Bank Austria: Wilder Streit mit Europäischer Bankenaufsicht

Die Konzernzentrale der UniCredit in Mailand
Aufsehern ist Eigenkapitalquote in Österreich nach Osteuropa-Abspaltung zu dünn.

Die "alte" Bank Austria ist demnächst Geschichte – wenn es nach der italienischen Mutter Uni-Credit geht. Der Zeitplan für die Zerschlagung, oder freundlicher ausgedrückt, die Redimensionierung von Österreichs größter Bank ist präzise durchgetaktet. Am 1. August will die Hauptversammlung die Abspaltung des Osteuropa-Geschäftes – die Cash-Cow der Bank-Austria-Gruppe – absegnen. Am 1.10. soll die Trennung im Firmenbuch eingetragen und bis Jahresende 2016 abgeschlossen sein. Wenn, ja wenn nicht die Europäische Bankenaufsicht den Plan der UniCredit noch durchkreuzt. Für den Deal ist die Zustimmung von Finanzmarktaufsicht (FMA), Nationalbank und Europäischer Zentralbank (EZB)notwendig. Mit den Bankenaufsehern spießt es sich im Finish jedoch gewaltig. Die Nervosität zwischen Wien, Mailand (Sitz der UniCredit) und dem EZB-Tower in Frankfurt ist groß. Im Zentrum der äußerst heftigen Auseinandersetzungen steht die künftige Ausstattung der Bank Austria mit Eigenkapital. Darüber wird bereits seit mehr als einem halben Jahr verhandelt, doch auf den letzten Metern hat sich die Lage dramatisch zugespitzt. Fragt sich, ob der ehrgeizige Terminplan überhaupt hält. Die Verkleinerung der Bank könnte sich zumindest intensiv verzögern. Wenn nicht sogar scheitern. Der neue UniCredit-Boss Jean-Pierre Mustier bräuchte dann einen Plan B.

Bank Austria: Wilder Streit mit Europäischer Bankenaufsicht
ABD0017_20151110 - WIEN - ÖSTERREICH: Illustration zum Thema Bank Austria: Ein Bank Austria Logo aufgenommen am Sonntag, 8. November 2015, in Wien. - FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER

Gewinne im dreistelligen Millionenbereich

Die Bank Austria unterliegt dem sogenannten Single Supervisory Mechanism (SSM, Einheitlicher Aufsichtssmechanismus). Diese zentrale europäische Aufsicht überwacht die 129 systemrelevanten Banken in der Eurozone. Geprüft wird von einem Joint Supervisory Team, dem Mitarbeiter der FMA, der Nationalbank und der EZB angehören. Um nationale Extrawürste zu verhindern, stellt die EZB immer einen ausländischen Experten an die Spitze des Teams.Die UniCredit will nicht nur die nach wie vor höchst lukrativen Ost-Töchter der Bank Austria einkassieren, sondern auch Eigenkapital abziehen, das in Italien dringend gebraucht wird. Die Aufsicht allerdings "ist nicht gewillt, einer Abspaltung zuzustimmen, wenn die verbleibende Einheit in Österreich unterkapitalisiert wird", argumentiert man in Frankfurt. Auf Bankenseite wird der Kapitalabzug damit begründet, dass die Bank Austria als rein österreichisches Institut nicht mehr soviel Eigenkapital benötige. Im Inland verdient die Bank zwar wesentlich weniger als im Osten, hat aber auch keine so hohen Kreditrisiken. Die Größenordnungen:Im Vorjahr kamen 700 Millionen des Bank-Austria-Gewinnes aus Österreich, 600 Millionen steuerte Osteuropa (CEE) bei. 2015 war aber ein Ausreißer, weil Rückstellungen über 300 Millionen Euro aufgelöst wurden. In Normaljahren werden drei Viertel des Gewinnes im Osten erwirtschaftet.Die Bilanzsumme, quasi das gesamte Geschäftsvolumen, summierte sich im Vorjahr auf 193 Milliarden Euro. Und schrumpft nach der Abspaltung auf 105 bis 110 Milliarden.Der Nukleus Österreich besteht künftig nur noch aus dem Privat- und dem Firmenkundengeschäft, der Vermögensverwaltung für wohlhabende Kunden und dem Investmentbanking. Im Inland wird bekanntlich ein beinharter Sparkurs gefahren, mindestens 80 der 200 Filialen werden zugesperrt.

Bank Austria: Wilder Streit mit Europäischer Bankenaufsicht
Bank Austria, Filiale, Logo, Julius Tandler-Platz 3, 1090 Wien

Die Zahlen, die zwischen den Verhandlungsteams ausgetauscht werden, "ändern sich fast stündlich", ist zu hören. Wie auf dem Basar werde darum gefeilscht, wie tief die Bank Austria ihre Kernkapitalquote absenken kann, damit die Aufseher doch noch ihren Sanktus geben. Diese Quote liegt laut Bank-Angaben derzeit inklusive Osteuropa bei elf Prozent. Die Aufsicht hat sehr bestimmte Grenzen vorgegeben und will, ist zu hören, "ganz bestimmt nicht" unter elf Prozent gehen. Weshalb die Vorschläge der Gegenseite knallhart zurückgeworfen wurden. Auch wenn die Bank Austria künftig weniger Risiko-Kredite in ihrem Portfolio habe, werde man nicht zulassen, dass die Bank von Italien ausgebandelt werde, heißt es bei den Aufsehern. Die Kapitaldecke müsse der Ausstattung vergleichbarer Banken in Österreich entsprechen. Bank-Austria-Sprecher Martin Halama kalmiert und zeigt sich überzeugt, dass der ambitionierte Zeitplan hält: "Die Durchführung der CEE-Übertragung ist voll in Gange und wird erwartungsgemäß –wie bekannt gegeben – bis Ende des Jahres abgeschlossen werden". Die Bank Austria habe ihre regulatorischen Kapitalanforderungen "in der Vergangenheit immer übererfüllt und wird dies auch in Zukunft tun". Zur Auseinandersetzung mit den Aufsehern will Halama nichts sagen, Gerüchte kommentiere man grundsätzlich nicht. Von Gerüchten kann allerdings keine Rede sein.

Milliardenrücklagen für Renten

Die Höhe der Eigenkapitalquote ist maßgeblich für das Volumen der Kredite. Je mehr Eigenkapital, desto mehr Kredite können vergeben werden. Ein Prozentpunkt weniger Kapital wirkt sich deutlich auf die Kreditvergabe aus. Dass die Finanzierung der Wirtschaft endlich wieder in Schwung kommt, ist der heimischen Regierung ein großes Anliegen. Bundeskanzler Christian Kern stellte vergangene Woche im Ministerrat in Zusammenhang mit der Reduzierung der Bankenabgabe unmissverständliche klar, dass er dafür ausreichende Finanzierungen für die Unternehmen erwarte. Zuvor hatte der SPÖ-Chef die Bank Austria und die Abspaltung des CEE-Geschäftes erwähnt. Ein weiterer Punkt ist mit den Bankenaufsehern auch noch nicht geklärt. Die rund 500 Mitarbeiter, die in Wien für die Steuerung der Osteuropa-Töchter zuständig sind, sollen in Österreich bleiben können. Das Ziel sei, möglichst viele Beschäftigte aus dem CEE-Geschäft in Wien zu halten, kündigte Bank-Austria-Chef Robert Zadrazil vor wenigen Wochen an.

Bank Austria: Wilder Streit mit Europäischer Bankenaufsicht
Chief Executive Officer of UniCredit Bank Austria AG Robert Zadrazil attends a news conference in Vienna, Austria June 23, 2016. REUTERS/Leonhard Foeger

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese Einheit keine Banklizenz benötigt. Sollte die Aufsicht allerdings entscheiden, dass doch eine Bankenkonzession notwendig ist, ist Mailand nicht gewillt, diese Auflage zu erfüllen. Die Belegschaft müsste nach Italien übersiedeln. Nicht alle Mitarbeiter sind aus Österreich, ein Teil der Truppe kommt aus CEE.

Den rund 6800 Mitarbeitern, die bereits in Pension sind, wird der Ruhestand noch besser abgesichert. Zwar hat die Bank Austria für die Finanzierung der Renten 3,7 Milliarden Euro rückgestellt. Doch ein möglicher neuer Eigentümer – man weiß ja nie, was angesichts der Krise des italienischen Bankensystems alles passieren kann – könnte auf die Pensionszusagen pfeifen. Damit in diesem (derzeit noch theoretischen) Fall nicht die Stadt Wien mit ihren Haftungen zum Handkuss kommt, soll die Mutter UniCredit bereit sein, eine Garantie für die Pensionen zu übernehmen. Die Stadt Wien haftet für die Altschulden der Bank.

Das ist auch ein Abtausch mit dem Betriebsrat. Dafür blockieren die Mitarbeiterstiftung und die AVZ-Stiftung nicht die Abgabe von Osteuropa.

Noch ist immer nicht klar,wie viele Mitarbeiter die Bank Austria in Österreich los werden will. Möglichst viele, das steht fest. Dabei zeigt man sich großzügig. Wer von den 3300 praktisch unkündbaren Mitarbeitern freiwillig abgeht,erhält wie berichtet bis zu vier Jahresgehälter.

Die Mutter in Mailand ist gegenüber ihren Ex-Chefs spendabel.Federico Ghizzoni, der sich nach heftiger Kritik über die Performance der Großbank zum Abgang bereit erklärte, erhält laut italienischen Medien zehn Millionen Euro Abfindung. Seinem Vorgänger Alessandro Profumo wurde der Abflug 2010 noch mit 40 Millionen Euro vergoldet.

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