Dunkle Energie als mysteriöse Supermacht

Dunkle Energie als mysteriöse Supermacht
Eine unbekannte Kraft treibt die Galaxien immer schneller auseinander. Über ihre Natur wird man noch lange spekulieren.

Susi und Strolchi unter einem sternenklaren Himmel. Dieses Motiv ziert die "astronomische Krawatte" des US-Kosmologen und Nobelpreisträgers George Smoot. Er sitzt im Medienraum des Wissenschaftsministeriums und kramt in seinem Laptop nach Bildern von "Standard-Kerzen" (astronomische Objekte mit bekannter Helligkeit) und Supernovae (hell aufleuchtende Sterne, die explodieren und dabei vernichtet werden).

Die Grafiken sollen illustrieren, was man nicht zeigen kann - von dem man aber weiß, dass es da ist: Dunkle Energie, die 70 Prozent des Universums erfüllt. Eine mysteriöse Supermacht, die den Kosmos immer schneller auseinandertreibt. Vor 13 Jahren fanden Saul Perlmutter, Brian P. Schmidt und Adam Riess heraus, dass sich die Galaxien wie Rosinen in einem aufgehenden Germteig voneinander fortbewegen. Dafür erhielten sie "zu Recht" (Smoot) den diesjährigen Physik-Nobelpreis. Smoot: "Über die Natur der dunklen Energie weiß man wenig. "

Mission Euklid

Klarheit soll die 300 Millionen Euro teure Euklid-Mission der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA schaffen. Ab 2019 wird ein Weltraum-Teleskop zehn Milliarden Lichtjahre entfernte Sternenexplosionen ins Visier nehmen, "damit wir die exakte Natur der dunklen Energie verstehen lernen", sagt ESA-Direktor Alvaro Giménez. An einen leichten Erfolg glaubt Smoot nicht: "Ich vermute, dass alles viel komplizierter ist."
Noch komplizierter?

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt der Kosmos als unveränderliches Gebilde. Selbst Albert Einstein hielt das von ihm entdeckte expandierende Weltall für einen Rechenfehler. Er korrigierte seine Relativitätstheorie um einen Faktor namens "kosmologische Konstante", auch Vakuumenergie genannt. Ein Trick, der für kurze Zeit für Ruhe im All sorgte.

1929 fand der Astronom Edwin Hubble heraus, dass sich eine Galaxie umso schneller von uns wegbewegt, je weiter entfernt sie ist. Da war klar: Das Universum dehnt sich wirklich aus. Die Ergebnisse von Perlmutter und Kollegen in den 1990er-Jahren stellten die Kosmologie erneut auf den Kopf. Und haben doch nichts gelöst. Smoot: "Das ist das Wesen der Wissenschaft. Auf jede Antwort, gibt es ungelöste Fragen." Das Problem: Dunkle Energie ist nicht direkt messbar, sie strahlt keine elektromagnetischen Wellen, wie z. B. Licht, aus, noch reagiert sie mit normaler Materie, die nur fünf Prozent des Universums ausmacht. Man weiß, dass die mysteriöse Kraft seit neun Milliarden Jahren existiert, und damit nur 4,7 Milliarden Jahre jünger ist, als das Universum selbst. Seitdem ist sie unverändert.

Kosmischer Knackpunkt

Im leeren Raum wirkt eine konstante Kraft im sich ausdehnenden All aber immer stärker und überwindet irgendwann alle Gegenkräfte - auch die Schwerkraft, die die Expansion des Alls nach dem Urknall abgebremst hatte. Diese Umkehr geschah vor sechs Milliarden Jahren. Seitdem nimmt die Ausdehnung Fahrt auf. Das Universum wird eines fernen Tages den Kältetod erleiden. "Diese Horrorshow ist faszinierend", sagt Smoot. "Aber bis dahin gibt es keine Menschen mehr."

Kommentare