Masern: Eine Gruppe ist besonders betroffen

Masern: Keine harmlose Kinderkrankheit
Die Infektionen haben sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

"Es war einfach nur Glück, dass wir voriges Jahr so wenige Masernfälle hatten", erklärt Univ.-Prof. Ursula Wiedermann-Schmidt, Präsidentin der Österr. Gesellschaft für Vakzinologie anlässlich der Europäischen Impfwoche. Zuvor hat die Europäische Zentrale für Krankheitskontrolle gewarnt, dass es in zehn Ländern – inklusive Österreich – bereits im Jänner und Februar mehr als doppelt so viele Erkrankungen gab als im Vergleichszeitraum 2016. Die konkreten Zahlen für Österreich: Heuer wurden bis 21. April 71 Fälle gemeldet, während es im gesamten Jahr 2016 nur 28 Erkrankungen waren.

Medizinische Berufe

Besorgniserregend ist, dass 16 Prozent der Infektionen bei Menschen in Gesundheitsberufen ausbrachen. Für Wiedermann-Schmidt dramatisch, denn "wenn eine Erkrankung in einem Umfeld ausbricht, das schlecht geimpft ist oder wo es ältere, geschwächte Menschen, Schwangere oder Neugeborene gibt, kann sich die Infektion nicht nur schnell ausbreiten sondern auch schwere Komplikationen hervorrufen." Bei der Durchimpfungsrate von Menschen in Gesundheitsberufen gebe es daher absoluten Nachholbedarf. "Bei Eintritt ins Berufsleben sollte routinemäßig ein kompletter Impfstatus gefordert werden. Das gilt auch für andere soziale Einrichtungen, wie Schulen und Kindergärten – so ließe sich unterbinden, dass sich eine Infektion rasch verbreiten und schwächeren Menschen schaden kann."

Einheitliche Lösung

An der MedUni Wien plant man nun einen kompletten Impfstatus als Anstellungskriterium zu fordern, ähnlich handhabt es die MedUni Graz. "Auch für die Studenten ist de facto ein kompletter Impfstatus Voraussetzung für ein Praktikum im Spital – dazu gibt es an der Universität Impfprogramme, die für die Studenten kostenfrei sind. In ähnlicher Art und Weise muss das in allen Gesundheitsberufen einheitlich umgesetzt werden", fordert die Impfexpertin und Immunologin.

Von Seiten des Gesundheitsministeriums gibt man sich diesbezüglich zurückhaltend. Eine mögliche Verpflichtung zur Impfung von Menschen in Gesundheitsberufen wird noch geprüft. Gerade im Gesundheitswesen ist ein mangelnder Impfstatus laut Wiedermann-Schmidt aber meist keine Frage des Nicht-Wollens, sondern des Nicht-Wissens oder Nicht-Daran-Denkens. Viele glauben fälschlich, schon in der Kindheit immunisiert worden zu sein. Die Immunologin fordert daher Prüfungen des Impfstatus und niederschwelligere Zugänge zu den Impfungen.

E-Impfpass

Die EU-Zentrale für Krankheitskontrolle betont unterdessen, dass Masern nicht nur Kinder treffen, sondern auch Ältere. "2014 waren mehr als die Hälfte der Erkrankten über 20 Jahre alt, in den Jahren 2015 und 2016 waren es rund ein Drittel der Erkrankten." Ministerin Pamela Rendi-Wagner setzt in dem Zusammenhang auf den elektronischen Impfpass, der in Entwicklung ist und zur Erhöhung der Impfquoten beitragen soll. "Zum einen erhalten wir durch die elektronische Impfdokumentation detailliertere Informationen über den Impfstatus der Bevölkerung und können gezielte Maßnahmen bei Defiziten setzen." Zum anderen sollen Erweiterungen wie ein Erinnerungsservice für Impfauffrischungen dazu beitragen, die Impfquoten in der Bevölkerung zu erhöhen.

Masern: Eine Gruppe ist besonders betroffen
grafik/istockphoto

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