Michael Martin: Beobachter von Extremen

Michael Martin in der Wüste Gobi.
Fotograf Michael Martin bereist Wüsten – von der Sahara bis Spitzbergen. Abenteuer lassen sich aber auch anderswo finden. Heute erzählt er in Wien davon.

Mit Eisbrechern, Hundeschlitten, Geländeautos, auf Skiern und im Helikopter – sechs Jahre lang bereiste Michael Martin für sein jüngstes Projekt die Extremregionen dieser Erde. Er war einsam, aber nie alleine – fühlte sich der unberührten Natur verbunden. Das Ergebnis ist derzeit beim "Edelweiss-Bergfilm-Festival" der Naturfreunde zu sehen, wo der Fotograf und Autor seinen Vortrag "Planet Wüste" zeigt.

Michael Martin: Beobachter von Extremen
Pure Abenteuerlust, die auch ein Bergsteiger empfindet, wenn er einen Gipfel sieht, und tiefe Befriedigung, wenn er ihn bestiegen hat – so fühlte sich der Geograf, wenn er in der Wüste war. Obwohl er in 30 Jahren mehr als 300 Reisen dorthin unternommen hatte. Wer ihm zuhört, merkt, dass er noch lange nicht genug hat.
Michael Martin: Beobachter von Extremen
Martin gehört zu einer seltenen Spezies: Abenteurer. Sein erstes erlebte er mit 17 Jahren. Gemeinsam mit einem Freund bretterte er mit Moped und Fernrohren im Gepäck von Bayern bis an den Rand der Sahara, im Süden Marokkos - um Sterne zu beobachten. "Es gab weder Internet noch Reiseführer. Wir wollten wissen, wie die Welt aussieht. Wir schrieben die deutsche Botschaft in Marokko an, ob sie uns Landkarten schicken können. Heute ist das mit ein paar Klicks erledigt", erzählt der Wüstenforscher im KURIER-Gespräch.

Fasziniert haben ihn bei seiner ersten Reise weniger die Himmelsobjekte, die sie beobachten wollten, sondern die Dünen – "wenn sie im Abendlicht Schatten warfen". Die schlichte Landschaft ließ ihn nicht mehr los. Er sieht sie als Gegensatz zu unserer Gesellschaft: "Hier ist alles zubetoniert, vernetzt und kompliziert. Die Wüste ist klar und einfach." Aber weit vielfältiger, als man vermuten würde, etwa Geröll, Felsen, Steppe und Eis. Michael Martin drang in ihre entlegensten Winkel vor.

Wandel und Stillstand

Was er dort gefunden hat: Wandel und Stillstand. Die Nomadenkultur der Menschen habe sich stark verändert – gerade in Ländern, die sich wirtschaftlich weiterentwickelt haben wie China, Algerien und Libyen, berichtet Martin. Kinder, die mit ihren Eltern in Zelten wohnten und von Tierzucht lebten, arbeiten heute im Straßenbau oder als Nachtwächter. Im Gegensatz dazu ist das Leben im Tschad seit Jahrzehnten unverändert: "Wir Europäer wünschen uns das romantische Bild, dass die Menschen traditionell leben und finden es nicht gut, wenn dieses hinweggefegt wird. Allerdings haben die Leute noch immer zu wenig Krankenstationen, Schulen und sterben an leicht behandelbaren Krankheiten."

Michael Martin: Beobachter von Extremen
Begegnungen mit Wüstenbewohnern lassen ihn auch nach so vielen Jahren nicht kalt. Besonders herzlich wurde er empfangen, wenn er mit seinem Motorrad fuhr – "das perfekte Wüstenfahrzeug". Es brachte ihm aber auch Sorgen. Etwa, als er es von Afrika nach Australien bringen ließ und es dort in Quarantäne bleiben musste. Oder als er auf einer Sanddüne im Nahen Osten stand und via Satellitentelefon den US-Zoll überzeugen musste, sein Gefährt in Alaska einreisen zu lassen. Herausforderungen waren aber weder Eisbären noch Höchsttemperaturen, sondern das Organisieren von Projekten, deren Finanzierung und Genehmigungen. In Saudi-Arabien etwa ging dies über Umwege.

Solche Erlebnisse und die vielen Reisen haben seinen Blick verändert: "Ich schätze unsere Rechtssicherheit, freie Presse und Menschenrechte, vieles sehe ich aber differenzierter." Die "Vollkasko-Mentalität" im Westen kann er nicht nachvollziehen: "Manche Menschen verlieren in einem Winter ihre ganze Ziegenherde oder ihr Kind stirbt an einer harmlosen Krankheit, da müssen uns wir Europäer nicht so ins Hemd machen."

Was ihm noch auffällt: Die Neugier auf die Welt ist nicht mehr so groß, vieles ist schon entdeckt worden. Wer heute etwas erleben will, muss tiefer graben, in entferntere Winkel reisen. Die aber oft näher sind, als vermutet: "Der Alpenraum ist touristisch erschlossen, dennoch findet man noch Täler und Routen, wo etwas zu erleben ist. Abenteuer gibt es immer, die Lust sie zu entdecken, steckt im Menschen."

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die "Wave", Michael Martin, kostenfrei im Zusammeh…
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Bergfilm-Festival…
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Extrem-Bilder: Festival und Stargast

Fotograf und Autor: Michael Martin, geboren 1963 in Bayern, veröffentlichte 30 Bildbände und Bücher, hielt zirka 2000 Vorträge und produzierte Fernsehfilme. Zudem setzt er sich für den Schutz von Wüsten ein –"Sie sind es Wert, haben aber keine Lobby." Infos unter: www.michael-martin.de

Termine; Das Edelweiss-Bergfilmfestival macht am Donnerstag, 9. März, in Wien Station (Gartenbaukino,19.30 Uhr), am 10. März in Spielberg (Stmk.), 11. März Klagenfurt, 12. März Neudörfl/Wr. Neustadt und am 13. März wieder in Wien, im Gartenbaukino. Infos unter: www.bergfilmfestival.naturfreunde.at

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