Wer spart, verliert

Wer spart, verliert
Seit 2010 haben Österreichs Sparguthaben 12,9 Mrd. Euro Wert eingebüßt.

Die Finanzkrise hat Europa weiterhin fest im Griff. Tiefe Zinsen sollen die Wirtschaft ankurbeln und helfen zugleich den hoch verschuldeten Staaten. Die Zeche dafür bezahlen die Sparer, die für ihre Sparguthaben so gut wie keine Zinsen bekommen – es ist für sie unmöglich, ihr Geldvermögen zu erhalten, ohne dafür höhere Risiken einzugehen.

Wie hoch diese Zeche in Österreich ausfällt, lässt sich exakt beziffern. Allein im abgelaufenen Jahr waren es 2,94 Milliarden Euro: So viel an Wert haben die Sparkonten der Privathaushalte eingebüßt, wenn man vom mickrigen Zinsertrag die Kapitalertragsteuer und die Teuerung abzieht. Seit 2010 – in vier Jahren – kamen so 12,88 Milliarden Euro (realer Zinsverlust) zustande, die auf den Sparkonten vernichtet wurden. Das geht aus einer Berechnung hervor, die der KURIER mit dem Forschungsinstitut EcoAustria angestellt hat.

Sparquote 2013 auf Rekordtief

Wer spart, verliert
Weil man sich am Ende des Tages viel weniger davon kaufen kann, ist es kein Wunder, wenn den Österreichern die Lust am Sparen vergangen ist. Noch nie wollten oder konnten sie so wenig Geld für schlechtere Zeiten zurücklegen. Nur 6,6 Prozent ihres Einkommens haben die Österreicher im Jahr 2013 angespart – das ist viel weniger als in den Jahren vor der Krise, wo Werte zwischen 10 und 12 Prozent üblich waren. Und es ist weniger als der Durchschnitt der Eurozone. Die Sparquote (jener Anteil des verfügbaren Einkommens, der nicht ausgegeben wurde) war damit bei Österreichs Privathaushalten im Vorjahr so tief wie seit 1995 nicht – so lange reichen die Zahlen der Statistik Austria zurück.

Positiv wäre das, wenn die Wirtschaft dadurch angekurbelt würde. Aber die privaten Konsumausgaben sind 2013 um 0,2 Prozent gesunken statt gestiegen. Es wird weniger gespart und weniger ausgegeben – wo fließt das Geld hin? "Die Einkommen sind weniger stark gewachsen", erklärt Franz Hahn vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Wollen die Österreicher ihren Lebensstandard halten, können sie nicht so viel zurücklegen. Dass die Sparquote sinkt, sei in dieser Phase freilich durchaus sinnvoll: Wollten die Menschen die Realzinsverluste durch mehr und mehr Sparen kompensieren, könnte das die Wirtschaft in völlige Stagnation stürzen – aus dieser Lage hat sich Japan seit 1990 nicht erholt.

Für Europa und die USA heißt das: "Ein erklecklicher Teil der Kosten der Finanzmarktkrise wird durch die Sparer finanziert", so Hahn. "Und ich würde nicht ausschließen, dass es noch zwei bis drei Jahre so bleibt." Die Zentralbanken würden nämlich erst zu normalen Zinsen zurückkehren, wenn das Trend-Wachstum wieder so hoch ist wie vor der Krise. Und das kann noch dauern.

Bilder: Österreicher sparen immer weniger

Die tiefen Zinsen treffen auch all jene, die eine Lebensversicherung abschließen. Denn die Garantiezinsen, die die Versicherungen den Kunden bis zum Ablauf des Vertrages jährlich versprechen, werden weiter sinken. Wer jetzt noch eine Lebens-Polizze erwirbt, bekommt 1,75 Prozent. Die Diskussion über eine Zinssenkung sei im Laufen, sagt Manfred Rapf vom Versicherungsverband. Möglich sei eine Reduktion auf 1,5 oder sogar 1,25 Prozent ab dem kommenden Jahr.

Die Garantiezinsen werden bei Erlebensversicherungen auf die eingezahlte Prämie minus Versicherungssteuer, Abschluss- und Verwaltungskosten gezahlt. Bei Ablebensversicherungen wird auch noch ein Risikoanteil abgezogen. Der Verein für Konsumentenschutz (VKI) hat diese Kosten mehrmals als viel zu hoch kritisiert. Nur 80 Prozent der einbezahlten Prämien der Kunden würden tatsächlich veranlagt. „Stimmt nicht“, kontert Rapf und nennt ein Beispiel: Bei einem Einmalerlag von 10.400 Euro für eine Erlebensversicherung auf zehn Jahre würden nach Abzug der Steuer und der Kosten mehr als 90 Prozent veranlagt. Damit könne ein jährlicher Ertrag von 1,01 Prozent erzielt werden. Das sei im Vergleich zum Sparbuch nicht schlecht.

Rapf ist überzeugt, dass es für die private Altersvorsorge keine Alternative zur Lebensversicherung gebe. Österreich hinke im EU-Vergleich aber nach: Der Anteil der Lebensversicherungsprämien an der Wirtschaftsleistung sei nur halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt.

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