Lange Wartezeiten auf Strahlentherapie: "Unerträglich"

Lange Wartezeiten auf Strahlentherapie: "Unerträglich"
Mediziner sprechen von Gefährdung der Patienten und einem "unerträglichen Zustand".

Lange Wartezeiten auf Strahlentherapie gefährden die Gesundheit der Patienten: Das sagen jetzt österreichische Strahlenmediziner anlässlich Europas größten Kongresses zum Thema Strahlentherapie und Radioonkologie (ESTRO), der noch bis 8. April in Wien stattfindet. Zu dem Kongress kommen mehr als 5000 Teilnehmer aus 80 Ländern.

„Dass dieser Kongress in Wien stattfindet, ist auch eine Auszeichnung für die Leistungen von Österreichs Strahlentherapie. Allerdings sollten die eindrucksvollen Fortschritte unseres Faches in angemessener und zeitnaher Weise auch allen Krebs-Patientinnen und -Patienten zu Gute kommen, die davon profitieren können, und davon sind wir in Österreich leider noch immer weit entfernt", sagt Karin Kapp (MedUni Graz), Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Radio-Onkologie, Radiobiologie und Medizinische Radiophysik (ÖGRO).

„In der strahlentherapeutischen Versorgung haben wir in Österreich unverändert die Patienten gefährdende Wartezeiten“, so Robert Hawliczek (SMZ Ost), Obmann der Bundesfachgruppe
Strahlentherapie der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). „Dass wir in sehr vielen Fällen keine zeitgerechte Behandlung anbieten können, bedeutet, dass sich die Prognose der davon betroffenen Krebspatientinnen und -patienten verschlechtert. Das ist ein medizinisch und ethisch unerträglicher Zustand.“

"Österreich fällt deutlich ab"

Es gebe in Österreich einfach zu wenig Strahlentherapie-Geräte. Die Richtwerte des Österreichischen Strukturplanes Gesundheit (ÖSG) liegen bei einem strahlentherapeutischen Großgerät pro 100.000 bis 140.000 Bewohner. Kapp: „Demnach müsste es in Österreich mindestens 64 Geräte geben, tatsächlich gibt es 43. Damit fällt Österreich gegenüber west- und nordeuropäischen Ländern deutlich ab. Für eine Million Einwohner stehen hierzulande durchschnittlich fünf Linearbeschleuniger zur Verfügung, in Westeuropa sind es sieben.“

Innerhalb Österreichs gibt es bei den Geräten ein Ost-West-Gefälle, so Kapp: „Während sich zum Beispiel Vorarlberg eher an die ÖSG-Vorgaben hält, ist das in Wien, Niederösterreich und der Steiermark nicht der Fall. In der Steiermark ist die Geräteausstattung am schlechtesten, in Wien sind die Wartezeiten am längsten. Außerdem sind viele Geräte in Wien nicht auf dem neuesten Stand.“ Die Strahlentherapie habe sehr gute technische Möglichkeiten, Menschen mit Krebs zu helfen, „doch wird das offensichtlich von der Politik nicht zur Kenntnis genommen“. Eine ausreichende Zahl an Geräten, ausgestattet mit den neuesten Technologien, stehe in Österreich nicht zur Verfügung.

Erforderlich sei deshalb, so Hawliczek, das systematische Erfassen des aktuellen und zukünftigen Bedarfes an strahlentherapeutischen Behandlungen: „Auf der Grundlage dieser Zahlen brauchen wir dann eine Neuberechnung des Versorgungsbedarfs, eine überregionale Planung der strahlentherapeutischen Versorgung und deren konsequente Umsetzung.“ Patientenanwälte seien hier bereits aktiv geworden und hätten von der Politik eine Studie gefordert, umeine objektive Basis für die künftige Versorgungsplanung zu schaffen, so Hawliczek: „Aber leider gibt es für diese Studie noch immer keinen Auftrag.“

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