Nikola Tesla: Ein Meister der Blitze

Nikola Tesla: Ein Meister der Blitze
Er war ein Pionier der Elektrizität und verlor sich in Selbstvermarktung. Ein neues Buch beschreibt den rasanten Aufstieg von Tesla, dessen Karriere schnell wieder endete.

Das Theater in St. Louis, im Mittleren Westen der USA, umfasst 4000 Sitze, an diesem Februarabend im Jahr 1893 drängen noch mehr Menschen in den Saal. Sie wollen Nikola Teslas spektakuläre Vorstellung sehen, über die Fachjournale und US-Tageszeitungen berichten. Und Tesla sollte sein Publikum nicht enttäuschen. Gleich zu Beginn lässt er 200.000 Volt durch seinen Körper strömen: Der dünne, über ein Meter achtzig große Mann wird zu einer strahlende Gestalt, bei der Flammen des Lichts aus jeder Pore dringen, von den Fingerspitzen bis zu sämtlichen Haarspitzen auf seinem Kopf. Zum Schluss hält er noch eine phosphoreszierende Birne hoch und verkündet, dass er sie illuminieren werde. Als die Lampe aufleuchtet, kreischen die Menschen.

So beschreibt es der Historiker W. Bernard Carlson. Fünfzehn Jahre arbeitete der Professor für Wissenschaft, Technologie, Gesellschaft sowie Geschichte der Universität Virginia an Teslas-Biografie. Sie erschien 2013 erstmals auf Englisch. Carlson arbeitete sich durch Archive und Museen und versuchte zu verstehen, wie Teslas Erfindungen funktionieren.

Bekannter als Edison

Seine Vorträge boten zwar eine gewisse Magie, waren aber wissenschaftlich fundiert. Doch der Mann, dem damals mehr Bedeutung zukam als Thomas Edison, fürchtete Menschenmengen. Tesla war kein Selbstdarsteller: Aber er nutzte die Illusion, um die Vorstellungskraft der Menschen zu wecken, ebenso wie jene von Unternehmern, die seine Erfindungen kaufen sollten. Tesla dinierte im Delmonico’s, wo sich New Yorks Society traf und lud diese oft anschließend in sein Labor ein. Dort ging auch Schriftsteller Mark Twain ein und aus. Er träumte von einer Maschine, die die Schrift für Bücher und Zeitungen setzen konnte und war begeistert als er erfuhr, dass Tesla an einem neuem Wechselstrommotor arbeitete. Diese könnte ja Twains Traum-Maschine antreiben.

1894 war Teslas Name weltbekannt. Er erhielt Ehrendoktorwürden verschiedenster Universitäten, ohne ein Studium abgeschlossen zu haben. Dabei war es erst zehn Jahre her, als er mittellos in New York ankam. Der Sohn eines serbisch-orthodoxen Priesters, der in Graz und Prag studierte, hatte einen Traum: Einen Wechselstrommotor, den er für Elektromotoren nutzen wollte.

Nikola Tesla: Ein Meister der Blitze
NMAH Archives Center Kenneth M. Swezey Papers 0047 Box 12 Folder 5 Nikola Tesla's birthplace in Smiljan, Lika; SI neg 94-8598
Auslösende Inspiration für Teslas Faszination für Elektrizität war ein Kindheitserlebnis: Als er seinem Kater über den Rücken streichelte, erinnerte sich Tesla, "sah ich ein Wunder, das mich sprachlos machte. Sein Rücken sah aus wie eine Fläche aus Licht und meine Hände schufen Funkenschauer, die so laut knisterten, dass man es im ganzen Haus hören konnte."

In den Vereinigten Staaten fand der junge Tesla zunächst Arbeit in der "Edison Company", dort überholte er schnell seinen Vorgesetzten Thomas Edison. Auch später, nachdem Tesla selbstständig war. Die Betreiber der Niagarafälle entscheiden sich für Teslas Modell, elektrische Energie durch mehrphasigen Wechselstrom zu gewinnen und zu übertragen.

Amerikanischer Traum

Für den Erfinder könnte es nicht besser laufen, vom Tellerwäscher zum Millionär. Aus heutiger Sicht lebte er den amerikanischen Traum. Er setzte Erfindungen fort, entwickelte in seinem Labor einen Hochspannungstransformator (heute als Teslaspule bekannt), neue elektrische Lampen, eine Mischung aus Dampfmaschine und elektrischem Generator und eine Reihe anderer Geräte. Bei all dem vernachlässigte er es zunehmend, Ideen auf Herz und Nieren zu prüfen und unwiderlegbare Beweise zu erbringen, schreibt Carlson. Er hätte sie später zur Verteidigung seiner Patente und zur Anwerbung von Investoren dringend benötigt. Doch anstatt sich mit Problemen auseinanderzusetzen, begnügte er sich mit kleinen Erfolgen.

Tesla siedelte nach Colorado Springs, um das elektrische Potenzial der Erde untersuchen. Er war davon überzeugt, Energie und Nachrichten durch die Erde zu übertragen. Nachdem seine Tests gelangen, begab er sich auf die Suche nach Mäzenen. Schwierig. Im Bereich der drahtlosen Technik bekam er zunehmen Konkurrenz.

Doch was tat Tesla? Er begann, in Zeitungen zu werben, dachte, er müsse die Öffentlichkeit für sich gewinnen und käme so an Investoren – wie in den Jahren zuvor. Er verlor sich darin, beschäftigte sich mehr damit, wie seine Erfindung in die Geschichte eingehen könnte, wie bedeutend seine Arbeit war. Aber Geldgeber, selbst Fachkollegen, zweifelten, ob Tesla ihnen damit eher "philosophisches Kauderwelsch" verkaufte anstelle von Fakten. Für manche war er doch zu exzentrisch, elitär, schreibt sein Biograf Carlson. Seine letzten Jahre verbrachte Tesla in einem New Yorker Hotel. Er blieb kinderlos: Denn Ehe und Liebe ließen sich nicht mit seinem Erfolg vereinbaren, sagte er später einmal. Bis zu seinem Tod 1943 im Alter von 87 Jahren hatte er nie aufgehört, an Erfindungen zu arbeiten.

Buchtipp:Tesla: Der Erfinder des elektrischen Zeitalters“ – Die deutsche Version der mehrfach ausgezeichneten Biografie von W. Bernard Carlson erscheint ab 15.12 im FinanzBuch-Verlag (688 Seiten; 26,99 Euro)

Als Spinner diffamiert, von Kollegen isoliert – der deutsche Physiker Johann P. Reis gehört zu jenen Pionieren, die mit ihren Erfindungen das Leben der Menschen veränderten. Zu Lebzeiten blieb ihnen aber die verdiente Anerkennung verwehrt. Genau deshalb fand auch die Karriere von Reis ein jähes Ende: Obwohl er seinen Telefonapparat vor Kollegen an der Frankfurter Universität vorstellte und diese damit begeisterte, hielt ihn der einflussreiche Wissenschaftler und Publizist Johann Christian Poggendorff für Unsinn. Und verwehrte ihm die Anerkennung.

Solche bekam auch Fanny Hensel, geborene Mendelssohn Bartholdy, nicht. Die Musik, die sie so liebte, durfte nur ihr jüngerer Bruder beruflich ausüben. Felix Mendelssohn Bartholdy komponierte als 14-Jähriger zwölf Streichersymphonien und avancierte mit 26 Jahren zum Dirigenten des Leipziger Gewandhausorchesters. Seine Schwester, ebenfalls talentiert, machte, aufgrund der gesellschaftlichen Zwänge der Zeit, keine Karriere: "Du musst Dich ernster und emsiger zu Deinem eigentlichen Beruf, zum einzigen Beruf eines Mädchens, zur Hausfrau bilden", schrieb Vater Abraham Mendelssohn an sie. Komponieren und Klavier spielen werde "nur Zierde, niemals Grundbass Deines Tuns sein".

Fanny Hensel stand Zeit ihres Lebens im Schatten des Bruders und beriet ihn. Erst mit 40 Jahren brachte sie ihre eigenen Werke heraus – ohne familiäre Einwände. Für eine Karriere war es aber zu spät.

Eine Pioniertat, die heute noch spaltet, hat angeblich Gustav Weißkopf vollbracht: Um die Jahrhundertwende wanderte der Deutsche in die USA aus und experimentierte mit Gleitfliegern. Am 14. August 1901 soll er den ersten motorisierten Flug vollbracht haben. Bis heute bezweifeln Historiker, dass seine Maschine jemals vom Boden abhob. Für die Väter des Motorflugs halten viele die Gebrüder Wright, die erstmals 1903 flogen.

Unbestritten ist die Hartnäckigkeit, mit der Weißkopf an seinen Plänen arbeitete. Neben den Geldsorgen plagten ihn Zweifel: "Diese Flüge taugen alle nichts. Hinfliegen können wir noch nicht überall", soll er seine Testflüge heruntergespielt haben. Weißkopf starb 1927 verarmt – bis in die 1960er blieb sein Grab namenlos.

Mit keinem Wort erwähnte man den Namen von Rosalind Franklin. Als ihre Kollegen James Watson und Francis Crick 1962 den Medizin-Nobelpreis für die Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNA erhielten, war die Forscherin längst tot. Franklin, die in einer Zeit studierte, in der Frauen nicht als vollwertige Studenten galten, war Opfer wissenschaftlicher Spionage. Die Britin forschte ab 1950 an der DNA-Struktur, die unsere Erbinformationen trägt. Der damalige Konkurrenzkampf führte zum Skandal: Ein Kollege ermöglichte Franklins Konkurrenten, Watson und Crick, einen Blick auf ihre Röntgenbeugungsaufnahme eines DNA-Kristalls – ein essenzieller Hinweis für deren weitere Arbeit, wie sie spät, aber doch zugaben.

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