Erster Höhlenfisch Europas am Bodensee entdeckt

Erwachsene männliche Höhlenschmerle mit 8,5 Zentimeter Körperlänge.
Forscher vermuten, dass einige Donau-Bachschmerlen mit Versickerungswasser eingeschwemmt wurden.

Wissenschafter haben im Bodenseeraum den ersten Höhlenfisch Europas entdeckt. "Wir nehmen an, dass in dem 250 Quadratkilometer großen Versickerungsbereich der Donau, der in der Aachquelle nördlich des Bodensees mündet, eine große Population lebt", sagte Jasminca Behrmann-Godel, Limnologin an der Universität Konstanz. Die Forscherin hat das Tier mit einem Team aus Höhlentauchern und Kollegen der Universität Oldenburg sowie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin entdeckt. Über ihren Fund berichteten die Wissenschafter in der Fachzeitschrift Current Biology.

Der Fisch - eine Schmerle - sei nicht nur der erste europäische Höhlenfisch, sondern auch der bisher nördlichste der Welt, sagte Behrmann-Godel. Zuletzt sei im US-Staat Pennsylvania am 41. Breitengrad ein solches Tier entdeckt worden. "Es wurde spekuliert, dass nördlicher gar keine Höhlenfische mehr vorkommen können, da dort während der letzten Eiszeit alles vereist war. Das haben wir im Prinzip mit dem Fund widerlegt." In Europa liegt beispielsweise die italienische Stadt Neapel nahe dem 41. Breitengrad.

In Höhlensystem eingewandert

Erste genetische Analysen der Wissenschafter lassen darauf schließen, dass die Fische vermutlich nach dem Ende der Würmeiszeit aus der Donau in das Höhlensystem am Bodensee einwanderten. Erstmals gesichtet wurde die Art 2015 von einem Taucher in dem schwer zugänglichen Höhlensystem im Bodenseeraum im Süden Baden-Württembergs. Bis zur Fundstelle brauchen Profis etwa eine Stunde, sie müssen gegen die Strömung in den gefluteten Höhlen schwimmen.

Behrmann-Godel vermutet, dass einige Donau-Bachschmerlen (Barbatula barbatula) mit Versickerungswasser eingeschwemmt wurden und sich in den Höhlen niedergelassen haben. In den vergangenen 20.000 Jahren - evolutionsbiologisch ein kurzer Zeitraum - haben sich die Fische an das Leben in dunklen Höhlen angepasst. Die Tiere hätten etwa kleine Augen, sagte Jörg Freyhof vom IGB. Dafür seien die Nasenlöcher größer und die Barteln - Fortsätze am Maul - verlängert, damit die Fische besser riechen und schmecken können. Zudem wurden die Pigmentzellen reduziert.

"Im Prinzip könnten Fische auch im Dunkeln coole Farben haben", meinte Freyhof. "Aber Höhlenlebensräume sind meistens extrem nährstoffarm, das Nahrungsangebot ist sehr gering. Ein Auge zu haben, kostet den Fisch viel Energie. Es muss gebildet und sehr energieaufwendig erhalten werden, ebenso wie die Pigmentzellen. Die Fische sparen im Prinzip alles ein, was möglich ist."

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