Wo Österreichs Forscher top sind

Wo Österreichs Forscher top sind
Spitzenleistung an Universitäten, aber zu wenig Entwicklungschancen im Land.

Wer glaubt, die Innovationen im Bereich Digitalisierung und künstliche Intelligenz stammten fast allesamt aus dem kalifornischen Silicon Valley und Österreichs Forscher würden in diesem Feld nur unbedeutende hintere Plätze belegen, der irrt: "Österreich ist die Heimat für Forschung im Bereich künstlicher Intelligenz mit weltweit tonangebenden Lösungen", lautet die überraschende Antwort des Projekts "Digitale Zukunft Österreichs".

Dafür hat das Beratungsunternehmen KPMG Interviews und Workshops mit Managern von 50 heimischen Großunternehmen durchgeführt. Diese identifizierten die Hotspots der Forschung an künstlicher Intelligenz an den Universitäten Innsbruck, Linz und Klagenfurt sowie an den Technischen Unis in Wien und Graz. Österreich sei Vorreiter in der Verwendung der mathematischen Logik in der künstlichen Intelligenz, betont Studienleiter Werner Girth von KPMG.

Bekannt bei Apple und Google

Der Befund von KPMG ist durchaus erfreulich. Doch während die international "Großen Fünf der Digitalisierung", darunter Google und Apple, die Leistungen der österreichischen Spezialisten zu schätzen wissen, nimmt dies die Politik kaum wahr. "Der Forschungsstandort Johannes Kepler Universität Linz mit Professor Sepp Hochreiter genießt bei Apple, Google, Zalando oder Audi den besten Ruf. Absolventen dieses Fachbereichs sind international heiß begehrt", betont Girth.

Das ist aber eines der großen Probleme Österreichs: Spitzenforscher bleiben meist nicht hier. Mangels Entwicklungsmöglichkeiten wandern sie ins Ausland, meist in die USA ab. Girth ist überzeugt, dass die Politik hier gegensteuern müsste. Geldmittel müssten zielgerechter für Grundlagenforschung sowie für Anwendung in Unternehmen bereitgestellt werden. Zudem sollten Kompetenzregionen wie etwa Oberösterreich rund um die Uni Linz gestärkt werden. Insgesamt gebe es zwar genügend Geld für Forschung in Österreich. Das Geld werde aber nicht effizient genug eingesetzt, lautet die Diagnose des Beraters. Zwei Punkte bereiten KPMG Sorgen: Erstens würden in Österreich zu wenig gute Informatiker ausgebildet. Und zweitens fehle in der Bevölkerung die Akzeptanz von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz. "Ängste vor dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen dominieren", sagt Girth. Hier müsse die Politik gegensteuern.Österreich habe aber noch in einem weiteren Bereich beste Chancen, international vorne mitzuspielen: der intelligenten Mobilität. Das gut ausgebaute öffentliche Verkehrsnetz, viele Top-Unternehmen im Bereich Autozulieferung und zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten durch die Forschungsförderungsgesellschaft stellen eine perfekte Basis dar, damit Österreich den Bereich der intelligenten Mobilität aktiv mitentwickeln könne. Bedauerlicherweise sei gerade die Stadt Wien in diesem Bereich zurückhaltend, kritisierte Girth.Verwaltung besser als ihr RufDer dritte Bereich, den die Manager in Österreich als vorbildlich identifiziert haben, ist die Verwaltung. "Österreich ist Top-Performer bei E-Government. Der viel gescholtene elektronische Krankenakt ELGA ist international vorbildlich, ebenso die Online-Steuererklärung", betont der KPMG-Experte. Gelobt wurde die behördenübergreifende Plattform HELP.gv.at als zentrale Anlaufstelle für Bürger, die Behördenwege erledigen müssen.Was Österreich fehlt: ein sicherer Datenhafen, auf den nur über Datentreuhänder zugegriffen werden könne. Auch hier könnte sich Österreich als neutrales Land international profilieren. Und nicht zuletzt: ethische und philosophische Schulung der Spezialisten, damit das digitale Zeitalter auch menschlich wird.

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