Verschlüsselte Botschaften im All

Anton Zeillinger
Kommende Woche wird der erste Quantensatellit in den Orbit geschossen – das könnte unsere Kommunikation revolutionieren.

Was geheim ist, soll geheim bleiben, daran war schon Gaius Julius Cäsar interessiert. Um militärische Nachrichten zu übermitteln, ließ er die Cäsar-Chiffre entwickeln: Buchstaben wurden systematisch verschoben, Spionen blieb nur ein Buchstabensalat übrig. Was Physiker aber seit Jahren vorschwebt, stellt Cäsars Buchstabensalat und alles, was danach kam, in den Schatten: verschlüsselte Botschaften mithilfe von Quanten. Ein Modell für vollständig abhörsichere Datenverbindungen über bisher unerreichte Distanzen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wird in den kommenden Tagen passieren: Forscher der Universität Wien, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften starten das Experiment "Quantum Experiments at Space Scale".

Netzwerk schaffen

In der Nacht von 15. auf 16. August wird ein 600 Kilogramm schwerer Satellit mit einer Quanten-Sendestation ins All geschossen. Sie soll verschränkte Lichtteilchen (Photonen) aus dem erdnahen Weltraum zu den Bodenstationen in Wien, Graz oder Teneriffa schicken – so soll ein orbital-planetares Netzwerk entstehen. Doch ganz so einfach wird es nicht, erklärt Quantenphysiker Anton Zeilinger: "Wenn man von einem Satelliten einzelne Lichtquanten nach unten überträgt, weiß niemand, was die Atmosphäre ausmachen wird und wie viel davon wirklich am Boden ankommt." Da der Satellit für die nächsten zwei bis drei Jahre im All bleibt, werde es genügend Zeit für Experimente geben.

Davon erhoffen sich die Wissenschaftler zwei Dinge: Mit den Messdaten am Satelliten und in den Bodenstationen sollen kryptographische Schlüssel erzeugt und ausgetauscht werden. Die Technik könnte viele Sicherheitsprobleme lösen (siehe Grafik unten) und die Übertragung von Daten, etwa via Smartphone oder eMail , absolut abhörsicher machen.

Davon ist auch Zeilingers ehemaliger Doktorand und aktueller Projekt-Partner Jian-Wei Pan von der Universität Hefei überzeugt: "Quanten-kodierte Information ist völlig sicher, selbst die besten Computer können dies nicht knacken." Für die chinesischen Partner ist das Experiment QUESS Teil eines großen Projekts: Sie wollen künftig ein Quanteninformationsnetzwerk aufbauen, das von Peking bis Schanghai verläuft. Und in Folge ein Quanten-Satellitensystem, um damit rund um den Planeten zu kommunizieren.

Information beamen

Den Wiener Forschern geht es auch darum, zu zeigen, dass verschlüsselte Informationen mittels Quantentechnik über sehr weite Distanzen geschickt werden können – vom All zur Erde. Bisher gelang es Anton Zeilinger, die Quanteninformationen 144 Kilometer von La Palma auf Teneriffa zu beamen. Nun beträgt die Entfernung mehr als 1000 Kilometer.

Mithilfe dieser "Teleportation" kann man in Zukunft Quantencomputer miteinander verbinden, erklärt Zeilinger. Das wiederum wäre die Vorarbeit zum Quanteninternet. Es funktioniert im Prinzip wie normales Internet, besteht aus Computern, zwischen denen Information als Bits mit Glasfasern oder Satelliten übertragen wird. Aber mit dem Unterschied, dass es "Quantenbits" sind: Sie übertragen schneller und wesentlich mehr Informationen. Zudem würden sich Cyberkriminelle daran die Zähne ausbeißen.

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