Zementkonzern zahlte Schutzgeld an IS

Zementkonzern zahlte Schutzgeld an IS
Konzernchef muss nach Affäre abtreten, Deal mit Terrororganisation IS erschüttert den Zement-Weltmarktführer.

Der Skandal um Schutzgeldzahlungen an die Terrororganisation IS in Syrien hat für den Schweizer Zement-Konzern LafargeHolcim (100.000 Mitarbeiter) Konsequenzen. Laut Nachrichtenagentur Reuters tritt Konzernchef Eric Olsen Mitte Juli nach nur zwei Jahren in dem Amt zurück. Menschenrechtsorganisationen hatten 2016 eine Anzeige eingereicht. Sie warfen dem Unternehmen vor, die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) bezahlt zu haben, um den Betrieb eines Werks in Syrien aufrechtzuerhalten. Inzwischen räumte LafargeHolcim ein, dass das Unternehmen "über Mittelsmänner Zahlungen an bewaffneten Gruppen gemacht habe, um die Versorgung des Werks und die Bewegungsfreiheit der Mitarbeiter sicherzustelle", heißt es weiter.

"Einer internen Untersuchung zufolge seien die Maßnahmen zur Weiterführung des Betriebs in dem nordsyrischen Werk 2013 und 2014 nicht akzeptabel gewesen", teilte der Konzern mit. "Olsen trage aber keine Verantwortung für die Fehler. Der Vorstandschef erklärte, er trete zurück, um die Spannungen beizulegen, die sich rund um den Syrien-Fall entwickelt hätten".

„Obwohl ich in keinerlei Fehlverhalten involviert war oder davon Kenntnis hatte, denke ich, dass mein Rücktritt dazu beitragen wird, Ruhe in ein Unternehmen zu bringen, das während Monate diesbezüglich im Zentrum der Aufmerksamkeit stand", teilte Olson am Montag mit. Pikant ist die Sache deshalb, weil Olsen einen französischen und einen US-Pass besitzt.

Der Fall könnte auch ein juristisches Nachspiel haben. Im Oktober hatte eine französische Staatsanwaltschaft in Zusammenhang mit Geschäften in Syrien Ermittlungen aufgenommen. Denn: Das inzwischen aufgelassene Werk gehörte damals der französischen Lafarge. Lafarge fusionierte 2014/15 mit dem Holcim-Konzern.

LafargeHolcim habe umgehend die Suche nach einem Nachfolger für Olsen eingeleitet. Solange die Stelle nicht besetzt sei, übernehme Verwaltungsrats-Präsident Beat Hess interimistisch die Leitung des Unternehmens. Europa-Chef Roland Köhler tritt zudem Mitte Juli die Funktion als Chief Operating Officer an.

Aktie gab nach

Obwohl LafargeHolcim nicht mit wesentlichen finanziellen Belastungen durch den Syrien-Fall rechnet, reagierten die Anleger negativ. Die Aktie sank um 1,2 Prozent, während der europäische Bauaktienindex aus Erleichterung über die Frankreich-Wahlen um 2,7 Prozent kletterte. „Das gegenwärtige Management-Vakuum dürfte die ohnehin schon ambitiösen Ziele um zwölf Monate zurückwerfen,“ erklärte Bernstein-Analyst Phil Roseberg. Die Suche nach einem neuen, wahrscheinlich von außen kommenden CEO und mögliche strategische Korrekturen kosteten Zeit.

Bis 2018 will das Zürcher Unternehmen den bereinigten Betriebsgewinn auf sieben Milliarden Franken steigern von zuletzt 5,8 Milliarden. Der Zusammenschluss der französischen Lafarge und der Schweizer Holcim Mitte 2015 war eine schwere Geburt, weil die Kulturen der beiden Firmen nicht richtig zusammen passten.

Der Hintergrund

Viele Manager verließen das Unternehmen in dem Prozess, darunter auch Präsident Wolfgang Reitzle. Olsen, der als Konzernchef nur zweite Wahl war, hatte laut Reuters einen schweren Start, der neugeschaffene Konzern hinkte Konkurrenten wie HeidelbergCement zunächst hinterher. Immerhin begannen die Sparanstrengungen inzwischen zu greifen begonnen und das Unternehmen schien Kurs auf ruhigere Gewässer zu nehmen.

Die Syrien-Affäre kommt laut Reuters deshalb zur Unzeit. Der von externen Anwälten erarbeitete Bericht kommt zum Schluss, dass neben lokalen Mitarbeitern auch Mitglieder des Konzernmanagements von den Verletzungen der Geschäftsgrundsätze wussten. Namen nannte LafargeHolcim keine. "Der Verwaltungsrat habe aber nicht den Eindruck, dass Olsen von dem Fehlverhalten Kenntnis hatte", hieß es weiter. Er war auch in der betreffenden Zeit für die operativen Abläufe bei Lafarge verantwortlich.

Olsen ist nicht der erste, der über die Syrien-Affäre stolpert. Zuvor hatte bereits der frühere Lafarge-Lenker Bruno Lafont seinen Rückzug aus dem LafargeHolcim-Verwaltungsrat angekündigt, ohne allerdings einen klaren Grund zu nennen.

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