Ein anderer Blick auf die Krankheit

Dauerstressfaktoren gelten als Auslöser für Krankheiten – werden diese beseitigt, kann der Körper heilen.
Von der Klosterheilkunde bis zu regenerativen Zellen – Ganzheitsmediziner wollen den Dialog mit der Schulmedizin.

Wer bei Ganzheitsmedizin nur an Homöopathie und Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) denkt, dem ist das weite Spektrum der Möglichkeiten nicht bewusst. Vergangenes Wochenende fanden die "Internationalen Tage für Ganzheitsmedizin" in Salzburg statt, bei denen zahlreiche neue Analyse- und Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt wurden.

Die Veranstalter wollen einen ganzheitsmedizinischen Impuls setzen – Mitveranstalter Prof. Wolfgang Köstler, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Onkologie dazu: "Konventionelle Medizin muss durch Komplementärmedizin ergänzt werden. Ihre Wirkung kann dadurch unterstützt werden, Nebenwirkungen verringert, Allgemeinzustand und Lebensqualität können auch bei schweren Erkrankungen wie Krebs verbessert werden." Gerade im letztgenannten Bereich steige die Nachfrage von Patienten nach ganzheitsmedizinischen Ansätzen. Helmut Schöller von der Österreichischen Gesellschaft für Komplementärmedizin will einen "wissenschaftlichen Dialog zwischen konventioneller und komplementärer Medizin anstoßen".

Ein Highlight der Veranstaltung war etwa der Vortrag des Zellforschers Prof. Fred Fändrich von der Universität Kiel über seine Entdeckung der regenerativen Zellen. Diese verheißen nicht nur Fortschritte in Bezug auf Transplantationsmedizin, sondern sanfte Methoden zur Behandlung zahlreicher Krankheiten. "Das Potenzial für zukünftige Behandlungen ist sehr hoch", erklärt Köstler.

Eine Rückbesinnung auf alte Heilmethoden schafft hingegen Pater Johannes Pausch, der die Klosterheilkunde zur Prävention und Therapie der immer öfter verbreiteten Belastungskrankheit Burn-out einsetzt.

Chronisch

Ein Schwerpunkt des Kongresses waren außerdem chronische Entzündungen, die oft unbemerkt ihre schädigende Wirkung entfalten. So werden häufig Entzündungsherde im Mund- und Kieferbereich unterschätzt, die allerdings den Organismus in seiner Selbstregulationsfähigkeit ständig überfordern. In diesem Zusammenhang wurde auch ein spezielles Ultraschallgerät vorgestellt, das diese Kieferherde darstellen soll.

Nicht nur chronische Entzündungen, auch eine chronische Übersäuerung durch permanenten physischen und psychischen Stress wirkt sich negativ auf das Gleichgewicht des Körpers aus. Univ.-Prof. Joachim Greilberger vom Grazer Institut für Physiologische Chemie stellte seine neu entwickelte Methode vor, Stress zu messen.

Zu den Themen beim Kongress gehörten außerdem Hormone und ihre Störungen, der Darm als sensibler Indikator für Probleme und die vielen Analyse- und Therapie-Möglichkeiten mit Laser und elektromagnetischen Geräten. Der Mensch ganzheitlich im Fokus.

Was den guten Ganzheitsmediziner ausmacht

Die Suche nach einem passenden Ganzheitsmediziner ist nicht immer leicht – Univ.-Prof. Wolfgang Marktl, Präsident der Wiener Internationalen Akademie für Ganzheitsmedizin (Gamed), gibt Tipps, worauf man achten sollte:

Zeit: Einen guten Ganzheitsmediziner erkennt man daran, dass er sich Zeit nehmen kann. Immerhin muss er auf die individuellen Probleme seines Patienten eingehen können. Das könne nicht in fünf Minuten erledigt werden – daher sei auch ein gewisser Kostenaufwand gerechtfertigt.

Uneitel: Er muss mithilfe einer ausgefeilten Diagnostik herausfinden, welche Methode für den Patienten am besten geeignet ist – und ihn gegebenenfalls an einen Kollegen weiterleiten, der die passende Therapie anbietet.

Keine Akutmedizin: Dem Patienten muss klar sein, dass Ganzheitsmediziner sich für die Therapie Zeit nehmen müssen – der Effekt stellt sich im Laufe der Zeit ein und hält dafür auch länger an. Ganzheitsmedizin ist keine Akutmedizin.

Finden: Bei der Gamed liegen Listen von Ganzheitsmedizinern auf, die abgefragt werden können (www.gamed.or.at, 01 / 688 75 07) . Auch die Ärztekammern der Länder sollten Listen von Komplementärmedizinern führen. Alternativ ist es ratsam, sich aus seinem Umfeld Empfehlungen zu holen.

Ganzheitlich: Ziel ist Selbstregulation

Gleichgewicht Aus ganzheitsmedizinischer Sicht kommt die Selbstregulation des Körpers durch die Einwirkung äußerer oder innerer Dauerstressfaktoren aus dem Gleichgewicht. Folglich entstehen Krankheiten.

Faktoren Als Stressfaktoren gelten Umweltgifte, eine falsche Lebensweise bzw. Ernährung, aber auch chronische Entzündungen oder psychische Belastungen. Ziel der Ganzheitsmedizin ist, diese Faktoren zu identifizieren, sie zu beseitigen und die Selbstregulation wieder in Gang zu bringen.

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