Casinos contra Finanzministerium

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Konzessionsbescheide: Forensiker sollten politische Interventionen nachweisen / VfGH prüft Glücksspielgesetz.

Im Finanzministerium wundert man sich. Passiert schließlich nicht alle Tage, dass abgeblitzte Antragsteller Bescheide forensisch durchleuchten lassen. Doch in der Glücksspielindustrie liegen derzeit bei allen Playern die Nerven blank.

"Sehr seltsam, so vorzugehen. Üblich ist das nicht", staunt man in der Himmelpfortgasse über ein Gutachten, das im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde. Von der Kanzlei Lansky Ganzger + partner, Vertreter der Casinos Austria (Casag). Der Monopolist hatte bei der Ausschreibung um zwei neue Casinos-Konzessionen in Wien und eine in Niederösterreich bekanntlich gegen den Novomatic-Konzern und die Schweizer Stadtcasino Baden AG verloren. Und focht alle Bescheide an.

Casag-Chef Karl Stoss äußerte den Verdacht, die Entwürfe der Bescheide seien nach politischen Interventionen im Finanzministerium umgeschrieben worden. Ursprünglich hätte die Casag alle drei Konzessionen bekommen sollen. Gemeint waren NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll, ÖVP, und Wiens Bürgermeister Michael Häupl, SPÖ. Das Ministerium dementierte umgehend.

Die BDO, die bereits die Skandal-Vergangenheit der Telekom Austria durchleuchtete und zu den "Big Four" der Wirtschaftsprüfer gehört, erhielt am 19. August den Auftrag zur "Durchführung bestimmter forensischer Untersuchungshandlungen in Zusammenhang mit Bescheiden des Bundesministers für Finanzen ...". Geprüft wurde auf Schlampigkeiten, Fehler, Argumentations- und Stilbrüche sowie auf Sonstige Auffälligkeiten. Mit dem Ziel, die Casag bei ihrer Beschwerde zu unterstützen.

Interventionen konnten die Forensiker nicht nachweisen, wie auch. Um festzustellen, ob die Bescheide tatsächlich nachträglich zulasten der Casag manipuliert wurden, müsste man auf die Festplatten der Glücksspiel-Kommission, die die Entscheidungen traf, und der Beamten im Ministerium zugreifen.

Für das Ministerium ist die Analyse trotzdem wenig schmeichelhaft. Die BDO-Prüfer listen akribisch "eine Reihe von Schreib-, Form- und Formatierungsfehlern" auf. Nicht ganz neu, Gabriel Lansky hatte öffentlich gewettert, die Bescheide seien von einer rechtlichen Qualität, dass es "einer Sau graust".

Die BDO moniert, dass Bestandteile älterer Bescheide übernommen wurden und eine genaue Evaluierung der Bewerbungsunterlagen der Casag unterlassen wurde. Bei der Bewertung der Eigenmittel und der betrieblichen Aufsicht sei es zu einer "einseitigen Beurteilung" zulasten der Casag gekommen. Vor der Ausfertigung der Bescheide sei "keine durchgehende abschießende Qualitätskontrolle" erfolgt. Die Ausführungen zur Casag seien im Vergleich zu den Mitbewerbern "tendenziell umfangreicher und mehr aus einem Guss". Die Casag will mit Hinweis auf die laufenden Verfahren keinen Kommentar abgeben.

Vor dem Hintergrund des seit Mitternacht gültigen Automaten-Verbots in Wien prüft der Verfassungsgerichtshof bereits das Glücksspielgesetz. Als sich das Verbot im Spätsommer immer klarer abzeichnete, brachte der Automatenbetreiber Cashpoint eine Individualbeschwerde bei den Verfassungshütern ein. Anwalt Martin Paar spricht von einem "rechtsfreien Raum" und einem "Kuddelmuddel zwischen Bundes- und Landesgesetzgebung".

Das Prüfungsverfahren des Höchstgerichts dürfte in einigen Monaten abgeschlossen sein. Das vom VfGH um eine Stellungnahme ersuchte Bundeskanzleramt konnte in seiner Expertise keine Verfassungswidrigkeit finden. Auch keine Überraschung.

Paar argumentiert gegen die Übergangsbestimmungen, die der Bund im Gesetz den Ländern einräumt. In Wien liefen diese Fristen Ende 2014 ab, die Steiermark etwa räumt den Anbietern länger Zeit ein. Die Konzessionen der Cashpoint-Automaten in Wien laufen allerdings bis 2019. Auch die Novomatic kündigte den Gang vor den Verfassungsgerichtshof an.

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