Geburtenstatistik: Trendwende bei Mehrlingen?

1341 Zwillinge kamen 2016 in Österreich zur Welt
Seit 1970 steigt der Anteil an Zwillingen und Drillingen, zuletzt ging er leicht zurück.

Hollywood und Umgebung schwelgt dieser Tage im Zwillingsglück: Soeben präsentierte Pop-Ikone Beyoncé das erste Foto ihrer Sprösslinge (siehe S. 28), die Clooneys wagten eine erste Ausfahrt mit dem Doppelkinderwagen und Fußballstar Cristiano Ronaldo zeigte im Netz stolz seine neugeborenen Zwillingsbabys Eva und Mateo, die von einer Leihmutter ausgetragen worden waren.

Alles Zufall – oder nimmt die Anzahl der sogenannten Mehrlingsgeburten tatsächlich zu? Langfristig ja, bestätigen jetzt aktuelle Daten der Statistik Austria (siehe Grafik). Während vor 30 Jahren nur 1,8 Prozent der Babys als Zwillinge, Drillinge usw. geboren wurden, waren es im vergangenen Jahr 3,1 Prozent. Seit 2011 zeichnet sich gleichzeitig ein leichter Rückgang ab: Damals erreichte der Mehrlingsanteil mit 3,6 Prozent seinen Höhepunkt, seither sinkt er leicht.

Dass die absolute Zahl der Mehrlingsgeburten dennoch gestiegen ist, liegt laut Fruchtbarkeitsmediziner Andreas Obruca an der allgemein höheren Geburtenrate (zuletzt kamen in Österreich vor 20 Jahren so viele Kinder zur Welt wie 2016).

Geburtenstatistik: Trendwende bei Mehrlingen?
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Der leichte prozentuelle Rückgang der Mehrlingsgeburten dürfte an den strengeren Richtlinien für die In-vitro-Fertilisation (IVF) liegen, die häufig für eine wachsende Zahl an Zwillingen verantwortlich gemacht wird: Laut Gesetz dürfen nur so viele Eizellen außerhalb des Körpers befruchtet werden, wie nach dem Stand der Medizin und Erfahrung unbedingt notwendig sind, um eine Schwangerschaft herbeizuführen. "Im Jahr 2016 wurden durchschnittlich 1,3 Embryonen transferiert", erläutert Obruca, der das Kinderwunschzentrum Goldenes Kreuz leitet. Im Schnitt ist jedes zehnte Baby, das durch künstliche Befruchtung entsteht, ein Zwilling. In den allermeisten Fällen (88 Prozent) handelt es sich um Einlingsgeburten. "Die Mehrlingsrate nach IVF-Behandlung ist weiter gesunken", so Obruca.

Regionale Unterschiede

"Die Reduktion einer höhergradigen Mehrlingsrate – Drillinge, Vierlinge etc. – ist unbestritten ein ganz wichtiges Ziel der Fertilitätsmedizin", betont Obruca. "Eine niedrige Zwillingsrate ist sicher auch anzustreben. Dennoch darf man nicht vergessen, dass Kinderwunschpaare manchmal eine Zwillingsschwangerschaft anstreben. Für ältere Paare – das Durchschnittsalter bei uns liegt bereits bei 38 Jahren – ist das oft die einzige Möglichkeit, ihren Wunsch nach zwei Kindern zu erfüllen."

Stabil bleibt in Österreich die Zahl der Kaiserschnitte: Seit 2014 kommen knapp 30 Prozent aller Babys per Kaiserschnitt zur Welt (zum Vergleich: 1995 lag diese Rate noch bei 12,4 Prozent). Nicht überall werden gleich viele Kaiserschnitte durchgeführt – in Ostösterreich sind es deutlich mehr als im Westen.

Die Ursache für die starken regionalen Unterschiede führt Obruca auf "unterschiedliche geburtshilfliche Schulen" zurück, die sich während der vergangenen 20 Jahre gebildet hätten: "Patientensicherheit, Angst vor Klagen, ‚Wunschsectio‘ – alles Faktoren, die das beeinflussen." Der Mediziner gibt zu bedenken: "Ein Sicherheitsdenken ist auch bei den Geburtshelfern sicher nicht von der Hand zu weisen. Schließlich hat jede Geburt per se ein gewisses Restrisiko."

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