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Erbgut zeigt, wie der Mensch die Welt eroberte

Installations from the Anne and Bernard Spitzer Hall of Human Origins at the American Museum of Natural History, a permanent exhibition hall that presents the history of human evolution from our earliest ancestors millions of years ago to modern Homo sapiens, are seen in New York, February 7, 2007. The exhibit will open to the public on February 10, 2007. REUTERS/Shannon Stapleton (UNITED STATES)
Drei Genetiker-Teams liefern Daten, wie sich der moderne Mensch aus Afrika kommend über die Erde verteilte.

280 unterschiedlichen Populationen. So viele haben drei Genetiker-Teams aus aller Welt unter die Lupe genommen und so neue Einblicke in die Wanderwege des Homo sapiens bei seiner Welteroberung gewonnen.

Dazu muss man wissen, dass Forscher derzeit die Out-of-Africa-Hypothese präferieren. Heißt: Die Gattung Homo breitete sich von Afrika aus über die Welt aus.

Erbgut zeigt, wie der Mensch die Welt eroberte
A fossil footprint left by a human ancestor about 1.5 million years ago in Kenya is pictured in this undated handout released to Reuters on February 26, 2009. This and other footprints found in Kenya that resemble those left in wet sand by beach goers today show that 1.5 million years ago a human ancestor walked like we do with anatomically modern feet, scientists said on Thursday. The remains of the footprints found in sedimentary rock near Ileret in northern Kenya most likely were left by a human ancestor called Homo erectus, also known as Homo ergaster, scientists wrote. REUTERS/Image courtesy of Professor Matthew Bennett, Bournemouth University/Handout (UNITED STATES). FOR EDITORIAL USE ONLY. NOT FOR SALE FOR MARKETING OR ADVERTISING CAMPAIGNS.
  • Als erstes gelangte Homo erectus vor etwa 1,9 Millionen Jahren nach Asien und Europa. Vermutlich entwickelte sich aus ihm in Europa der Neandertaler, in Afrika der Homo sapiens.
  • Dieser moderne Mensch verließ dann vor 60.000 bis 70,000 Jahren den afrikanischen Kontinent und eroberte die Welt.
  • Die anatomisch modernen Menschen vermischten sich zum Teil mit den einheimischen Menschenarten, die sie auf den Erdteilen antrafen, in Europa etwa mit dem Neandertaler. Letztlich aber starben die anderen Menschenarten innerhalb kurzer Zeit aus, so die gängige Hypothese.
  • Alle heute lebenden Nicht-Afrikaner sind demnach die Nachfahren einer einzigen Auswanderer-Population.

Einer konkurrierenden Theorie ist die Multiregionale Hypothese.

  • Sie besagt, dass erste anatomisch moderne Menschen schon vor gut 120.000 Jahren Afrika verließen und Südostasien und den australasiatischen Raum besiedelten.

Eurasien wurde anschließend von einer zweiten Auswanderer-Gruppe über die Levante besiedelt.

Abweichendes Erbgut

Welche der beiden Hypothesen die Richtige ist, beantworten die vorgestellten Studien nicht, aber sie liefern neue Erkenntnisse zu einzelnen Details der menschlichen Wanderungen. Die Wissenschafter um David Reich von der Harvard Medical School ) sequenzierten das Genom von 300 Individuen aus 142 Populationen und analysierten die kleinen Abweichungen im Aufbau des Erbguts. So erfuhren die Forscher etwas über die Herkunft und die Vorfahren der untersuchten Populationen. Warum? In den Populationen bilden sich unterschiedliche Muster heraus, die im Falle eines Umzugs in neue Lebensräume mitgenommen werden.
Reich und seine Mitarbeiter vermuten nach ihrer Untersuchung, dass sich die Gruppe, auf die letztlich alle heute lebenden Menschen zurückzuführen sind, bereits vor 200.000 Jahren in Afrika aufzuspalten begann. Ein Teil verließ den afrikanischen Kontinent und spaltete sich dann in eine ost- und eine westeurasische Gruppe. Die osteurasischen besiedelten später den ostasiatischen und den australasiatischen Raum. Heutige Menschen in Australien und Papua Neuguinea wären dieser Theorie zufolge Nachfahren dieser Gruppe.

Aborigines

Auch die Forscher um Eske Willerslev von der Universität Kopenhagen sind nach ihrer Analyse der Ansicht, dass es nur eine Auswanderung von Homo sapiens aus Afrika gegeben habe. Sie hatten das Erbgut von insgesamt 83 Aborigines und 25 Papua analysiert. Ihrer Studie zufolge trennte sich diese Gruppe von der der Europäer und Asiaten vor etwa 58.000 Jahren. Vor etwa 37.000 Jahren trennten sich dann die Entwicklungslinien der Aborigines und der Papua voneinander - lange vor der weiten räumlichen Trennung beider Populationen vor etwa 10.000 Jahren. Innerhalb des australischen Kontinents bildeten sich Subgruppen heraus, vermutlich, weil die entstehenden Wüsten natürliche Barrieren ausbildeten.

Erbgut zeigt, wie der Mensch die Welt eroberte
Australian Aboriginal hunter Bruce Gaykamangu of the Yolngu people looks across a billabong at potential prey near the 'out station' of Ngangalala, located on the outksirts of the community of Ramingining in East Arnhem Land November 25, 2014. The Arnhem Land reserve, closer to Bali than Sydney, covers an area of around 97,000 sq kms (37,000 sq miles), has a population of around 16,000 and access for non-Aborigines is by invitation only. Australia's aborigines are the custodians of the longest unbroken cultural tradition on earth, having migrated Down Under from Africa via Asia between 40,000 and 60,000 years ago, and connection to the land is practically written into their DNA. REUTERS/David Gray AUSTRALIA - Tags (ENVIRONMENT SOCIETY) ATTENTION EDITORS: PICTURE 36 OF 36 FOR WIDER IMAGE PACKAGE 'ABORIGINAL CROCODILE HUNTERS'. TO FIND ALL IMAGES SEARCH 'ABORIGINES GRAY'

„Die genetische Vielfalt unter den australischen Aborigines (oben) ist erstaunlich. Vielleicht weil der Kontinent schon so lange besiedelt ist, finden wir, dass sich Gruppen aus den südwestlichen Wüstengebieten Australiens genetisch stärker von Gruppen des nordöstlichen Australiens unterscheiden als zum Beispiel Amerikas Ureinwohner und Menschen aus Sibirien - und das auf einem Kontinent“, sagt die Studien-Erstautorin Anna-Sapfo Malaspinas von der Universität Kopenhagen.
Obwohl diese beiden Untersuchungen Belege für eine einzige Auswanderung von Homo sapiens aus Afrika finden, schließen die Forscher auch mehrere Auswanderungswellen aus Afrika nicht völlig aus. Hinweise darauf fand etwa ein Team um Luca Pagani vom Estonian Biocentre in Tartu (Estland). Diese Forscher zeigten, dass etwa zwei Prozent des Erbguts von Menschen aus Papua Neuguinea Merkmale haben, die darauf hinweisen, dass ihre Vorfahren Afrika früher verlassen hatten als andere Eurasier.

Mehrere Wellen

Die Modelle seien nicht so schwer miteinander zu vereinen, als es zunächst den Anschein hat, kommentieren Serena Tucci und Joshua Akey von der University of Washington die Artikel-Serie in „Nature“. Mehrere Auswanderungswellen seien denkbar, solange die Menschen keine oder nur wenige Spuren im Erbgut der heutigen Nicht-Afrikaner hinterlassen haben. Dass Populationen mit Ausnahme ihrer Knochen scheinbar spurlos von der Erde verschwinden, sei im Laufe der menschlichen Geschichte mehrfach vorgekommen.

Axel Timmermann und Tobias Friedrich von der University of Hawaii at Manoa (Honolulu/US-Bundesstaat Hawaii) zeigten in einer weiteren Studie, das Klimaveränderungen die Menschen womöglich aus Afrika getrieben haben. Demnach verursachten Veränderungen der Erdumlaufbahn in den vergangenen 125.000 Jahren Klimaschwankungen, die unter anderem die Höhe des Meeresspiegel veränderten, berichten sie ebenfalls in „Nature“.

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