Wüstenpower

Kraftwerk Sonne: Der deutsche Wüstenstrom-Pionier Gerhard Knies spricht auf der greenEXPO in Wien über die Zukunft von Desertec.

Ihr Seufzen ist leise, aber doch hörbar. Desertec, also das Anzapfen der Sonne über der Sahara, führe die Welt in eine „Sackgasse". Das sagt die renommierte Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, Wissenschaftlerin des Jahres 2005. Ihre Kritik an dem Megaprojekt in der Wüste geht noch tiefer: „Immer wenn bei uns etwas knapp wird, seien es Sklaven, Rohstoffe oder, wie jetzt, Energie, dann holen wir es uns aus Afrika".

Sätze wie diese schmerzen Desertec-Erfinder Gerhard Knies. „Lächerlich, die nordafrikanischen Länder brauchen Jobs und Einkommen. Der Wunsch, solarthermische Kraftwerke zu bauen, kommt von dort." Der Deutsche ist diese Woche Gast auf dem Green World Forum bei der Öko-Zukunftsmesse greenEXPO, um für das 400-Milliarden-Dollar-Projekt des Konsortiums um Siemens zu werben.

Schwerer als dieses Geplänkel unter Experten wiegen wirtschaftliche Bedenken. „Wüstenstrom, eine Fata Morgana?", fragte vor Kurzem das Wochenmagazin Die Zeit . Grund für die Skepsis der Wirtschaft ist der Preisverfall bei der Fotovoltaik, der Strom vom Dach sei durch gezielte Fördermaßnahmen heute eine ernste Konkurrenz bei der Nutzung der Sonne.

Beide Verfahren haben Vorteile. Solarthermische Spiegel-Kraftwerke erzeugen Dampf, der eine Turbine antreibt, benötigen aber große Flächen und lange Übertragungsleitungen. Bei der Elektrizität vom Dach (FV, Fotovoltaik) wird Sonnenlicht über Halbleitermaterialien wie Silizium direkt in Elektrizität umgewandelt. Der Preis für FV-Module ist seit Anfang des Vorjahres um 40 Prozent gefallen, Dachstrom wird immer günstiger.

Pläne

Wüstenpower

Die Folge: Im Süden der USA werden Fotovoltaik-Großkraftwerke gebaut, wo ursprünglich solarthermische Stromfabriken geplant waren. Knapp 3000 Megawatt Kraftwerksleistung sind laut dem US-Marktforscher GTM Research umgewidmet worden. Ob aus den Plänen für Desertec noch etwas wird, ist offen. Bis 2050 wollte das Konsortium die Energieversorgung der nordafrikanischen Staaten sichern und 15 Prozent des europäischen Strombedarfs decken.

An der Technologie liegt es nicht, dass die Solarthermie ins Hintertreffen geraten ist – sie funktioniert zuverlässig. Selbst die 25 Jahre alten Parabolrinnenkraftwerke, die unter US-Präsident Jimmy Carter in der Wüste von Las Vegas gebaut wurden, sind bis heute in Betrieb, insgesamt eine Million Spiegel. Ein weiterer Vorteil der thermischen Solarkraftwerke. Ihre mithilfe der Spiegel erzeugte Hitze lässt sich einige Stunden lang speichern. Daher kann Wüstenstrom auch nachts geliefert werden, wenn aus den Solarzellen vom Dach keine einzige Kilowattstunde mehr fließt.

 

Modell Marokko

„Es ist gerade eine schwierige Phase", sagt Gerhard Knies. Er meint damit die politisch instabile Situation in Ländern wie Ägypten. An seiner Vision hält er fest. „Ohne natürliche Energieressourcen ist Nordafrika abhängig von Öl- und Gasimporten. Wenn die Preise in die Höhe gehen, können einige Länder den Laden dichtmachen." Immerhin: In Marokko entsteht derzeit ein Referenzprojekt mit 150 Megawatt, das Strom nach Spanien liefern soll.

greenExpo: Zum zweiten Mal in Wien

Die Welt von morgen Am Wiener Heldenplatz gastiert vom 11. bis zum 13. Mai die Öko-Messe „greenEXPO12“. Der Veranstalter, die Agentur PrimaVista, hat sich dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben. Im Vorjahr wurden 55.000 Besucher gezählt. Der Eintritt zur grünen Expo ist frei. Unter den Themen finden sich Green Living, Energie, Essen, Lifestyle und Mobilität. Elektroautos und E-Bikes stehen zum Testen zur Verfügung.

Das Rundherum In einem eigenen EXPO-Restaurant werden Menüs kreiert – von Toni Mörwald, Wini Brugger oder Meinrad Neunkirchner. In Eco-Fashion-Shows werden Modelle aus nachhaltiger Produktion präsentiert.

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