Der Mond - so nah wie nur selten

Der Supervollmond ist am 14. November sichtbar - dann wird der Trabant "nur" 357.000 Kilometer von uns entfernt sein.

"Ein Supervollmond. Was soll das denn sein?" Rudolf Dvorak von der Universitätssternwarte Wien hat den Begriff noch nie gehört. Kein Wunder – erfunden hat ihn nämlich kein Wissenschaftler, sondern der Astrologe Richard Nolle. Dessen Berufsstand ist in Dvoraks Augen naturgemäß alles andere als seriös. "Mit angeblich wissenschaftlichen Methoden wird Pseudowissenschaft betrieben."

Publicity

Der Hype ist dennoch da – sogar die NASA berichtet publicityträchtig darüber. Der faktische Hintergrund des Phänomens: Zwei Himmelsereignisse treten zeitgleich auf – es ist Vollmond, und der Erdtrabant ist unserem Planeten so nah wie sonst selten (Grafik unten). Im Schnitt ist der Mond 384.000 km von der Erde entfernt. Aber weil seine Bahn um die Erde ellipsenförmig verläuft, kommt es zu Schwankungen zwischen 357.000 und 407.000 Kilometern.

Montag, 14. November, wird dieses Phänomen zu bewundern sein – so das Wetter mitspielt. Danach sieht es zur Zeit nicht aus. Das letzte Mal war der Mond im Jahr 1948 so nah, das nächste Mal wird er 2034 am erdnahsten Punkt, dem Perigäum, sein.

Cool bleiben

Kein Grund zur Aufregung, meint der Hobby-Astronom Alexander Pikhard – im Brotberuf EDV-Berater und nebenbei Präsident der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. "Das spielt sich im Bereich von Nachkommastellen ab. Dieser Vollmond ist um 14 Prozent größer als der kleinstmögliche Mond – und um 7 Prozent größer als ein durchschnittlicher." Feinheiten, die man mit bloßem Auge gar nicht erkennen kann. Da ist der Mond der Erde um ein paar Kilometer näher als sonst, das spielt sich im Promillebereich ab. Objektiv betrachtet gibt es da so gut wie nichts zu sehen." Subjektiv erscheint er uns um 30 Prozent heller. Alles eine Frage der Wahrnehmung. Besondere Momente gibt es nämlich auch, wenn ein "Überdrüber-Vollmond" am Horizont auftaucht und wie eine gigantischer Gong wirkt. Nichts anderes als eine "Mondtäuschung": Der Mond wirkt in Relation zu bekannten Dingen wie Gebäuden oder Bäumen größer. "Es handelt sich dabei um ein wahrnehmungspsychologisches Phänomen, für das man bis heute noch keine Erklärung hat", sagt Pikhard.

Weiter weg

Dass der Mond uns jetzt nahe ist, ist relativ, wie Astronom Dvorak weiß: "Vor mehr als vier Milliarden Jahren war der Mond der Erde noch viel näher. Auch wenn der Erdtrabant uns jetzt ,relativ nahe’ kommt, entfernt er sich immer mehr von der Erde – verstärkt durch die Gezeiten", erläutert der Astronom. "Und der Trabant zeigt sich immer von der selben Seite." Wie stark Ebbe und Flut sind, hängt nicht unbedingt davon ab, wie weit der Trabant von der Erde entfernt ist. Eine Springtide – eine besonders hohe Flut – ist immer dann zu beobachten, wenn Sonne, Erde und Mond in einer Geraden sind, sagt Dvorak. Die Umlaufbahnen von Planeten wie der Monde seien immer elliptisch – einige flacher, andere breiter.

Wissenschaft hin, Wissenschaft her – der Mond hatte für die Menschen stets etwas Mystisches. Deshalb gehört zu einem romantischen Tête-à-tête der Vollmond. Und kleine Kinder träumen nur allzu gern vom Mann im Mond.

Wie abergläubisch die Menschen sind, zeigte eine Umfrage des deutschen Marplan-Instituts: 45 Prozent der Frauen gaben an, dass der Mond ihre Stimmung heben oder senken kann. Bei den Männern glaubte das immerhin jeder Vierte. Zu den weit verbreiteten Mythen zählt auch, dass man zum Haareschneiden bei abnehmendem Mond gehen soll. Fast jeder Zehnte richte sich dabei nach dem Mondkalender, ergab eine Forsa-Umfrage.
Ratgeber empfehlen sogar, Operationen nur bei abnehmendem Mond durchführen zu lassen. Denn, so die weit verbreitete Annahme: Alles, was weg muss (wie bei Operationen, dem Haare- oder Nägelschneiden), soll bei abnehmendem Mond passieren. Alles, was hinzukommt (etwa der Bau eines Hauses oder die Investition von Geld) bei zunehmendem. Hartnäckig hält sich die Meinung, dass sich der Erdtrabant auf das Wohlbefinden des Menschen auswirkt.

Künstliches Licht

Und auf den Schlaf: Nicht selten wird eine schlechte Nachtruhe auf den Vollmond geschoben. Wissenschafter der Universität Mannheim gingen der These nach, dass sich die Mondphasen auf die Schlafqualität auswirken. Ihre Erkenntnis: Es gibt keinen wissenschaftlichen Zusammenhang. Sie versuchen sogar eine Erklärung: Menschen würden andere Gründe für Schlafbeschwerden einfach dem Mond zuschreiben. Vor der flächendeckenden Einführung des künstlichen Lichts hätte die Beleuchtung durch den Mond vielleicht noch eine Wirkung haben können – doch heute schalten die Menschen bei Bedarf das Licht ein und schlafen mit Verdunkelung.
Hartnäckig hält sich auch die Überzeugung, dass sich die Dauer des Menstruationszyklus der Frau mit der Dauer des Mondzyklus von ebenfalls 28 Tagen erklären lässt. Jedoch weisen Gynäkologen immer wieder darauf hin, dass der weibliche Zyklus zwischen 23 und 35 Tagen schwanken kann. Und die Zyklen mancher Säugetierarten weichen teilweise sogar stark von dem des Mondes ab. Demzufolge hat der Mond auch keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit.
Sogar der weit verbreitete Mythos über die Verbindung zwischen Mond und Geburt wurde inzwischen widerlegt. Statistiker werteten die Geburten des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg über 47 Jahre aus und fanden keinerlei Zusammenhang. Auffallend war nur, dass mehr Geburten am Montag und Dienstag stattfanden. Aber dafür gibt es eine pragmatische Erklärung: Für diese Wochentage teilen Ärzte gerne geplante Kaiserschnitte ein.

Kommentare