Nobelpreisträger Mo Yan antwortet Kritikern

Nobelpreisträger Mo Yan antwortet Kritikern
Der neue Träger des Literaturnobelpreises aus China wehrt sich gegen Vorwürfe, staatstreu zu sein und fordert Freiheit für Nobelpreisträger Liu Xiaobo.

Einen Tag nach seiner Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis hat sich der chinesische Schriftsteller Mo Yan (57) für die Freilassung des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo eingesetzt. Vor Journalisten in seinem Heimatort Gaomi in der Provinz Shandong in Ostchina verwahrte sich Mo Yan auch gegen Vorwürfe der Selbstzensur. Er räumte ein, dass China keine Publikationsfreiheit habe, sieht aber eine Entkrampfung.

   Wann sein Roman "Wa" (Frösche) auf Deutsch erscheint, ist noch unklar. Der Hanser Verlag in München wusste nicht, ob er es schafft, die für Frühling 2013 geplante Veröffentlichung vorzuziehen. Der Unionsverlag Zürich will wegen der großen Nachfrage schnell Mo Yans Werke in seinem Programm ("Das rote Kornfeld", "Der Überdruss", "Die Schnapsstadt", "Die Knoblauchrevolte") nachdrucken. Bereits am Montag werde die Neuauflage an die Buchhandlungen geschickt, sagte Verleger Lucien Leitess der Nachrichtenagentur dpa. In welcher Auflage nachgedruckt wird, wollte Leitess nicht verraten.

   Auf der Frankfurter Buchmesse kritisierte der in China verfolgte Autor Liao Yiwu seinen Kollegen Mo Yan als "Staatsautor". "Er vertritt das Regime", sagte Liao, der am Sonntag den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegennimmt. Literarisch habe Mo Yan eine hohe Ebene erreicht. Es gehe ihm aber nicht um die Menschenrechte in China.

"Freiheit in guter Gesundheit"

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2012 gewann mit Mo Yan erstmals ein Autor auch China.

In ersten Äußerungen über seinen Nobelpreisvorgänger Liu Xiaobo sagte Mo Yan, er habe wenig Kontakt zu dem Bürgerrechtler gehabt und wisse nicht, woran er gearbeitet habe. "Aber jetzt hoffe ich, dass er möglichst bald und in guter Gesundheit seine Freiheit gewinnen kann." Er hoffe, dass der 56-jährige Bürgerrechtler seine gesellschaftlichen und politischen Studien fortsetzen könne.

   Liu Xiaobo war 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Ihm wurde "Untergrabung der Staatsgewalt" angelastet. 2010 erhielt der Mitverfasser der "Charta 08" für Demokratie und Menschenrechte in China den Friedensnobelpreis. Seine Frau Liu Xia wird seitdem in Peking wie eine Gefangene unter Hausarrest gehalten.

   Erstmals seit zwei Jahren wurde die 53-Jährige auf einem geheim aufgenommenen Video gesehen, das die Organisation Reporter ohne Grenzen zur Bekanntgabe des Friedensnobelpreises in Oslo - diesmal an die Europäische Union - veröffentlichte. Es zeigt die Dichterin und Fotografin rauchend am Fenster ihrer streng abgeriegelten Wohnung.

"Natürlich gibt es keine absolute Freiheit in China"

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Der frisch gebackene Literaturnobelpreisträger Mo Yan verteidigte sich gegen Vorwürfe, dem diktatorischen System zu nahe zu stehen. "Ich lebe und arbeite in China", sagte Mo Yan. "Ich schreibe in China unter der Führung der Kommunistischen Partei. Aber meine Werke können nicht von einer politischen Partei eingeschränkt werden." Auch andere Länder hätten Zensur aus religiösen oder ethnischen Gründen. "Natürlich gibt es keine absolute Freiheit in China, einen Roman zu veröffentlichen." Im Vergleich zu den 50er und 60er Jahren sei man aber "überrascht", wie die Beschränkungen nachgelassen hätten.

   Die kommunistische Führung gratulierte Mo Yan. Propagandachef Li Changchun schrieb, die Auszeichnung spiegele den Fortschritt in der chinesischen Literatur wider. Ungeachtet aller Kontroversen wurde der Preis in China auch mit Stolz und Freunde aufgenommen. Professoren sahen einen "historischen Durchbruch". Mo Yans Bücher gingen rasant über den Ladentisch und waren bei Internetbuchhändlern ausverkauft. "Viele Leute kommen, um seine Bücher zu kaufen", sagte ein Verkäufer.

   Chinas Staatsmedien wiesen darauf hin, dass frühere Verleihungen des Friedensnobelpreises an den Dalai Lama, das exilierte religiöse Oberhaupt der Tibeter, oder den Bürgerrechtler Liu Xiaobo "feindliche Botschaften" übermittelt hätten, wie die "Global Times" meinte. "Könnte die Entscheidung auch ein Zeichen sein, dass das Nobelkomitee versucht, die Spannungen mit China abzubauen?" Der regimekritische chinesische Künstler Ai Weiwei schrieb spitze Kommentare: "Ein Schriftsteller, der sich nicht der Realität stellt, ist ein Lügner."

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