"Die Kasse muss gut gefüllt sein"

In den USA gibt es derzeit 600 Tochterfirmen österreichischer Unternehmen, darunter rund 200 produzierende. Strom und Gas ist in den USA deutlich billiger.
Heimische Unternehmen blicken vermehrt über den Atlantik. Wirtschaftsdelegierter im Gespräch.

Österreich kommt als Standort bei US-Unternehmen nicht gut weg. Hundert Manager von US-Firmentöchtern in Österreich bewerten die Attraktivität des Standorts auf einer Skala von plus/minus Hundert mit minus 30 und damit so schlecht wie nie zuvor, zeigt das Business-Barometer (2. Halbjahr/2014), erstellt von der US-Handelskammer in Österreich und PricewaterhouseCoopers. Bei der ersten Erhebung im März 2011 lag der Wert noch bei plus 21.

Bei heimischen Unternehmen hingegen stehen die Vereinigten Staaten derzeit hoch im Kurs. "Das Interesse an den USA ist spürbar gestiegen", sagt Peter Sedlmayer, Wirtschaftsdelegierter in Chicago zum KURIER. "Nicht zuletzt, seit mit Russland ein Exportmarkt stark leidet." Das WIFO beziffert den volkswirtschaftlichen Schaden für Österreich durch die Sanktionen gegen Moskau auf bis zu 775 Millionen Euro. So suchen Firmen nach neuen Absatzmärkten, viele sind zum Sprung über den großen Teich bereit.

"Hier herrscht Optimismus, Wirtschaft und Konsum entwickeln sich positiv", sagt Sedlmayer. Die Wirtschaft wuchs im dritten Quartal mit plus fünf Prozent so stark wie seit 2003 nicht mehr. Die Arbeitslosenquote (5,9 Prozent) ist auf dem niedrigstem Stand seit sechs Jahren. Das Budgetdefizit schrumpft (2014: 2,8 Prozent; 2009: 9,8 Prozent).

Die Unternehmen investieren wieder mehr (plus 8,9 Prozent) und das Volk zeigt sich kauffreudig. Die Börsen feiern fröhliche Urständ und schicken den Dow Jones auf immer neue Höchststände. Die Kehrseite: Schulden über 18 Billionen Dollar; addiert man Hypotheken, Konsumkredite und Unternehmensschulden: 60 Billionen Dollar.

Billige Energie lockt – Strom kostet die Hälfte, Gas ein Drittel bis ein Viertel – und treibt die von Präsident Barack Obama eingeleitete Reindustrialisierung voran. Durch den Shale-Boom schwimmen die Staaten im Öl. Gemeinsam mit fehlenden CO2-Zertifikaten zieht das energieintensive Branchen an. Entgegenkommt den USA auch, dass China längst nicht mehr die billige Welt-Werkbank ist. Die Lohnstückkosten betrugen in China vor zehn Jahren etwa 40 Prozent des US-Niveaus, heute sind es über 70 Prozent.

Facharbeitermangel

Mehr als 600 Tochterunternehmen gibt es laut Außenwirtschaft in den USA, darunter rund 200 produzierende. Sie seien "grosso modo" zufrieden, sagt Sedlmayer. Beklagt werde in der produzierenden Sparte ein Mangel an qualifizierten Facharbeitern. Die voestalpine steuert im Bundesstaat Georgia mit einem dualen Ausbildungsmodell, ähnlich der Lehre, gegen. Eine Unsicherheit: Die Bindung der Arbeiter an ein Unternehmen sei in den USA nicht so hoch wie in Österreich, sagt Sedlmayer. So seien Arbeiter bei besserer Bezahlung wechselwilliger.

„US-Interesse ist auch bei kleineren Unternehmen vorhanden“, erzählt Gerald Obritzberger. Mit seiner im Vorjahr gegründeten Firma Gora Corp. und Partner Robert Lang begleitet der gebürtige Oberösterreicher, der zuvor in der Autozulieferindustrie tätig war, von Chicago aus Unternehmen mit US-Ambitionen von der Marktanalyse über den Markteintritt hinaus.

Seine Kunden: Überwiegend kleine und mittlere Unternehmen aus der Öl/Energie-, Automotive- und Aerospace-Branche. Planen Firmen in die Staaten zu kommen, sollte „die „Kasse gut gefüllt sein“, rät Obritzberger. „Man sollte schon ein Budget über zwei, drei Jahre bereitstellen; dabei Kosten für Anwälte, Versicherungen nicht vergessen und Stand- beziehungsweise Leerzeit einrechnen.“ Auch Messen wären nicht billig. Und Verständnis für Marketing müsse man haben. „Die Qualität allein ist für den Erfolg eines Produktes eher nebensächlich. Marketing zählt. Die Amerikaner interessiert in erster Linie, was sie mit dem jeweiligen Produkt verdienen können. Es ist ein Land der Händler.“ Dieses Verständnis würde manchmal bei österreichischen Firmen fehlen. Sonst noch mitzubringen: „100-prozentige Bereitschaft, sich auf Land und Leute einzulassen. Bissl Amerika funktioniert nicht.“

Starke Zuwächse Die USA sind nach China Österreichs wichtigstes Übersee-Exportland: In der ersten Hälfte 2014 legten die Warenausfuhren mit 3,7 Milliarden Euro um sechs Prozent zu, 2013 lagen der Export bei rund 7,1 Milliarden Euro (plus 1,9 Prozent).

Die Direktinvestitionen in den USA haben sich laut Nationalbank zwischen 2006 und 2012 auf 5,5 Mrd. Euro verdoppelt.

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