Es werden zu wenig Wohnungen gebaut

Es werden zu wenig Wohnungen gebaut
Es werde weniger gebaut, obwohl es ohnehin schon zu wenig leistbaren Wohnraum gebe, kritisiert der Baustoffkonzern.

Der Baustoffkonzern Wienerberger zeigt sich alarmiert über die weiter rückläufigen Wohnbau-Zahlen, obwohl der Markt mit leistbarem Wohnraum deutlich unterversorgt ist. Bis 2014 würden die Fertigstellungen in Österreich auf 37.000 Einheiten sinken, das sei dann ein Rückgang um 14 Prozent binnen drei Jahren, sagte der Geschäftsführer der Wienerberger Ziegelindustrie GmbH, Christian Weinhapl, vor Journalisten. Wie Weinhapl hofft auch Konzernchef Heimo Scheuch auf eine Wiedereinführung der Zweckbindung bei der Wohnbauförderung (WBF).

Bau-Gewerkschafts-Chef SP-Abg. Josef Muchitsch sagte, er hoffe darüber hinaus weiter auf die seinen Angaben zufolge politisch schon ausgehandelten 600 Mio. Euro an zusätzlichem Zweckzuschuss des Bundes für die Länder, verteilt auf drei Jahre.

Warum warten?

Auch wenn jetzt allenfalls bestimmte Gelder in Hochwasser-Schutzbauten umgeleitet würden, was nötig sei, sollte dem Wohnbau unterm Strich aber nichts fehlen, betonte Muchitsch bei einem Fachpressegespräch. Am WBF-Fundament von 1,78 Mrd. Euro Bundesmitteln pro Jahr sollte nicht gerüttelt werden, das müsse gesichert sein. Und wenn sich schon alle Landeshauptleute für eine Wiedereinführung der im Jahr 2008 gestrichenen Zweckbindung seien, "warum warten wir dann bis 2015?", fragt sich Muchitsch.

Laut Wienerberger-Vertreter Weinhapl werden in Österreich heuer nur rund 37.400 neue Wohnungen fertig, um 5 Prozent weniger als 2012 (39.600), obwohl es damals schon ein Minus von 8 Prozent im Vergleich zu 2011 (über 43.000) gegeben hatte. Innerhalb von drei Jahren schlägt damit ein Minus von 14 Prozent zu Buche. Der heuer bis April durch den lang andauernden Winter entstandene Rückstand werde im Rest des Jahres nicht mehr aufgeholt werden können, so Weinhapl.

Grundstückskosten als Preistreiber

Die "Preistreiber" im Wohnbau haben die Wienerberger-Leute und Baugewerkschafter Muchitsch rasch ausgemacht: die Grundstückskosten aufgrund schlechter Reserven-Bewirtschaftung, die Bau-Errichtungskosten wegen überbordender Vorschriften und auch Finanzierungsengpässe infolge der Finanzkrise.

Muchitsch plädierte einmal mehr dafür, dass Ländern und Bürgermeistern eine gesonderte Grundstücks-Zweckbindung für sozialen Wohnbau ermöglicht werden sollte, immerhin seien die Gespräche dazu weit fortgeschritten. Die in Wien davongaloppierenden Grundpreise könne man durch die bestehende Superädifikatsregelung in den Griff bekommen, meinte Wienerberger-Chef Scheuch, denn die Stadt Wien könnte demgemäß ja die Gründe behalten und auf hundert Jahre verpachten, "dann bleiben die Grundstückspreise unten".

Hauptproblem: Vielzahl von Bauordnungen

Scheuch bezeichnete die Überreglementierung durch eine Vielzahl von Bauordnungen als das "Hauptproblem". Hier sei eine Entrümpelung dringend nötig. Weinhapl plädierte zusätzlich dafür, Bauvorschriften und WBF-Regelungen bis zum Jahr 2020 im Bereich Energieeffizienz einander anzugleichen, "denn sonst würden wir außerhalb des Kostenoptimums bauen". Der Neubau sei heute "bereits überoptimiert, und diesen Weg gehen wir leider vorerst weiter." Auch bei Passivhäusern sei im Hinblick auf die Baukosten bereits "vieles überzogen", warnte Weinhapl.

Scheuch machte einen Engpass bei Verbraucher-Krediten für den Wohnungsmangel mitverantwortlich. Und selbst Klein- und Mittelbetriebe hätten akute Finanzierungsprobleme, sodass bestimmte Wohnbauprojekte nicht realisiert werden könnten. Da der geförderte Wohnbau nur einen Teil des Marktbedarfs abdecken könne, müssten auch private Mittel in den Neubau fließen. Weinhapl regte dazu die Aktivierung von Teilen der privaten Sparguthaben an, die auf über 300 Mrd. Euro geschätzt würden. Zusätzlich sollte es - für die Leistungen von Professionisten - eine reduzierte Umsatzsteuer und eine steuerliche Absetzbarkeit geben.

Laut Scheuch müssen die Menschen heute bereits 23 Prozent ihrer Ausgaben für das Wohnen aufwenden - früher waren es laut Muchitsch 19 Prozent -, und bei jedem Achten betrage dieser Anteil schon 40 Prozent. 17 Prozent der Europäer würden in überbelegten Wohnungen leben, "auch in Wien gibt es das". Dabei gebe es laut Artikel 34 der EU-Grundrechtscharta ein Recht auf ein menschenwürdiges Wohnen.

Der Wohnbau habe eine immens wichtige Funktion für die gesamte Wirtschaft, erinnerte der Wienerberger-Konzernchef. Ein Euro bringe dem Staat 60 Cent zurück, und eine Milliarde Euro an Wohnbauinvestitionen sichere 12.000 Jobs. In der gesamten EU sind seinen Angaben zufolge mehr als 20 Mio. Menschen in der Bauwirtschaft tätig.

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