Jörg Kachelmann: "Die Menschen überschätzen, was die Meteorologie kann"

Jörg Kachelmann
Jörg Kachelmann über schwachsinnige Wetterprognosen, und warum Meteorologen nichts über den Klimawandel sagen können.

Auf seiner Webseite Kachelmannwetter.com und in Sozialen Medien klärt der Experte Jörg Kachelmann über das Wetter auf – im Gespräch mit dem KURIER verrät er, wie jeder selbst seine Wetterprognosen genauer machen kann.

KURIER: So manche Wettervorhersagen und der hundertjährige Kalender sagen einen warmen und trockenen Sommer voraus. Warum ist das – in Ihren Worten – alles Schwachsinn?

Jörg Kachelmann: Es gibt auch Menschen, die glauben, dass der Mond Einfluss auf das Wetter hat. Das ist alles Blödsinn. Der hundertjährige Kalender ist nichts anderes als die siebenjährigen Wetterbeobachtungen aus einem fränkischen Kloster im Mittelalter – mit der Theorie, dass sich das alle sieben Jahre wiederholt. Genauso wie Chemtrails oder Wunder fallen all diese Verschwörungstheorien in deutschsprachigen Ländern auf besonders fruchtbaren Boden. Das gilt ebenso für das Biowetter – der Glaube, dass externe Mächte mit dem Kopfweh zu tun haben, würde im anglizistischen Raum niemandem einfallen. Da hat es die Wissenschaft in deutschsprachigen Ländern besonders schwer.

Wie kommen manche trotzdem dazu, das Sommerwetter vorherzusagen?

Heute kann niemand sagen, wie der Sommer wird. Es gibt ein schwarzes Schaf in der Branche, das dazu gerne was erzählt damit es in die Medien kommt. Und der Boulevard schreibt darüber, weil es die Leute es gerne lesen – auch, wenn es fast immer in die Hose geht. Die Menschen überschätzen dramatisch, was die Meteorologie kann, so dass sie diesen Stuss gerne glauben.

Für welchen Zeitraum können seriöse Prognosen gemacht werden?

Wir machen eine "Vorhersage XL" mit mehreren internationalen Prognose-Modellen. Da sieht man etwa in der 10-Tages-Vorschau die Vorhersage-Kurven unterschiedlicher Modelle. So lange sich diese Modelle einig sind, kann man sich sicher sein, dass die Vorhersage relativ genau ist – aber je weiter man vorausschaut, desto mehr gehen die Vorhersage-Kurven auseinander.

Oft genug stimmen nicht einmal die Prognosen für den nächsten Tag – woran liegt das?

Die Wettervorschau und die prognostizierte Regenmenge auf dem Handy etwa basieren meist auf dem US-Modell – mit einer Maschenweite von 22 Kilometern. Das ist nicht dazu geeignet, zu stimmen. Die Apps geben einem nur das Gefühl, dass man weiß, ob es am Nachmittag Gewitter geben wird. Für eine gute Wettervorhersage müssen Sie ein bisschen arbeiten. Es nützt nichts, einmal eine Woche vorher zu schauen, ob das Wetter nächstes Wochenende schön wird. Die Prognosen werden vier Mal am Tag neu berechnet – je mehr sich die internationalen Vorhersage-Kurven angleichen, desto sicherer ist die Prognose.

Wie erklärt ein Meteorologe einem Klimaleugner den Klimawandel?

Es gibt viele Meteorologen, die Vorträge über das Klima halten. Das ist, als ob ein Busfahrer einen Vortrag darüber hält, wie ein Jumbo-Jet gesteuert wird. Es ist nicht meine Aufgabe, bei jedem Regenguss zu sagen, ob das etwas mit dem Klimawandel zu tun hat. Ich tu nicht so, als ob ich darüber eine Ahnung hätte. Ich mache Prognosen, wie das Wetter in den nächsten fünf Tagen wird, dafür bin ich ausgebildet. Und ich nehme ernst, was Klimaforscher sagen. Aber das Thema gehört denen, die sich damit auskennen.

Kommentare