Wirtschaftsnationalismus: Trump ist nicht der Erfinder

"Buy American"-Dekret: Die Vergabe öffentlicher Aufträge war immer schon umstritten - lange vor Trump.

Wisconsin ist einer der Swing States, dank denen Donald Trump US-Präsident wurde. Darum unterzeichnete er dort sein jüngstes Dekret: "Kauft in den USA, stellt Amerikaner ein" (Buy American, Hire American). Auf dem Gelände des Werkzeugfabrikanten Snap-On setzte Trump – vor einer US-Flagge aus bunten Schraubenschlüsseln – seine Unterschrift unter das Papier.

Trump will, dass öffentliche Institutionen bei der Güterbeschaffung und Aufträgen US-Anbieter und Arbeiter "aggressiv bevorzugen".

Was allerdings kein so großer Sinneswandel ist, wie er es darstellt.

Obamas Idee

"Buy American" war eine Erfindung von Trumps Vorgänger Barack Obama. Das Gesetz fand sich im Konjunkturpaket, das dieser 2009 als Reaktion auf die Wirtschaftskrise schnürte. Demnach durften bei geförderten Investitionen und Projekten nur in den USA hergestellte Güter verwendet werden – etwa Eisen und Stahl.

Überprüfung

Das Trump-Dekret ändert vorerst wenig. Erster Schritt ist eine Evaluierung der gängigen Praxis; der Präsident will weniger Ausnahmen. Bisher durfte "Buy American" im "öffentlichen Interesse" ausgesetzt werden – zum Beispiel, wenn Güter oder Services nicht oder nicht in der nötigen Qualität in den USA erhältlich waren.

TTIP-Zankapfel

Die restriktive Handhabe der öffentlichen Beschaffung war lange vor Trump ein Streitpunkt in den TTIP-Verhandlungen mit der EU. US-Staaten und Großstädte liefen Sturm dagegen, künftig EU-Bewerber bei Ausschreibungen zulassen zu müssen. Die EU-Verhandler forderten aber die Öffnung dieser Märkte.

EU-Bigotterie

Die US-TTIP-Verhandler warfen den Europäern im Gegenzug vor, dass US-Firmen zwar von Gesetz wegen nicht von EU-Aufträgen ausgeschlossen seien. Sie kämen aber in der Praxis nie zum Zug. Eine französische Studie berechnete 2016, dass sowohl in den USA wie in der EU nur je 4 bis 5 Prozent der Aufträge an ausländische Anbieter vergeben wurden. Wobei: Andere Ökonomen kontern, darin seien nicht alle Auftragsarten berücksichtigt worden. Und für die USA fehlten Daten, um einen stichhalten Vergleich mit der EU anstellen zu können.

WTO-Abkommen

Die USA haben zwar das 2014 in Kraft getretene Abkommen über öffentliche Aufträge der Welthandelsorganisation WTO (Government Procurement Agreement) unterschrieben – so wie weitere 46 Staaten (von 164 WTO-Mitgliedern). Jetzt sagt Trump, das sei ein "Desaster". Ausländische Firmen hätten in den USA Regierungsaufträge um 837 Mrd. Dollar, US-Firmen im Ausland aber nur um 381 Mrd. Dollar erhalten.

Rot-weiß-rote Schwellen

Auch Österreich ist nicht ganz gefeit vor Wirtschaftsnationalismus: siehe Schwellenwertverordnung, die 2012 aus der Krise geboren und zwei Mal (zuletzt bis Ende 2018) verlängert wurde. Demnach dürfen öffentliche Aufträge unter 100.000 Euro "freihand" vergeben werden.

Veni, vidi, Visa

Eine Verschärfung kündigte Trump auch bei Visa für ausländische Fachkräfte (H1B) an: Diese würden von den Firmen momentan zu Lohndumping missbraucht, behauptete der US-Präsident in Wisconsin. Künftig soll statt der Zuteilung nach dem Zufallsprinzip die höhere Qualifikation des Bewerbers entscheiden, ob jemand ein Visum erhält oder nicht.

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