Grippe-Welle erwischt heuer eine halbe Million

Eine Frau putzt sich am Mittwoch (01.03.2006) vom Schnee bedeckt in Düsseldorf ihre Nase. In Nordrhein-Westfalen ziehen am Mittwoch Schnee- und Regenschauer durch. Bei frischem bis kräftigem Wind erreichen die Höchstwerte -1 bis +4 Grad. Foto: Martin Gerten dpa/lnw +++(c) dpa - Bildfunk+++
In der Vorwoche erkrankten österreichweit rund 60.000 Menschen neu. Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht.

Das hat sogar hartgesottene Influenza-Profis wie den Wiener Sozialmediziner Univ.-Prof. Michael Kunze überrascht: „Trotz der Semesterferien in Ostösterreich gab es in der Vorwoche in Wien neuerlich einen deutlichen Anstieg an Grippe-Erkrankungen. Das ist ein Zeichen für die Intensität der heurigen Grippe-Welle, die deutlich stärker zu sein scheint als die Wellen in den vergangenen zwei Jahren.“

Grippe-Welle erwischt heuer eine halbe Million
Alleine in Wien wurden in der Vorwoche 14.600 Neuerkrankungen an Grippe und grippalen Infekten gemeldet – um 2000 mehr als in der Woche davor. „Derzeit kann man davon ausgehen, dass rund 80 Prozent dieser Neuerkrankungen echte Virusgrippen sind.“ Österreichweit geht Kunze von rund 60.000 Neuerkrankungen nur in der Vorwoche aus. „In der gesamten heurigen Saison müssen wir locker mit bis zu 500.000 Kranken rechnen.“

„Offenbar haben wir den Höhepunkt noch nicht erreicht“, sagt die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien: „Das zeigen die starken Anstiege der Erkrankungszahlen u. a. in Graz, Tirol und Wien.“ Und die Rückkehr der Kinder in die Schulen werde zumindest in Ostösterreich die Ausbreitung der Grippeviren weiter begünstigen.

Schwere Erkrankungen

Auch Redlberger-Fritz bestätigt: „Es sieht danach aus, dass die Welle heuer stärker ausfallen wird als im Vorjahr. Nach einigen sehr milden Jahren sehen wir heuer wieder verstärkt die für Influenza so typischen, schweren Krankheitsverläufe mit einem sehr massivem Krankheitsgefühl.“

Infektionsspezialist Univ.-Prof. Christoph Wenisch vom Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien: „Wir haben auf der Intensivstation auch Patienten mit Lungenentzündung und Atemversagen.“ Der Influenza-Impfstoff schützt vor dem Großteil der zirkulierenden Viren, so Redlberger-Fritz. Nur eine genetische Linie der B-Viren (die aber derzeit in Österreich lediglich rund drei Prozent aller zirkulierenden Influenza-Viren ausmacht) werde durch die Impfung nicht abgedeckt. Solange die Erkrankungszahlen noch zunehmen, sei die Impfung noch sinnvoll: „Nach dem Erreichen des Höhepunktes dauert es sechs bis sieben Wochen, bis die Virenaktivität abgeklungen ist.“

Beim Wiener Ärztefunkdienst war das vergangene Wochenende das bisher stärkste in diesem Jahr: „Die Telefone sind heißgelaufen, am Sonntag hatten wir 1400 Anrufe“, sagt der ärztliche Leiter, Mediziner Paul Prem. Schon Ende Jänner waren 1000 Anrufe an einem Sonntag eine überdurchschnittlich hohe Zahl. Bis zu 18 Fahrzeuge waren vergangenes Wochenende im Einsatz – doppelt so viele wie im Sommer und die absolute Kapazitätsobergrenze. „Diese Grippewelle ist eindeutig stärker als im Vorjahr. Zum Glück sehen wir aber nicht mehr schwere Komplikationen.“

VIPs & Viren: Manche Stars hüteten brav das Bett, andere traten trotz der Influenza-Infektion auf

Fieber, Infektionen oder Erkältungen setzten in den vergangenen Monaten auch die nationale und internationale Prominenz außer Gefecht. Jüngstes Grippe-Opfer ist Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst. Er lag mit hohem Fieber darnieder und konnte das Orchester bei der Eröffnung des Opernballs nicht dirigieren.

Anstatt das Bett zu hüten, ließ es sich US-Schauspielerin Anne Hathaway trotz Grippe nicht nehmen, bei der Berlinale vergangenen Samstag ihren neuen Film „Les Misérables“ zu präsentieren. Dass man eine Erkrankungnicht auf die leichte Schulter nehmen soll, bekam Marilyn Manson kürzlich bei einem Konzert in Kanada zu spüren. Nachdem sich der Rocker übergeben hatte, brach er während seines Auftritts auf der Bühne zusammen. Sanitäter und Fans hielten dies zunächst für einen Teil der Show. Erst als sich der 44-Jährige nicht mehr bewegte, erkannten sie den Ernst der Lage. Eine verschleppte Grippe habe zu seinem Kollaps geführt,gab Mansons Sprecher am Freitag bekannt. Besonders schlimm erwischte es Ende Jänner US-Schauspieler Burt Reynolds. Stark dehydriert wurde der 76-Jährige in ein Krankenhaus in Florida eingeliefert. Aufgrund seiner schweren Grippe musste er sogar auf die Intensivstation verlegt werden. Mittlerweile konnte er die Klinik wieder verlassen. Ebenfalls auf dem Weg der Besserung ist Gregor Schlierenzauer. Vor knapp einem Monat erwischte den 23-Jährigen drei Tage nach seiner erfolgreichen Vierschanzentournee ein heftiger Infekt.

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