Pro und Contra: Was kann Homöopathie?
Norbert Aust hat zwei Fläschchen in den Händen: Eines mit Hepar Sulfuris C 200 Globuli (gegen Abszesse, Entzündungen, 200 Verdünnungsschritte), eines mit Lycopodium C 30 Globuli (30 Verdünnungsschritte) gegen Sodbrennen.
In der Homöopathie werden die pflanzlichen, mineralischen oder tierischen Arzneien "potenziert", das heißt verdünnt und verschüttelt – durch Letzteres soll die Information auf das Wasser übergehen. In hohen Potenzen ist kein chemischer Nachweis der Wirkstoffe mehr möglich.
Analysemethode
"Wenn ich die Etiketten abnehme, können sie die zwei Präparate mit keiner Analysemethode der Welt unterscheiden", sagt der deutsche Homöopathie-Kritiker Aust. Dass es eine Wirkung auf den Menschen gebe, sei nach physikalischen Gesichtspunkten unmöglich. "Man kann nur zwei Standpunkte einnehmen: Entweder Homöopathika wirken, dann ist die Physik grob falsch oder unvollständig – oder die Physik ist richtig, dann wirken Homöopathika nicht und die Nachweise, die es gibt, sind entweder falsch oder falsch interpretiert."
"Muss widersprechen"
"Dr. Aust ist für mich der erste ernstzunehmende Homöopathiekritiker, der sich auch wirklich mit den Studien auseinandersetzt", beginnt Univ.-Prof. Dr. Michael Frass, Leiter der Spezialambulanz "Homöopathie bei malignen Erkrankungen" im AKH Wien seine Antwort.
"Aber zum Thema Physik mus s ich ihm ein bisschen widersprechen. Man muss nicht die Physik über den Haufen werfen – vielleicht gibt es eines Tages auch für diese Phänomene Erklärungen. Ich sage auch nicht, dass Homöopathie mehr kann als konventionelle Medizin. Aber die Homöopathie kann mehr als Placebo. Und es gibt einfach viele Situationen, wo konventionelle Medizin unschlagbar ist, und es gibt Situationen, wo die Homöopathie unschlagbar ist."
Frass zieht anhand des Betrachtens eines Bildes folgenden Vergleich: "Der Kritiker schaut primär auf das Messbare, auf die Maße, auf die Farben und ihre chemische Zusammensetzung. Aber wir Homöopathen sehen das Bild in seiner Gesamtheit."
Intensivstation
In der Praxis würde sich immer wieder zeigen, dass das, was vor 200 Jahren durch Samuel Hahnemann – den Begründer der Homöopathie – etabliert worden ist, funktioniert. Frass bringt Beispiele: "Auf der Intensivstation lag ein COPD-Patient, über den eine Kollegin gesagt hatte, es werde Wochen dauern, bis er wegen seines vielen zähen Schleims die Station verlassen kann."
Er habe ihm dann – zusätzlich zur konventionellen Therapie – einmal täglich ein homöopathisches Präparat gegeben. Daraufhin konnte er relativ rasch die Intensivstation verlassen, so Frass: "Und bei Neurodermitis gibt es oft sehr große Erfolge mit Homöopathie."
"Schmerzen verschwunden"
Auch eine Ärztin aus dem Publikum erzählte aus ihren Erfahrungen: "Ich bin eine Schulmedizinerin, aber ich habe viel Positives gesehen. Ein Darmkrebspatient mit einer Metastase hatte starke Schmerzen im Operationsgebiet. Zwei Stunden nach der Gabe einer homöopathischen Hochpotenz waren die Schmerzen verschwunden."
Hier treffen sich Aust und Frass: "Es gibt eine einzige Firma in Österreich, die meine klinische Forschung unterstützt. Die Herrschaften sehen das Potenzial nicht."
Kommentare