Zahl der "Arbeitslose"-Sperren deutlich gestiegen

Aktuell gibt es fast 62.000 offene Stellen
Heuer schon mehr als 8000 Fälle von Arbeitsvereitelung. Gänzliche Arbeitsunwilligkeit ist aber selten.

Die Wirtschaftskammern in Tirol und Oberösterreich riefen zuletzt ihre Mitglieder auf, Arbeitslose, die zu einem Bewerbungstermin gar nicht erscheinen oder sich nur den Bestätigungsstempel holen, konsequent dem Arbeitsmarktservice (AMS) zu melden. Das AMS begrüßt diese Initiative ausdrücklich, weil die Rückmeldungen der Betriebe sowohl für den Bewerbungsprozess selbst als auch als Ausgang für Sanktionen wichtig sind.

Pauschalverdacht

AMS-Chef Johannes Kopf warnt aber vor dem Pauschalverdacht, dass viele Arbeitslose gar nicht arbeiten wollen. "Davon gibt es viel weniger als man glaubt. Ich sage den Betrieben oft, dass diese Menschen nicht prinzipiell nicht arbeiten wollen, sondern eben genau ihren Job nicht wollen, das ist ein Riesenunterschied", so Kopf am Montag im Ö1 Mittagsjournal. Arbeitszeit, Bezahlung, Tätigkeit, Nähe zum Wohnort oder viele andere Bedingungen würden oft nicht passen. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz regelt, welche Jobs zumutbar sind und welche nicht.

Kritik, dass das AMS Arbeitsunwilligkeit nicht entsprechend ahndet, lässt Kopf nicht gelten. So sind im ersten Halbjahr 2016 schon 50.698 Sperren von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe verhängt worden, um fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Den größten Anstieg gab es mit 21 Prozent auf 7974 Fälle bei den Sperren "wegen Verweigerung oder Vereitelung einer Arbeitsaufnahme oder Schulungsmaßnahme".

Sechs Wochen

In einem solchen Fall wird das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe zunächst für sechs Wochen, im Wiederholungsfall für acht Wochen gesperrt. Bei gänzlicher Arbeitsunwilligkeit kann die Arbeitslose auch komplett gestrichen werden. Das kam im ersten Halbjahr jedoch nur in 117 Fällen vor. "Jemanden die finanzielle Absicherung zu streichen, ist eine sehr harte Maßnahme", meint AMS-Sprecherin Beate Sprenger. Dafür reiche nur die Angabe eines Betriebes nicht aus, es werde selbstverständlich der Betroffene auch angehört. Die Sperren wegen Arbeitsverweigerung machen nur einen Bruchteil der Sanktionen aus, am häufigsten (fast 30.000 Fälle) wird der Geldbezug wegen versäumter Kontrolltermine beim AMS verhängt. Am zweithäufigsten verstoßen die Arbeitslosen gegen die vierwöchige Wartefrist bei der Selbstkündigung.

Martin Gleitsmann, zuständig für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, unterstützt den Aufruf der Tiroler und oberösterreichischen Kammer. "Es muss Sanktionen geben, wenn jemand nicht arbeiten will. Auch die Betriebe müssen Strafe zahlen, wenn sie irgendeine Vorschrift nicht einhalten", pocht er auf gleiche Behandlung. Wie eine solche Meldung systematisch ablaufen könnte, sei aber unklar. Die Unternehmen jedenfalls hätten schon genug mit Bürokratie zu kämpfen.

Kommentare