Wifo-Chef: "Kein Grund für Krisengejammer"

Wifo-Chef Aiginger: "Österreich hat 12 Jahre hintereinander eine dynamischere Entwicklung als die EU gehabt, da kann man sich einige Unsicherheit leisten"
Das Wifo blickt optimistischer in Österreichs Zukunft als OECD und IWF. Wermutstropfen bleibt der Arbeitsmarkt.

Sie diente als Basis für den Kassasturz der Regierung: Die Mittelfrist-Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), die am Mittwoch nun veröffentlicht wurde. Das Wifo geht darin von einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent von 2014 bis 2018 aus - das wäre besser als der EU-Schnitt und besser als von OECD und IWF zuletzt vorhergesagt.

"Wir haben Herausforderungen, aber keinen Grund für Krisengejammer" sagt Wifo-Chef Karl Aiginger. Die Prognose sei zwar vor dem Kassasturz entstanden, stimme aber weiter, da sich verschiedene Effekte der neuen Erkenntnisse voraussichtlich wechselseitig aufheben. Nun müsse man auf die konkreten Maßnahmen der Regierung warten, bevor die Prognose neu gerechnet werden kann.

Erhebliches Wachstumspotenzial

Jedenfalls rechnet Aiginger damit, dass der Wachstumsvorsprung Österreichs erhalten bleibt - oder sogar größer wird, wenn man die Konsolidierungsmaßnahmen "geschickt wählt". Denn Österreichs Wirtschaft habe ein Wachstumspotenzial ("konjunkturbereinigtes Wachstum") von 1,7 Prozent, die OECD nehme diesen Wert hingegen mit 1,4 Prozent an. Oft werde von den internationalen Organisationen die Sondersituation Österreichs nicht ausreichend gewürdigt, meint Aiginger, deshalb falle die Wifo-Prognose optimistischer aus. Auch dass Österreich bei den Forschungsausgaben inzwischen an fünfter Stelle in Europa steht "nimmt die OECD erst langsam zur Kenntnis", so der Wifo-Chef.

Die auf ersten Blick nur für Theoretiker interessant scheinende höhere Berechnung des Wachstumspotenzials hat sehr handfeste Auswirkungen: Der Sparbedarf Österreichs liegt dadurch um jährlich eine Milliarde Euro niedriger, also in Summe fünf Milliarde Euro zwischen 2014 und 2018. Daher lohne es sich auch gegenüber der EU auf diesen Unterschied hinzuweisen, sagte Aiginger.

Wifo-Chef: "Kein Grund für Krisengejammer"
Österreich stehe aufgrund derDebatte über das Budgetlochinternational unter starker Beobachtung. Diese Woche war ein Vertreter der EU-Kommission in Wien, der "sehr hellhörig" gefragt habe, wie es mit den österreichischen Finanzen aussieht. Aber auch die internationalen Organisationen und Analysten, also Rating-Agenturen, informieren sich genau, wie Österreich die fehlenden Milliarden "darstellen" will.

Aber Österreich habe "12 Jahre hintereinander eine dynamischere Entwicklung als die EU gehabt, da kann man sich einige Unsicherheit leisten", so Aiginger, noch dazu weil alle anderen Länder mit den gleichen Problemen kämpfen. Zwar müsse die Regierung "alte Zöpfe schneiden", sei aber in einer so komfortablen Situation, dass man "nicht die wertvollsten Teile verkaufen muss, sondern nur das, was ich nicht mehr brauche".

Für Österreich spricht unter anderem die Nähe zu den stark wachsenden Märkten in Ost- und Südosteuropa und die damit verbundenen Exportchancen, meint das Wifo. Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter werde noch zunehmen, während sie in der EU schrumpft. Außerdem ist die Staatsverschuldung Österreichs im EU-Vergleich unterdurchschnittlich - der wachstumshemmende Konsolidierungsbedarf daher geringer als in anderen Ländern.

Arbeitsmarkt bleibt angespannt

Allerdings werde die Lage auf dem Arbeitsmarkt angespannt bleiben: die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition wird wohl bis 2015 auf 7,9 Prozent noch leicht ansteigen und auch danach nur sehr langsam zurückgehen, auf 7,7 Prozent 2018, analysiert das Wifo - obwohl die Beschäftigung im Schnitt pro Jahr um 0,8 Prozent zunimmt. Damit dürfte die Zahl der Arbeitslosen auch 2018 nur knapp unter 300.000 liegen.

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