Rettung nach Eingehen des Anrufs den Standort auch an die Krankentransport-Organisationen durch. Die sagen das dann per Funk an die Wagen weiter – doch nur in knapp fünf Prozent der Reanimationen ist einer der 300 Krankentransporter vor der Rettung am Einsatzort."

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