Diagnose Grippe: Alles, was Sie wissen sollten

E WIE ERKÄLTUNG: Schützt die Einnahme von Vitamin C vor Erkältungen? Die vorbeugende Einnahme von hoch dosierten Vitamin-C-Präparaten kann das Auftreten von Erkältungen nicht verhindern, sondern bestenfalls die Dauer der Erkrankung leicht reduzieren. Sind bereits erste Erkältungssymptome aufgetreten, hat eine Einnahme überhaupt keinen Effekt.
Die "echte Grippe" ist da: 8700 Menschen sind vergangene Woche in Wien erkrankt. 13 Fragen - 13 Antworten zum Thema.

Bereits am Wochenende berichtete das Diagnostische Influenza-Netzwerk in einer Aussendung, dass es eine starke Zunahme an Influenzavirusnachweisen gegeben hat. Tatsächlich stieg die Zahl der Erkrankten in der Bundeshauptstadt vergangene Woche auf 8700 an. Erst bei 10.000 erkrankten Menschen pro Woche wird eine Grippewelle ausgerufen. Der Großteil der Infektionen (81%) sind Influenza A/H3N2-Viren. Hier 10 Dinge, die Sie über die Grippe wissen sollten:

1. H3N2 – was bedeutet das genau?

Es gibt drei Gruppen von Erregern: Influenza-Viren werden in Typ A (häufigste Ursache für Grippe-Epidemien), Typ B (häufig besonders bei Kindern und Jugendlichen) und Typ C unterteilt. Diese Buchstaben bezeichnen also den Virus-Typ. Die Buchstaben H und N bedeuten folgendes: Vom Influenza-A-Virus gibt es 16-H- und neun N-Subtypen. Hämagglutinine (H) und Neuraminidasen (N) sind Eiweißstoffe an der Oberfläche der Viren. Damit wird also der „Subtyp“ des Erregers bezeichnet. Bei Influenza-B-Viren gibt es nur einen Subtyp.

2. Hat sich das diesjährige Virus verändert?

Ja – die derzeit zirkulierenden Virenstämme sind so genannte Driftvarianten. Sie entsprechen nicht dem in den Grippe-Impfstoffen enthaltenen Influenza A/ H3N2-Stamm. Der Grippe-Impfstoff schützt vor einem A/H1N1-Virus, einem A/H3N2-Virus und einem Influenza-B-Virus. Das H3N2-Virus hat sich anders entwickelt als im Frühjahr 2014 von der Weltgesundheitsorganisation WHO vorausgesagt wurde.

3. Ist die Veränderung besorgniserregend?

Nein. Influenza-Viren mutieren (=verändern sich) permanent, das liegt in der Natur der Sache. Auf diese Weise setzen sich Stämme durch, gegen die in der Bevölkerung noch kein verbreiteter Schutz besteht.

4. Wie muss man sich so ein Virus vorstellen?

Diagnose Grippe: Alles, was Sie wissen sollten
Simpel gezeichnet sind Influenza-Viren ganz kleine Kapseln. In diesen steckt die Erbinformation in Form von RNS (Ribonukleinsäure). Auf der Oberfläche der Virushülle sind Eiweiße verankert – das oben erwähnte Hämagglutinin (H) sowie die Neuraminidase (N). Diese Eiweiße spielen eine wichtige Rolle bei der Vermehrung – also bei der Produktion neuer Viren im Körper, aber auch bei der Ausbreitung von Mensch zu Mensch. Diese Stoffe an der Oberfläche des Virus können sich verändern. Das ist das Besondere an Influenza-Viren – sie können variieren. Das Virus wechselt permanent sein Aussehen, einzelne Virusbestandteile verändern sich. Neue Varianten verursachen stärkere Grippewellen bzw. Epidemien (zeitliche und örtliche Häufung einer Krankheit innerhalb einer Gruppe, meist Infektionskrankheiten).

5. Wie verbreitet sich das Virus im Körper?

Das Eiweiß Hämagglutinin macht es den Viren möglich, an den Körperzellen des Menschen anzudocken. Die Neuraminidase verantwortet die Freisetzung der Viren aus den infizierten Körperzellen.

6. Gibt es alle Jahre wieder eine Grippewelle?

Nein. Ein gutes Beispiel ist die vergangene Saison 2013/2014. Da hatte der Wiener Grippemeldedienst erstmals seit 26 Jahren keine Grippewelle verzeichnet. In Europa gab es nur einen milden Verlauf.

7. Ab wann wird eine Grippewelle ausgerufen?

In Wien wird eine Grippewelle ausgerufen, wenn die Marke von 10.000 Neuerkrankungen pro Woche erreicht bzw. überschritten wird.

8. Warum könnte die Grippewelle heuer stärker ausfallen?

Bereits im Dezember prognostizierte der Sozialmediziner Univ.-Prof. Michael Kunze eine stärkere Grippewelle als sonst. Aus folgenden drei Gründen: 1. Es herrscht der Virusstamm vor, gegen den die Impfung nicht oder nur sehr schlecht schützt (siehe auch Punkt 2). 2. Auch unabhängig von dieser Veränderung kommt es bei H3N2-Viren häufiger zu schweren Krankheitsverläufen, speziell bei älteren Menschen und Kleinkindern. 3. Es fehle aufgrund der extrem schwachen Grippewelle im Vorjahr die „Abwehrkraft“ der Menschen gegenüber Influenza-Viren.

9. In welchen Fällen kommt es zu einer Pandemie (länderübergreifender Ausbruch)?

Wenn ganze genetische Elemente ausgetauscht werden, entstehen neue Viren. Beispiel: Ist etwa eine Wirtszelle von Mensch, Schwein oder Vogel mit zwei unterschiedlichen Subtypen des Influenza A-Virus gleichzeitig infiziert, kann es bei der weiteren Vermehrung zu einer falschen Zuordnung der Virusbestandteile kommen. Die so entstandenen neuen Viren haben dann neu kombiniertes Erbmaterial – und damit völlig neue Eigenschaften. Wenn solche Subtypen auf den Organismus des Menschen treffen, ist die Immunabwehr darauf nicht vorbereitet. Die Viren breiten sich daher schneller aus. Die Krankheit verläuft schwerer.

10. Wie werden Influenza-Viren verbreitet?

Das geschieht durch Tröpfcheninfektion – das heißt: kleinste Tröpfchen, etwa durch Reden, Husten, Niesen gelangen in die Luft und werden eingeatmet. Auf diese Weise gelangen sie bis in die Bronchien, wo sie sich in der Schleimhaut festsetzen und vermehren. Auch der direkte Kontakt führt zu Ansteckung – über mit Viren verunreinigte Gegenstände (Lichtschalter, Klospülung, Telefon, Computertastatur, U-Bahn-Haltegriffe etc.). Die Viren sind hochansteckend, es reichen kleine Virusmengen. Besonders Massenansammlungen sind ein Paradies für Übertragungen.

11, Woran erkenne ich, dass ich mich mit Influenza-Viren angesteckt habe?

Bei der „echten Grippe“ handelt es sich um eine akute Infektion der Atemwege. Die typischen Symptome sind: plötzlicher Beginn, trockener Husten, Kopfweh, Halsweh, Abgeschlagenheit, Schüttelfrost und ein allgemeines Krankheitsgefühl. Man fühlt sich sehr müde. Manchmal kommen Übelkeit oder Erbrechen dazu. Bei Kindern verlaufen die Symptome oft untypisch. Jedenfalls kann das Fieber drei bis vier Tage dauern. Steigt das Fieber um den 3. Krankheitstag erneut an, dann ist das ein Hinweis auf eine zusätzliche bakterielle Infektion.

12. Wie lange dauert die Grippe?

Meist 7 bis 14 Tage. Wichtig ist Bettruhe und dass man nicht zu früh „aufsteht“. Manche Patienten leiden nach Abklingen einer Influenza noch Wochen an Mattheit, Leistungsschwäche, Unwohlsein.

13. Wie lange sind Grippepatienten ansteckend?

1 bis 2 Tage vor Beginn der ersten Krankheitszeichen – und danach noch eine Woche.

14. Impfen oder nicht?

Der heurige Impfstoff bietet wenig Schutz gegen das kursierende Virus (siehe Punkt 2), soll aber die Symptome mildern. Kurioses Detail am Rande: Zur Frage, wer sich impfen lassen sollte, haben sich Studenten der Lancaster University Gedanken gemacht. Ihre These: Menschen mit besonders vielen Freunden und vielen sozialen Kontakten verbreiten das Virus eher und sollten sich daher auch eher impfen lassen. Diese Erkenntnis basiert auf einem Algorithmus, den die Studenten entwickelt haben.

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