Vitamintabletten können Krebsrisiko erhöhen

ARCHIV - ILLUSTRATION - Verschiedene Pillen und Tabletten liegen auf einem Löffel, aufgenommen am 20.02.2012. Der rheinland-pfälzische Verbraucherschutzminister Hartloff (SPD) hat vor Gefahren vermeintlicher Wunderpillen zur Nahrungsergänzung gewarnt. Manche Mittel seien eine Täuschung, sie seien sehr teuer, hätten «aber überhaupt keine Wirkung», sagte Hartloff am Mittwoch (11.07.2012) in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Mainz. Foto: Matthias Hiekel dpa/lrs (zu dpa-Gespräch «Verbraucherschutzminister warnt vor angeblichen Wundermitteln» vom 12.07.2012) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Zu viele Vitamine und Mineralstoffe können nicht schaden? Von wegen.

Bei diesen Ergebnissen waren sogar die Forscher überrascht. Bei der Konferenz der American Association for Cancer Research stellte Tim Byers von der University of Colorado Untersuchungsergebnisse vor, wonach herkömmliche Nahrungsergänzungsmittel das Krebsrisiko erhöhen könnten, wenn sie übertrieben eingenommen werden.

"Wir wissen noch nicht warum, aber unsere Beweise zeigen, dass Menschen, die mehr Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen als sie eigentlich brauchen, ein höheres Risiko dafür haben, an Krebs zu erkranken", erklärte der Onkologe Byers. Vor 20 Jahren stellte man fest, dass Menschen, die mehr Obst und Gemüse essen, seltener an Krebs erkranken. Die Forscher wollten nun herausfinden, ob die zusätzliche Einnahme von Vitaminen und Mineralstoffen diesen Effekt sogar verstärken kann.

Erste Tierversuche waren noch vielversprechend. Dann beobachtete das Team um Byers Tausende Patienten, die über zehn Jahre Nahrungsergänzungsmittel oder Placebos einnahmen. Und konnten kaum glauben, was dabei herauskam.

Überraschende Ergebnisse

Byers: "Wir fanden heraus, dass die Nahrungsergänzungsmittel keine Vorteile für die Gesundheit brachten. Einige Menschen erkrankten während der Vitamin-Einnahme sogar eher an Krebs."

Bei einer Untersuchung zu den Effekten von Beta-Carotin-Ergänzungsmitteln zeigte sich etwa, dass das Risiko für Lungenkrebs und Herzerkrankungen um 20 Prozent stieg. Folsäure, die Polypen im Darm reduzieren soll, hat bei einer anderen Untersuchung die Zahl der Polypen sogar erhöht.

"Das heißt nicht, dass die Menschen Angst davor haben sollten Vitamine und Mineralstoffe zu sich zu nehmen", sagt Byers. "Wenn sie richtig dosiert sind, können sie sehr gut wirken. Aber es gibt keinen Ersatz für gute, ausgewogene Ernährung."

"Am Ende des Tages fanden wir heraus, dass zusätzliche Vitamine und Mineralstoffe mehr schaden können als nutzen."

Vitamintabletten können Krebsrisiko erhöhen

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Vitamintabletten können Krebsrisiko erhöhen

Vitaminwater
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Wie sicher ist unsere Nahrung? Beugt Obst Krebs vor? Und brauchen wir Nahrungsergänzungsmittel? Mit diesen Fragen beschäftigte sich kürzlich eine hochkarätige Expertenrunde in der "Gesellschaft der Ärzte" im Billrothhaus in Wien.

Mediziner sind mit einer steigenden Zahl an Patienten konfrontiert, die glauben, an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit zu leiden. Bis zu 30 Prozent der Österreicher fühlen sich betroffen, aber nur ein Prozent leidet zum Beispiel tatsächlich an einer Zöliakie, also einer Allergie gegen Weizenprodukte, sagte Ludwig Kramer. Er ist Gastroenterologe (Magen- und Bauchheilkunde) am Krankenhaus Hietzing.

Die gute Nachricht: Unverträglichkeiten sind keine schwere Erkrankung, sondern eher eine Befindlichkeitsstörung. Trotzdem habe er bereits Patienten erlebt, die aufgrund einer Nahrungsmittelunverträglichkeit in Frühpension gehen wollten, erzählte der Arzt zum Amüsement der Zuhörer.

Den Betroffenen würden oft Antikörper-Bluttests aufgeschwatzt, doch davon hält Kramer nichts. Diese seien teuer, aber wenig aussagekräftig, bringen oft falsche Ergebnisse. Manchen besonders Gesundheitsbewussten, die unter Bauchweh leiden, rate er sogar, weniger Obst zu essen, weil sie einfach "zu viel des Guten" tun, meinte Kramer. Ohnehin habe sich die These, dass fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag Krebs vorbeugen, als falsch herausgestellt.

Soft Drinks als Problem

Der Spezialist räumte allerdings ein, dass die Industrialisierung zu einer Zunahme an Darmerkrankungen und Übergewicht geführt habe. Es stimme auch, dass der Glutengehalt moderner Weizensorten viel höher sei als früher. Für wirklich problematisch hält er aber Fruchtzucker, das könne Adipositas fördern. In den USA wird zum Beispiel massenhaft Maissirup verwendet. Ein "wesentlicher Faktor für sinnlose Energiezufuhr" seien Soft Drinks.

In Verdacht, Übergewicht auszulösen, stehen aber auch Antibiotika in Lebensmittel (Fleisch) sowie Vitamin-D-Mangel beim Menschen. Farbstoffe in Lebensmittel wiederum könnten krankheitsauslösend wirken. Gut erforscht sei das aber noch nicht. Genauso wie die Annahme, dass Chemikalien aus der Verpackung bei langer Lagerung in Lebensmittel eindringen könnten.

Wahrscheinlich ist unser Leben auch einfach viel zu hygienisch: "Der Mensch sei in der Evolution immer zahlreichen Keimen ausgesetzt gewesen", sagte Kramer. Die Keimarmut beeinträchtige den Darm ebenfalls. Die Angst der Österreicher vor gentechnisch veränderten Lebensmittel zerstreute er hingegen: Keine Studie habe eine Gesundheitsgefährdung nachgewiesen.

Auch Ingrid Kiefer, Ernährungswissenschaftlerin und Gesundheitspsychologin gab Entwarnung, was die heimischen Lebensmittel betrifft: Von 31.333 Proben, die die AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) 2013 untersucht habe, seien lediglich 0,4 Prozent als gesundheitsschädlich eingestuft worden. Und nur ein Prozent der Proben enthalte Rückstände von Pflanzenschutzmittel über den Höchstwert.

Umweltmediziner Piero Lercher plädierte dafür, dass Konsumenten mehr auf Nachhaltigkeit und Saisonalität bei Lebensmittel achten – das erkenne man ja auch oft schon am besseren Geschmack, etwa bei Tomaten.

"Vitalstoffe" unnötig

Aber auf jeden Fall muss niemand, der "normal" isst, Nahrungsergänzungsmittel konsumieren. Davon ist er Sportmediziner Peter Schober von der Uni Graz überzeugt. Hinter diesen Mitteln stehe eine milliardenschwere Industrie, die den Bürgern einrede, sie bräuchten Energy Drinks oder "Vitalstoffe", um ihr Immunsystem aufzupäppeln bzw. Muskelaufbau zu betreiben. Schober hält solche Selbstmedikation sogar für gesundheitsschädlich.

Im harmloseren Fall werde "teurer Urin produziert", scherzte er. Sprich: Die Mittel werden ohne Wirkung wieder ausgeschieden. Kalium und Magnesium könne man locker etwa durch Nüsse oder Bananen aufnehmen. Eisen sei bei Sportlern ein Thema. Aber einen eventuellen Mangel könne man nur durch eine medizinische Untersuchung feststellen.

Wissenschaftler beschäftigen sich allerdings damit, ob Folsäure und B12 einer Demenz vorbeugen können. Extraportionen an Vitamin C hingegen werden nicht empfohlen. Alles in allem spricht Schober von einem "lukrativen Markt für wenig Wirksamkeit". Resümee der Forscher über die Frage, ob Essen krank macht: "Auf die Dosis kommt’s an."

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