Corona-Regeln: Missachter zeigen psychopathische Züge

Coronavirus in Switzerland
Das Verhalten in der Pandemie lässt einer US-Studie zufolge auch die Psyche durchscheinen.

Wie Menschen auf die Pandemie und die damit einhergehenden Beschränkungen reagieren, sagt möglicherweise etwas über ihr psychologisches Make-up aus. Das legt zumindest eine neue Studie nahe, die in Kürze im Fachblatt Social Psychological and Personality Science erscheinen soll. Den wissenschaftlichen Begutachtungsprozess zur Qualitätssicherung, die sogenannte Peer Review, hat die Erhebung bereits durchlaufen.

Es zeigte sich: Psychopathische Charakterzüge scheinen mit aktiv regelbrecherischem Verhalten in Bezug auf Corona-Bestimmungen in einem gewissen Zusammenhang zu stehen.

"Aus Medienberichten zu Beginn der Covid-19-Pandemie ging hervor, dass einige Menschen Ratschläge zum Social Distancing und Hygienemaßnahmen ablehnten", sagte Pavel S. Blagov, Studienautor und Leiter des Personality Laboratory am Psychologieinstitut des Whitman College in Walla Walla, Washington, gegenüber der US-Plattform PsyPost. So hätten manche etwa absichtlich in die Luft gehustet und geniest – oder demonstrativ auf den Boden gespuckt.

Zusammenhang vermutet

Für derartige Verhaltensweisen könnte es Blagov zufolge diverse Gründe geben, "aber ich dachte, dass die Persönlichkeit zumindest eine kleine Rolle dabei spielen könnte". Frühere Untersuchungen hätten außerdem gezeigt, dass Menschen, die Persönlichkeitsmerkmale von Narzissmus, Machiavellismus (Eigennutz steht über die Prinzipientreue) und Psychopathie zeigen, risikofreudigeres Verhalten in Gesundheitsbelangen an den Tag legen. "Ich habe erwartet, dass diese Persönlichkeitszüge auch während der Pandemie das Gesundheitsverhalten mitbestimmen."

Zusammen mit seinem Team befragte der Psychologe Ende März 502 US-Erwachsene. Aus den Befragungen wurden sowohl Erkenntnisse über ihre Persönlichkeit, als auch Informationen über ihre Gefügigkeit in puncto Social Distancing gewonnen.

Die meisten Studienteilnehmer gaben an, sich zum Schutz der übrigen Bevölkerung an die behördlichen Vorgaben zu halten und verantwortungsvoll zu handeln, um die Pandemie einzudämmen. All jene, die sich bewusst gegen die Beschränkungen auflehnten und gegen sie verstießen, zeigten in höherem Maß psychopathische Persönlichkeitsmerkmale.

Auch der Mangel an Gewissensbissen oder Schuldbewusstsein, weitere Symptome der Psychopathie, spielten eine Rolle: "Menschen, die bei diesen Merkmalen hohe Punktzahlen erzielten, behaupteten öfter, dass wenn sie Covid-19 hätten, sie andere wissentlich oder absichtlich dem Virus aussetzen würden", sagt Blagov.

Weitere Studien

Psychopathie bezeichnet eine schwere Persönlichkeitsstörung, die bei Betroffenen mit dem Fehlen von Empathie, sozialer Verantwortung und Gewissen einhergeht. Psychopathen wirken auf den ersten Blick charmant und verstehen es, oberflächliche Beziehungen herzustellen. Dabei können sie sehr manipulativ sein, um ihre Ziele zu erreichen. Psychopathie geht außerdem mit antisozialen Verhaltensweisen einher.

Es sei zumindest denkbar, dass diese Menschen "einen unverhältnismäßigen Einfluss auf die Pandemie haben, indem sie sich selbst und andere nicht schützen", so Blagov. Weitere Forschungen seinen nun notwendig. "Die Ergebnisse bedeuten nicht, dass Viruserkrankungen nur von verantwortungslosen oder rücksichtslosen Menschen verbreitet werden", mahnt Blagov.

Die erhobenen Zusammenhänge seien spannend, aber in der Datenanalyse teilweise nicht sonderlich stark ausgeprägt gewesen. Man könne anhand von wissenschaftlichen Definitionen von Persönlichkeitsmerkmalen auch nicht unmittelbar auf konkretes Verhalten im Alltag schließen.

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