Hyperhidrose: Schweiß lass nach!

Mittel gegen Hyperhidrose reichen von Antitranspirantien bis hin zu Botox.
Warum übermäßiges Schwitzen medizinisch abgeklärt werden muss und welche Methoden es gibt, um "trocken" zu werden.

KURIER: Woran liegt es, dass manche Menschen selbst bei hohen Temperaturen nicht schwitzen und sich bei anderen gleich nach dem Duschen Schweißflecken auf der Kleidung abzeichnen?

Shirin Milani-Helletzgruber: Schwitzen ist ein natürlicher Mechanismus des Körpers, die Temperatur konstant zu halten und gegebenenfalls übermäßige Wärme abzugeben. Je nach äußeren Bedingungen kann der Körper von wenigen 100 Millilitern bis zu mehreren Litern Schweiß pro Tag produzieren. Die Schweißproduktion in der Achselhöhle hat jedoch kaum etwas mit dem Temperaturhaushalt zu tun, denn das Areal ist so klein, dass dem keinerlei Einfluss zukommt. Vielmehr sind die Schweißdrüsen in der Achselhöhle die Reste von Duftdrüsen, die in Urzeiten für das Brunftverhalten von Bedeutung waren und pheromonartigen Charakter haben.

Ab wann spricht man von übermäßigem Schwitzen, der sogenannten Hyperhidrose?

Generell unterscheidet man zwischen primärer und sekundärer Hyperhidrose. Zunächst muss in einem Gespräch mit dem Patienten abgeklärt werden, seit wann die Hyperhidrose besteht, ob Krankheiten wie Zuckerkrankheit, Fettleibigkeit oder sonstige andere Ursachen für das übermäßige Schwitzen infrage kommen. Ist das der Fall, spricht man von sekundärer Hyperhidrose. Die primäre muss keine spezifischen Ursachen haben und kann sowohl im Achselbereich als auch auf den Handinnenflächen, Fußsohlen oder am Kopf bestehen.

Hyperhidrose: Schweiß lass nach!
Shirin Milani-Helletzgruber, Plastische Chirurgin, medspa.cc

Welchen Einfluss hat die Psyche, haben Emotionen auf die Transpiration?

Bei der Anamnese darf der psychologische Faktor nicht außer Acht gelassen werden. Einige Menschen neigen dazu, bei Nervosität oder in Stresssituationen übermäßig zu schwitzen. Zudem können manche Patienten selbst nach Botox-Injektionen im Achselbereich das Gefühl haben, zu schwitzen oder unangenehm zu riechen. Betroffene gehen dazu über, nur dunkle Kleidung zu tragen, damit man etwaige Schweißflecken nicht sieht, viel Deo und Parfum aufzutragen – und haben dennoch das Gefühl, zu schwitzen oder gar zu stinken.

Sie haben bereits Botox als Möglichkeit gegen Hyperhidrose genannt. Vielen ist Botox nur aus der Schönheitschirurgie als Injektion gegen Falten bekannt...

...die erste Frage von Patienten lautet zumeist, ob Botolinum unter der Achsel auf das Empfinden Auswirkungen hat. Das hat es nicht. Im Gesicht wird Botox in den Muskel gespritzt, um die Nervenübertragung, damit der Muskel sich bewegen kann, zu verhindern. Im Achselbereich wird es ganz oberflächlich gespritzt – ähnlich dem Quaddeln. Dementsprechend hat man nach der Behandlung viele Einstiche. Nach zwei Wochen sollte der Patient trocken sein, das heißt: nicht mehr schwitzen. Die Wirkung hält sechs Monate an; und die Behandlung kostet ab 580 Euro, abhängig von der Größe des Areals.

Anti-Transpirante, die 48-h-Schutz vor Geruch und Schweiß versprechen, kosten einen Bruchteil, werden aber als gesundheitsschädlich eingestuft.

Ein Anti-Transpirant enthält Aluminium und bewirkt vermindertes Schwitzen. Die Gefahren von Aluminium, die vor einem Jahr für mediales Aufsehen sorgten, sind wissenschaftlich nicht unumstritten. Es gibt keine validen Studien, die besagen, dass bei einem großen Sample an getesteten Personen, die x Jahre Anti-Transpirante benutzt haben, das Krebsrisiko signifikant gestiegen ist. Fakt ist, dass die Menschen immer umwelt- und gesundheitsbewusster sind und kein Aluminium für ihren Körper verwenden wollen. Viele Transpirantien sind auch lokal schlecht verträglich, und man bekommt leicht Ausschläge und Hautirritationen.

Hyperhidrose: Schweiß lass nach!
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Woran liegt es, dass manche Menschen nicht nur stark schwitzen, sondern zudem auch riechen?

Wichtig zu wissen ist, dass es Menschen gibt, die eine genetische Veranlagung haben und regelrecht stinken. Das hat nichts mit besonderer Ernährung und nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Da helfen weder Ernährungsumstellung noch wohlgemeinte Salbeibäder oder Tinkturen. Der Leidensdruck dieser Patienten ist oft enorm. Der Grund dafür liegt auch oft im Vorhandensein von bestimmten Bakterien, die für den unangenehmen Geruch verantwortlich sein können.

Welche Möglichkeiten gibt es für diese Patienten?

Es gibt die Möglichkeit, die Nervenausläufer, die die Schweißdrüsen versorgen, abzutrennen oder auch die mechanische Absaugung mittels Saugcürettage. Da es sich dabei um einen operativen Eingriff handelt, haben einige Patienten allerdings Scheu davor. Die Saugcürettage hat eine 30 Prozent Rezidivrate (Wiederauftreten). Alternativ gibt es noch die Botox-Injektion, die für zirka sechs Monate wirkt. Eine neue Methode ist jene, die mittels Mikrowellenenergie die Schweißdrüsen nachhaltig zersetzt.

Mikrowellen wird – ähnlich dem Aluminium – eine schädliche Wirkung nachgesagt.

Diese Mikrowellen-Methode wurde in mehreren klinischen Studien getestet und weist keine schädlichen Nebenwirkungen oder Risken auf. Das Gerät ist am US- und europäischen Markt zugelassen – und das erste und bis dato einzige, das sowohl Schweiß- als auch Duftdrüsen ausschaltet.

Wie lange hält die Mikrowellen-Methode an?

Die Behandlung wird ambulant vorgenommen, dauert in etwa eine Stunde und kostet 2600 Euro. Um bis zu 80 Prozent kann die Schweißproduktion dauerhaft reduziert werden. Die Behandlung muss nur ein Mal durchgeführt werden.

Shirin Milani-Helletzgruber ist Fachärztin für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie. www.medspa.cc

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