„Erhöhte Leberwerte sind kein Kavaliersdelikt“

„Erhöhte Leberwerte sind kein Kavaliersdelikt“
Die Leber hat zu Weihnachten nichts zu feiern. Experten warnen vor der Gefahr einer Fettleber.

Die Vorfreude auf die kulinarischen Genüsse zu Weihnachten wolle er niemandem verderben, betont Michael Manns. „In der Bevölkerung ist aber viel zu wenig bekannt, dass zu kalorienreiche Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel zu einer Fettleber (ein erhöhter Fettgehalt in der Leber, Anm.) mit dramatischen Auswirkungen führen können.“

Der Leberspezialist der Medizinischen Hochschule Hannover ist der mit Abstand am meisten zitierte Leber, Magen- und Darm-Forscher in Europa. Dieser Tage hielt er einen Vortrag („Hans Popper Lecture“) an der MedUni Wien. „Mehr als ein Drittel der Erwachsenen über 40 hat eine unterschiedlich stark ausgeprägte Fettleber“, sagt Manns: „Dieses Gesundheitsrisiko wird stark unterschätzt. Denn die verfettete Leber kann sich entzünden – und damit wächst auch die Gefahr von Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose und Leberkrebs.“ Durch Übergewicht werde am stärksten das Risiko für Leberkrebs erhöht – noch vor dem Darmkrebs.

Aber nicht nur das: „Eine Fettleber bedeutet auch ein erhöhtes Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und Diabetes.“ Umgekehrt haben Diabetiker ein erhöhtes Fettleberrisiko. „Erhöhte Leberwerte im Blutbefund sind kein Kavaliersdelikt“, betont Manns: „Der Ursache muss man unbedingt immer nachgehen. Da ist auch noch viel Bewusstseinsbildung bei den Ärzten notwendig.“ Denn oft werde der Patient nur gefragt, ob er viel Alkohol trinke und das Vorliegen einer Hepatitis abgeklärt: „Ist beides nicht der Fall, wird häufig keine weitere Abklärung (z.B. mit UItraschall, Anm.) durchgeführt. Dabei ist die Fettleber die häufigste Ursache für erhöhte Leberwerte.“

Vorhersage

Univ.-Prof. Michael Trauner, Leiter der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien: „Erhöhte Leberwerte sind ein gleich starker Vorhersagefaktor für Schlaganfall und Herzinfarkt wie Cholesterin – nur mit dem Unterschied, dass jeder über Cholesterin, aber kaum jemand über den Gamma-GT-Wert redet.“ – „Erhöhte Leberwerte sind, etwa beim Blutspenden, oft das Erste, was auffällt“, sagt Manns: „Ich habe viele Patienten, bei denen ich erhöhte Leberwerte feststelle. Erst danach wird z.B. erhöhtes Cholesterin oder Diabetes entdeckt.“ Weil die Leber bei einer Erkrankung oft keinen Schmerz verursacht, werden Krankheiten dieses Organs häufig erst sehr spät diagnostiziert.

Ein zu wenig beachteter Risikofaktor für Fettleber sei Fructose aus Maissirup (High Fructose Corn Syrup), der sich in vielen Softdrinks finde. „Er kann über verschiedene Mechanismen die Leberzellen schädigen.“

In der Öffentlichkeit müsse damit aufgehört werden, „leberkrank“ fälschlicherweise mit „alkoholkrank“ gleichzusetzen, betonen Manns und Trauner. Zwar kann eine Fettleber die Folge von zu viel Alkoholkonsum sein (die Leber wandelt den Alkohol in Fett um): „Aber in den meisten Fällen ist sie die Folge von Übergewicht und Diabetes.“

„Das Problem ist: Die Leber hat leider überhaupt keine Lobby in der Gesellschaft“, sagt Manns: „Sie gilt irgendwie als Schmuddelorgan, was aber ein völlig falsches Bild ist.“

Die Leberforscher haben aber auch eine positive Nachricht: „Wenn wir eine Fettleber früh entdecken, ist durch eine Behandlung und eine Änderung des Lebensstils eine Rückbildung möglich“, betonen die Experten.

Manns: „Aus meiner Sicht ist die Leber das wichtigste Organ, weil dort unser Stoffwechsel gesteuert wird.“

Verdauung: Tee bringt mehr als Schnaps

Alkohol: Schnaps fördere die Verdauung nach einem fettreichen Essen, heißt es im Volksmund. Wissenschaftliche Studien zeigen aber keinen Effekt – der Magen entleert sich nicht rascher, im Gegenteil: Laut einer Schweizer Studie verlangsamte Alkohol die Verdauung sogar.

Schwarzer Tee: Eine Studie des Universitätsspitals Zürich zeigte: Schwarzer Tee (und auch Wasser) hilft, ein kalorienreiches Käsefondue rascher zu verdauen. Aus rein wissenschaftlicher Sicht empfehlen die Schweizer Experten daher, zum Käsefondue künftig bevorzugt Tee zu trinken.

Mehr Informationen: www.deutsche-leberstiftung.de

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