Influenza: Was Sie wissen müssen

ARCHIV - Eine Ärztin spritzt am 06.11.2012 einer Patientin in Hannover (Niedersachsen) eine Grippeschutzimpfung mit dem Wirkstoff Influvac. Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riems (Mecklenburg-Vorpommern) haben zusammen mit Forschern der Curevac GmbH in Tübingen (Baden-Württemberg) einen schnellen Weg zur Herstellung von Impfstoffen gegen Grippeviren gefunden. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
In fünf Bundesländern steigt die Zahl der Fälle bereits deutlich an. Wie man vorbeugen kann.

Der neueste, Freitagabend veröffentlichte Influenza-Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lässt keinen Zweifel: „In ganz Europa nimmt die Virenaktivität zu.“ – „Frankreich, Italien, die Niederlande und Norwegen melden bereits eine mittlere epidemische Influenzavirusaktivität“, teilte zeitgleich das „Diagnostische Influenza Netzwerk Österreich“ mit.

Noch ist alles offen, aber möglicherweise bleibt Europa heuer noch von einer starken Welle wie in den USA (20 Kinder sind dort bereits an Grippe verstorben, der KURIER berichtete) verschont: Denn laut WHO-Bericht wurde das in den USA grassierende aggressivere A/H3N2-Virus in der zweiten Jänner-Woche in Europa deutlich seltener nachgewiesen (19 %) als das A/H1N1-Virus (81 %). Bei letzterem sind die Krankheitsverläufe im Durchschnitt etwas milder. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Wie stark ist die Influenza bei uns verbreitet?

Aus Wien, dem Burgenland, der Steiermark, Tirol und Oberösterreich gibt es bis jetzt die meisten Virusnachweise. Hier hat die Grippewelle bereits begonnen. In den anderen Bundesländern ist die Virusaktivität noch geringer. In der ersten Jänner-Woche gab es in Wien 7100 Neuerkrankungen an Grippe und grippalen Infekten.

Ist jeder starke Atemwegs­infekt derzeit eine Virusgrippe?

Nein. Derzeit sind auch RS-Viren aktiv. Diese Erkältungsviren können nicht nur schwere Atemwegsinfekte, sondern auch Gliederschmerzen auslösen, sagt Allgemeinmediziner Paul Prem, Leiter des Ärztefunkdienstes Wien: „Deshalb ist die Unterscheidung zwischen Erkältungen und Influenza oft schwierig.“

Wie gefährlich ist die Grippe überhaupt?

„In einem Großteil der Fälle verläuft eine saisonale Grippe unkompliziert“, heißt es im öffentlichen Gesundheitsportal www.gesundheit.gv.at. Vor allem bei Risikogruppen wie Säuglingen, Menschen über 65 sowie chronisch Kranken kann sie aber„manchmal zu schweren Komplikationen führen“. Laut einer Analyse des Instituts für Sozialmedizin der MedUni Wien müssen jährlich rund 4500 Menschen stationär im Krankenhaus behandelt werden. Eine Studie der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) ergab, dass jährlich zumindest rund 1000 Österreicher an der Influenza sterben.

Schützt die Impfung vor jeder Grippe-Infektion?

Nein, aber sie kann das Ansteckungsrisiko um zumindest 50 bis 80 Prozent senken. „Aber auch Patienten, die erkranken, profitieren, weil sich ihr Risiko für Komplikationen wie eine Lungenentzündung verringert“, sagt die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien.

Ist man heuer vor einer Infektion geschützt, wenn man im Vorjahr an Influenza erkrankt ist?

Eine Garantie gibt es nicht, auch wenn man sich mit demselben Subtyp – also etwa A/H1N1 oder A/H2N3 – wie im Vorjahr infiziert: Das genetische Profil der Influenza-Viren ändert sich von Jahr zu Jahr – „deshalb muss man sich ja auch jedes Jahr frisch impfen lassen“, sagt Redlberger-Fritz. Allerdings besteht nach einer durchgemachten Infektion eine Chance auf eine „Kreuzprotektivität“, also zumindest einen teilweisen Schutz auch gegen genetisch veränderte Virenstämme. Kein Schutz gibt es hingegen dann, wenn man sich im Vorjahr mit A/H1N1, heuer aber mit A/H2N3 infiziert hat.

Was bringt ein gesunder Lebenswandel wirklich?

Zumindest für Erkältungen wurde gezeigt: Wer weniger als sieben Stunden schläft, hat ein drei Mal höheres Risiko, eine Erkältung zu bekommen als Länger-Schläfer. Gleichzeitig sinkt bei gut Trainierten das Risiko für Erkältungen deutlich. Auch regelmäßige Wechselduschen und Saunabesuche können helfen, die Abwehrkraft des Körpers zu stärken.

Was kann man sonst noch vorbeugend tun?

Laut Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) ist es ganz besonders wichtig, sich vor der Kälte zu schützen. TCM-Medizinerin Sonja Lacina: „Nach einer Nacht mit ausreichend Schlaf sollte man den Tag mit einem warmen Getreidegericht, evt. mit etwas Ingwer, beginnen. Insgesamt sollten Sie zumindest zwei warme Mahlzeiten pro Tag zu sich zu nehmen.“ Damit stärke man die Lebenskraft Qi. Der TCM-Mediziner Alexander Meng rät auch dazu, Schwachstellen des Körpers (wie häufige Atemwegserkrankungen) vorbeugend mit Akupunktur und Akupressur zu stärken.

Der Streit ist heftig und tobt seit Monaten: Zahlreiche Wissenschaftler weltweit werfen dem Pharmakonzern Roche vor, nicht alle Studiendaten zu seinem Anti-Grippe-Mittel Tamiflu veröffentlicht zu haben. Roche weist das zurück, alle wesentlichen Daten seien publiziert. Doch was bedeutet dieser Streit für die Patienten?

Laut dem deutschen Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWIG) kann das Medikament die Krankheitsdauer um zirka einen Tag verkürzen. Voraussetzung ist die Einnahme spätestens 48 Stunden nach Beginn der Symptome. Ob Tamiflu auch lebensgefährliche Komplikationen einer Grippe-Erkrankung (wie z. B. eine Lungenentzündung) verhindern könne, sei aber unklar. „Zwar gibt es einige Studien zu dieser Frage, der Hersteller hat diese jedoch nicht vollständig veröffentlicht. Eine Bewertung ist daher zurzeit nicht möglich.“

Die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien verweist allerdings auf Anwendungsstudien mit chronisch und schwerkranken Menschen, die nach der Zulassung von Tamiflu gemacht wurden: „In diesen zeigt sich ein klarer Nutzen für diese Patienten: Die Zahl der Komplikationen und auch deren Schwere wird verringert, die Sterblichkeit der Patienten geht dadurch zurück.“ Zur Einnahme wird aber nur bei wirklich schweren Krankheitsverläufen sowie bei Patienten mit chronischen (Atemwegs-)Erkrankungen geraten. Eine häufige Nebenwirkung ist Übelkeit.

Medikamente wie Tamiflu können auch kein Ersatz für vorbeugende Maßnahmen wie die Grippe-Impfung sein. Laut IQWIG sind Menschen, die Tamiflu einnehmen, „wahrscheinlich genauso ansteckend wie Menschen, die die Mittel nicht einnehmen. Sie können das Virus also auch genauso verbreiten wie diese.“

Drei Gruppen: Influenza-Viren werden in Typ A (häufigste Ursache für Grippe-Epidemien), Typ B (häufig besonders bei Kindern und Jugendlichen) und Typ C unterteilt.

Was H und N bedeuten: Vom Influenza-A-Virus gibt es 16-H- und neun N-Subtypen. Hämagglutinine (H) und Neuraminidasen (N) sind Einweißstoffe an der Oberfläche der Viren. Der Grippe-Impfstoff schützt vor einem A/H1N1-Virus, einem A/H3N2-Virus und einem Influenza-B-Virus.

Wie sich die Viren verbreiten: Das Hämagglutinin ermöglicht den Viren das Andocken an die Körperzellen, die Neuraminidase ist für die Freisetzung der Viren aus den infizierten Körperzellen verantwortlich.

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