Musik wirkt beim Sport wie Doping

Musik wirkt beim Sport wie Doping
Der richtige Beat kann die Leistung um bis zu 15 Prozent verbessern.

Allein bei den ersten Takten von „Eye of the Tiger“ von Survivor steigt der Puls, bei „Push it“ von Salt ’n’ Pepa schafft es kaum jemand still zu sitzen. Die Wirkung von Musik auf den Körper liegt in der Entwicklung des Menschen. Schon in der Antike gaben Trommler Sklavenarbeitern den Takt an, Urvölker tanzten sich in Trance, heute motivieren Fan-Gesänge Fußballer zu höheren Leistungen.

Mit Musik fällt körperliche Arbeit leichter. Ihre Wirkung auf die sportliche Leistung ist inzwischen so weit anerkannt, dass Top-Athleten bei etlichen Marathonläufen keine Kopfhörer tragen dürfen. Zum einen aus Sicherheitsgründen, aber auch, um „unerlaubte Kommunikation“ – etwa taktische Hinweise von Trainern – zu unterbinden. Unter diese Klausel fällt aber auch Musik. In den USA wurde eine Marathon-Siegerin im Jahr 2009 deswegen disqualifiziert.

Gebrselassie

Sogar die Lauf-Ikone Haile Gebrselassie lässt sich von Musik inspirieren. Nach seinem Weltrekord über 5000 Meter in Zürich 1995 erzählte er, an den Song „Scatman“ von Scatman John gedacht zu haben. Leistungssteigerungen finden zuerst im Kopf statt, dann führt der Körper sie aus. Hierbei untermauern immer mehr Studien den Doping-Effekt von Musik.

Die Wissenschaft hat den Effekt auf sportliche Leistungen inzwischen mit diversen Musik-Genres getestet – von Pop über Jazz, Klassik bis hin zu japanischer Volksmusik. Der Titelsong zum Film „Rocky“ dürfte dabei besonders beliebt gewesen sein.

Herzpatienten

Der Effekt zeigte sich sogar bei Patienten mit Herzproblemen. So konnten Studienteilnehmer, die bei ihrem täglichen Training ihre Lieblingsmusik hörten, im Vergleich zu Patienten ohne Musik ihre körperliche Belastbarkeit um bis zu 39 Prozent steigern.

Der britische Sportpsychologe Costas Karageorghis beschäftigt sich seit 1997 mit dem Einfluss von Musik auf die Fitness und fand heraus, dass Sportanfänger grundsätzlich mehr von Musik profitieren als Leistungssportler. Letztere fokussieren sich auf sich selbst und brauchen weniger Motivation. Karageorghis ist vom Doping-Effekt von Musik überzeugt, warnt aber auch vor den Grenzen.

So zeigte eine Studie mit Laufbändern, dass sich die Ausdauer der Sportler mit Musik um 15 Prozent verlängerte. Bei einer anderen Untersuchung mussten die Studienteilnehmer zu einem bestimmten Lied laufen – beim zweiten Test-Durchlauf wurde die Geschwindigkeit des Songs um 10 Prozent verringert, beim dritten wurde sie erhöht. Die Läufer passten ihr Tempo unbemerkt der Musik an. Eine Untersuchung mit Fahrrad-Ergometern zeigte, dass Sportler mit Musik um sieben Prozent weniger Sauerstoff verbrauchten.

Selbst musizieren

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig fanden nun heraus, dass der Effekt noch höher ist, wenn die Trainingsgeräte so präpariert werden, dass bei deren Nutzung Musik entsteht. Die Teilnehmer empfanden die Anstrengung beim Musikmachen geringer, leisteten dabei aber mehr und zeigten eine effektivere Muskelaktivität. Letztendlich erfordert jede Sportart ihre eigene Musik (näheres dazu online) und auch der eigene Musikgeschmack muss natürlich berücksichtigt werden.

Die Grenzen des musikalischen Dopings seien auch noch erwähnt: Bei neuen Übungen, bei aufmerksamkeitsintensiven Trainings oder beim Austesten körperlicher Grenzen (wenn man auf seinen Körper hören sollte), empfiehlt Karageorghis, Musik nur begrenzt einzusetzen. Nicht zuletzt sollte mit der Lautstärke sorgsam umgegangen werden.

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Mit der richtigen Musik macht Sport nicht nur mehr Spaß, sondern fällt auch leichter. Bestimmte Songempfehlungen gibt es nicht, denn der persönliche Geschmack geht vor. Der Sportpsychologe Costas Karageorghis empfiehlt jedoch je nach Sportart die passende Musikgeschwindigkeit. Diese wird mit Beats per Minute (BPM) angegeben. Manchmal kann auch der Text positiv beitragen.

  • Zum Aufwärmen eignet sich etwa "Praise You" von Fatboy Slim (109 BPM) oder Sergio Mendes feat. Black Eyed Peas mit "Mas Que Nada" (102 BPM).
  • Für Ausdauersport eignet sich am besten Musik mit einem schnelleren Tempo zwischen 100 und 150 BPM, etwa "Good Feeling" von Flo Rida (128) oder "Insomnia" von Faithless (126,8 BPM).
  • Auch bei Krafttraining kann Tempo helfen. Wie wäre es hier mit "Beat it" von Michael Jackson (139 BPM) oder "That's not my Name" von den Ting Tings (145 BPM)?
  • Beim Dehnen darf es ruhiger werden. Hier eignen sich langsamere Nummern, etwa Imagine Dragons mit "Radioactive" (68 BPM).

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