"Übergewichtige Diabetiker sollten viel öfter operiert werden"

Studien zeigen viele Vorteile für Patienten, die sich einen Magenbypass legen lassen.

"Mit einem Magenbypass kann ein Diabetiker das Rad der Zeit um zehn Jahre zurückdrehen." Es klingt fast zu einfach, wenn Univ.-Doz. Gerhard Prager die Vorteile einer Operation für übergewichtige Typ-2-Diabetiker aufzählt. Immerhin ist Prager Leiter der Adipositasambulanz im Wiener AKH und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Adipositaschirurgie – er muss es also wissen. Außerdem gibt es immer mehr Langzeitstudien mit vielversprechenden Ergebnissen. So brauchen bis zu 80 Prozent der Typ-2-Diabetiker nach einem Eingriff zumindest vorübergehend keine Diabetes-Medikamente mehr.

Forscher haben herausgefunden, warum das so ist: Der Eingriff verändert den Hormonhaushalt und damit auch die Insulinproduktion im Körper. Zusätzlich werden Hormone beeinflusst, die sich auf das Sättigungs- und das Hungergefühl auswirken. Somit ist nicht nur der verkleinerte Magen für den gedrosselten Appetit verantwortlich. Und das dürfte sich über die Diabetes-Erkrankung hinaus positiv auf die Gesundheit auswirken.

"Eine große schwedische Langzeitstudie hat gezeigt, dass operierte Diabetiker klare Überlebensvorteile gegenüber nicht operierten haben – sie haben weniger Schlaganfälle, weniger Herzinfarkte und es gibt unter ihnen weniger Krebstote", berichtet Prager und warnt vor stark beworbenen Alternativ-Angeboten zum Magenbypass wie der sogenannten "Magenfaltung" – "ohne Langzeitergebnisse wäre ich da sehr vorsichtig". Auch das Magenband, das früher beliebt war, wird heute nicht mehr so oft angewandt, weil die Langzeit-Ergebnisse nicht besonders erfolgreich waren.

Nebenwirkungen

Viele Betroffene haben aus Angst vor Nebenwirkungen allerdings Bedenken, sich einen Magenbypass legen zu lassen. Prager will da nichts beschönigen: "Man muss lebenslang unter Kontrolle bleiben – das muss ein Diabetiker sowieso." Statt der täglichen Diabetes-Medikamente müssen spezielle Multivitamintabletten eingenommen werden, zudem sind regelmäßige Blutuntersuchungen nötig. Dafür erspart man sich zumindest eine Zeit lang das ständige Blutzuckermessen.

"Bevor der Eingriff durchgeführt wird, muss jeder Patient ein psychologisches Gespräch führen und sich von einem Diätologen beraten lassen. Derzeit wird die Operation unter Berücksichtigung des BMI genehmigt – international diskutiert man aber, ob nicht eher kardiovaskuläre Risikofaktoren wie der Bauchumfang berücksichtigt werden sollten.

"Das Essverhalten muss dramatisch umgestellt werden." So darf in den ersten vier Wochen nur Brei gegessen werden, damit die neue Verbindung abheilen kann. Dann steht in der ersten Zeit, viel Eiweiß auf dem Speiseplan. Etliche Patienten berichten auch, dass sie weniger Heißhunger auf Süßes haben. "Ein dicker Mensch braucht mehr Zucker, um Süßes wahrzunehmen – nach der Operation ist ihre Zuckerempfindung wie bei Normalgewichtigen", sagt Prager.

"Das Ziel ist, dass der Patient alles essen kann – nur weniger und er muss gut kauen. Insgesamt ist die Lebensqualität bei den Operierten signifikant höher", ist Prager überzeugt. "Stark übergewichtige Diabetiker profitieren am meisten davon. Sie sollten viel öfter operiert werden."

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Diabetes ist das Thema des Gesundheitstalks am Mittwoch, 1. 6., 18.30 Uhr. KURIER- Ressortleiterin Gabriele Kuhn spricht mit den Diabetes- Spezialisten Univ.-Prof. Alexandra Kautzky-Willer (MedUni Wien) und OA Helmuth Brath (WGKK-Gesundheitszentrum Wien-Süd) sowie der Diabetes- Patientin Irene Löffler.

Veranstaltungsort: Van-Swieten-Saal der Medizinischen Universität Wien, Van-Swieten-Gasse 1a (Ecke Währinger Str.), 1090 Wien. Veranstalter: KURIER, MedUni Wien und Novartis.

Tipp: Umfassende Infos bietet das KURIER-Magazin "Diabetes" (7,50 €). Bestellung: magazin@kurier.at

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