Kann man mit Pflanzenkraft heilen?
Pflanzensprösslinge und Knospen enthalten viele Zellen, die sich zu beliebigen Pflanzenteilen wie Blättern, Wurzeln oder Stängel weiterentwickeln können. Sie ähneln damit in gewisser Weise menschlichen und tierischen Stammzellen und daher wird ihnen gelegentlich eine heilende Wirkung unterstellt. Anhänger der Gemmotherapie – von lateinisch "gemma" für Knospe – bereiten aus jungen Pflanzenteilen Extrakte, die als Mundsprays und Tropfen angeboten werden. Die behaupteten Wirkungen sind breit gestreut. Die Public-Health-Experten des Info-Service-Portals "medizin transparent" an der Donau-Universität Krems haben die Faktenlage geprüft.
So verhelfen Lindenknospen angeblich zu besserem Schlaf, sie sollen aber auch das Blut reinigen können. Knospen des Weißdorns wirken der Lehre zufolge auf Herzmuskel und beeinflussen den Herzrhythmus, während Triebe der schwarzen Ribisel angeblich bei Insektenstichen Linderung bringen.
Heilwirkung ist nicht nachvollziehbar
Inwieweit diese Heilsbehauptungen zutreffen, bleibt bestenfalls spekulativ. Wissenschaftliche Studien, die Knospenextrakte oder deren angeblich krankheitslindernde Wirkung untersucht haben, existieren schlicht nicht. Es fehlt nicht nur an Beweisen für eine solche Behauptung, es gibt auch keine nachvollziehbare und logische Erklärung dafür.
Wenn rationale Argumente fehlen, versuchen Befürworter einer Lehre häufig, eine Pseudologik darum herum aufzubauen. Im Fall der Gemmotherapie sollen bestimmte wachstumsfördernde Substanzen, die in Knospen und Trieben vermehrt vorkommen, der Grund für eine angeblich heilende Wirkung sein. Dass sich aus Meristem-Zellen von Pflanzenkeimlingen und Knospen so unterschiedliche Pflanzenteile wie Blätter, Wurzeln, eine Blüte, der Stamm oder Rinde bilden können, ist zweifelsohne faszinierend. Wie Inhaltsstoffe daraus auf magische Weise Krankheiten zum Verschwinden bringen sollen, kann dieses biologische Phänomen jedoch nicht erklären.
Das in heimischen Gefilden beliebteste Sprossengemüse ist der Spargel. Bekannt ist aber auch ein Sirup aus jungen Fichten- oder Tannentrieben als Hausmittel gegen Husten. Wer von der hustenlösenden Wirkung nicht überzeugt ist, kann ihn auch einfach des köstlichen Geschmacks wegen mit Wasser verdünnt trinken. Und dazu vielleicht ein Butterbrot mit Gartenkresse verzehren – auch dabei handelt es sich um Sprossen.
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