Mehr Präzision bei Eingriffen im Gehirn
"Das wird der größte Innovationsschub an unserer Neurochirurgie in den vergangenen 15 Jahren", sagt Univ.-Prof. Engelbert Knosp, Vorstand der Uni-Klinik für Neurochirurgie der MedUni Wien / AKH Wien. Und meint damit eine "intraoperative Magnetresonanztomographie". Ein MRT-Gerät wird es ermöglichen, noch vor dem Abschluss einer Operation – bei noch geöffneter Schädeldecke – Bilder des Areals aufzunehmen und das Ergebnis zu kontrollieren.
"Internationale Daten zeigen, dass bei einem Drittel der Operationen von Tumoren im Gehirn im ersten Schritt nicht das gesamte veränderte gut- oder bösartige Gewebe entfernt werden kann", sagt Knosp. Denn an den Rändern ähnelt das Tumorgewebe gesunden Strukturen – "ein Unterschied ist schwerer zu erkennen". Derzeit ist eine MRT-Untersuchung aber erst rund zwei Tage nach der Operation möglich – der Patient muss innerhalb des Spitals zum Standort des MRT gebracht werden.
OP-Risiko
"Und es ist sehr selten, dass man dann ein zweites Mal operiert – außer es ist sehr viel Tumorgewebe zurückgeblieben. Einen zweiten Eingriff überlegt man sich wegen des OP-Risikos sehr gut." Solche Eingriffe seien sehr lange (fünf Stunden und mehr) und auch sehr komplex. Mit Chemo- und Strahlentherapie werden im Anschluss an die Operation etwaige verbliebene Krebszellen bekämpft.
In der Neurochirurgie gibt es bereits moderne Navigationssysteme. Dem Neurochirurgen stehen am OP-Computer dreidimensionale MRT-Bilddaten des OP-Gebiets zur Verfügung, die vor dem Eingriff aufgenommen wurden. Gleichzeitig kann mithilfe von zwei Kameras die jeweilige Position der Instrumente in diese 3-D-Bilder eingeblendet und mit diesen synchronisiert werden. Der Operateur sieht somit immer am Bildschirm, wo im OP-Gebiet er sich genau befindet – allerdings nur, solange die Koordinaten auf den vorab aufgenommenen MRT-Bildern noch stimmen.
"Bei jeder Eröffnung des Schädels kommt es zu einer geringen Verlagerung des Gehirns", sagt Knosp. Die Folge: Die Koordinaten auf den vor dem Eingriff erstellten MRT-Bildern sind nicht mehr ganz korrekt , die Neuronavigation ist dadurch nicht mehr hundertprozentig exakt.
Umgehende Kontrolle
Ein anderes Beispiel sind Hypophysen-Adenome (seltene, gutartige Tumore im Kopf), die den Sehnerv bedrängen: "Hier sieht man im MRT gleich, ob der Sehnerv frei ist – oder man noch weiteroperieren muss."
Ein weiteres Einsatzgebiet sind sogenannte endovaskuläre (innerhalb eines Gefäßes) Eingriffe mit Kathetersystemen (Mikrokatheter, die in Gefäßen an das OP-Gebiet vorgeschoben werden), etwa das mechanische Entfernen großer Gefäßverschlüsse. "Mit einer MRT während des Eingriffs bekommen wir zusätzliche Informationen über Zustand und Vitalität des Gewebes."
Entscheidende Verbesserung
Neurochirurg Knosp geht davon aus, dass nach Begutachtung der neuen MRT-Bilder etwa 50 Prozent der Resttumore entfernt werden können. Das intraoperative Hochfeld-MR soll in einem Jahr in Betrieb gehen. Eine Untersuchung wird rund 30 bis 45 Minuten dauern. "Dafür haben wir dadurch aber die Sicherheit, das Maximum an Gewebe herausgeholt zu haben."
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