Österreichs Sparer haben allein heuer 1,76 Mrd. Euro verloren

Österreichs Sparer haben allein heuer 1,76 Mrd. Euro verloren
Sparguthaben verlieren an Wert, weil die Zinsen unter der Inflation liegen. Der Verlust macht seit 2010 laut EcoAustria 11,7 Mrd. Euro aus.

Wohin mit dem Geld? Diese Frage stellen sich derzeit viele Österreicher. Die Zinsen für Spareinlagen oder sichere Staatsanleihen sind mit freiem Auge kaum sichtbar. Und wenn es ums Finanzvermögen geht, wollen die heimischen Haushalte vor allem eines: Sicherheit.

Dafür nehmen sie gewaltige Werteinbußen in Kauf. Denn mit den Zinsen auf Sparbuch und Co. lässt sich die Teuerung nicht hereinverdienen. Die Folge sind reale Zinsverluste: Es steht zwar ein höherer Betrag auf dem Konto, man kann sich darum aber weniger kaufen. Die Beträge, um die es dabei geht, sind alles andere als eine Kleinigkeit. Schon zwischen 2010 und 2012 haben sich die realen Zinsverluste für Österreichs Sparer – auf dem Girokonto und Sparbüchern mit oder ohne Laufzeit – auf 9,94 Mrd. Euro summiert. Im ersten Halbjahr 2013 ist noch einmal ein Wertverlust von 1,76 Milliarden Euro dazu gekommen, hat das Forschungsinstitut EcoAustria für den KURIER berechnet. Der Verlust durch die negativen Realzinsen hat sich also weiter beschleunigt.

„Der Grund dafür ist, dass die Zinssätze für Einlagen noch einmal gesunken sind“, sagt Ludwig Strohner von EcoAustria. „Andererseits klingt die Inflation etwas ab. Das mildert den Effekt zumindest ein wenig.“ Dass die Kaufkraft weiter schrumpft, wird sich so rasch nicht ändern. Die Europäische Zentralbank hat sich festgelegt, dass die Leitzinsen auf absehbare Zeit auf dem Rekordtief bleiben.

Niedrigste Sparquote

Eine Folge sieht man bereits: Österreichs Bevölkerung legt so wenig Geld auf die hohe Kante wie nie zuvor – nur 5,2 Prozent des verfügbaren Einkommens. Die Sparquote ist damit Mitte 2013 auf einen historischen Tiefstand gefallen. Zum Vergleich: Seit 2001 lag die Sparquote in Österreich durchschnittlich bei 9,2 Prozent.

Wo fließt das ganze Geld dann hin? Zum einen ist schlicht weniger da. Wenn man die Inflation einrechnet, haben die Privathaushalte seit etwa einem Jahr weniger Einkommen verfügbar. Und was im Geldbörsel bleibt, das geben die Österreicher lieber aus.

Konjunkturstütze

Aus Sicht der Wirtschaft ist das erfreulich, sagte Andreas Ittner, Direktor der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), am Dienstag: „Die Konsumausgaben sind in Österreich über die Jahre immer im Wachstumsbereich geblieben.“ Zusammen mit stabilen Investitionen in die Realwirtschaft stützt das die Konjunktur. Für das Gesamtjahr 2013 erwartet die OeNB noch eine etwas höhere Sparquote von rund 7 Prozent.

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Weil weniger zurückgelegt wird, ist das finanzielle Vermögen seit Jahresbeginn praktisch nicht gestiegen: Die Haushalte haben unverändert 490 Mrd. Euro veranlagt (siehe Grafik). Fast die Hälfte – 231 Milliarden – werden als Bargeld, auf Girokonten oder Sparbüchern gebunkert. Jeder fünfte Euro wird sogar sofort verfügbar gehalten: „In Zeiten mangelnder Orientierung suchen die Sparer größtmögliche Flexibilität“, erläutert OeNB-Chefstatistiker Johannes Turner.

Sind die Österreicher unvernünftig, wenn sie Verluste in Kauf nehmen? Nein, sagt Ittner. Er sieht eine rationale Überlegung: „Jeder Haushalt schätzt seine Risikobereitschaft ein. Wer nichts riskieren will, hält das Geld verfügbar. Wer einen Sicherheitspolster hat, sucht Papiere mit höherer Rendite.“ So haben die Österreicher trotz insgesamt sinkender Finanzanlagen im ersten Halbjahr 1,6 Mrd. Euro mehr in Investmentfonds (vor allem Geldmarkt-, Renten- oder Immobilienfonds ) veranlagt.

Auch die richtige Aktie kann sich auszahlen, zeigt eine KURIER-Rechnung: Ein Sparbuch mit zwei Jahren Laufzeit, auf das Anfang 2010 10.000 Euro gelegt wurden, brachte knapp 1000 Euro Zinsgewinn. Wer auf die Aktie der Post AG gesetzt hat, hat seinen Einsatz durch Kursgewinn und Dividenden mehr als verdoppelt (Steuern, Spesen und Inflation nicht berücksichtigt).

Bilder: So spart Österreich

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Die Sparzinsen sind im Keller – und werden "noch ein paar Jahre niedrig bleiben", so Peter Bosek, Privat- und Firmenkundenvorstand der Erste Bank.
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Entsprechend ist die Lust am Sparen ist in den vergangenen Jahren gesunken: Nur 72 Prozent halten es aktuell "wichtig, Geld beiseitezulegen". 2009 waren es noch etwa 80 Prozent. Das zeigt eine aktuelle IMAS-Studie im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen.
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Dennoch sparen die Österreicher mehr – der monatliche Sparbetrag wuchs heuer gegenüber dem Vorjahr von durchschnittlich 170 auf 181 Euro an.
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Die Motive für das Sparen sind hauptsächlich finanzielle Absicherung und geplante größere Anschaffungen.
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Fast jedem zweiten Sparer (45 Prozent) ist die Verzinsung am Sparbuch "sehr wichtig".
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Für die überwiegende Mehrheit zählten Werte wie Sicherheit (70 Prozent) und schnelle Verfügbarkeit (60 Prozent) aber stärker.
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Nur etwa jeder Zweite kennt den Zinssatz auf seinem Sparbuch, rund ein Drittel hat diesbezüglich "gar keine Ahnung".
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APA/BARBARA GINDLAPA6517408-2 - 18012012 - SALZBURG - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Illustration zum Thema "Sparen, Anlage und Zahlungsverkehr". Im Bild: Ein Sparbuch und Geldscheine in einem Geldinstitut am Freitag, 13. November 2009, in Salzburg (gestellte
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Der Anteil der Bausparer ist seit 2010 von 58 auf 66 Prozent gestiegen.
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Lebensversicherungen bewegen sich mit einem Anteil von 41 Prozent auf stabilem Niveau.
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Rund jeder Vierte zahlt in die staatlich geförderte Pensionsvorsorge ein.
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Auf Wertpapiere und Fonds setzt ebenfalls rund ein Viertel.
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11 Prozent der Österreicher – also rund 800.000 Personen - nutzen bereits Banking-Apps. Die Zahl der Nutzer steigt überproportional stark an, so die Studie.
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Was die Lust am Sparen fördern kann, sind neue Sparformen: 13 Mio. wurden bereits übers Smartphone bzw. als Rundungsbetrag beim Einkaufen auf die Sparbücher gelegt. Mit dem Sparbuch am Smartphone (Impulsspar-App) wurden hierzulande von Kunden der Erste Bank und Sparkasse bereits 5,7 Mio. Euro spontan per Knopfdruck angespart.
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Über Rundungssparen, wo beim Einkaufen automatisch zum nächsten Euro aufgerundet wird und der Differenzbetrag auf ein Sparbuch wandert, sind schon 7,3 Mio. Euro gespart worden. Die neuen Sparformen wurden voriges Jahr eingeführt.

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