"Wien könnte seinen Status als Tor zum Osten verlieren"

Trotz den im Vergleich zu früheren Jahren niedrigen Wachstumsaussichten bestehen langfristig gute Geschäftschancen. Durch steigende Lohn- und Produktionskosten wird China zukünftig vermehrt für jene Unternehmen interessant sein, welche ihre Produkte lokal vertreiben möchten.
Wirtschaft macht Druck auf Regierung, um sich am Seidenstraßenprojekt zu beteiligen.

Geredet wurde schon viel darüber, doch wirklich ambitioniert verfolgt hat die österreichische Regierung das Projekt Seidenstraße bisher nicht: Bereits vor vier Jahren hat China angekündigt, die alten wirtschaftlichen Handelswege zwischen Asien und Europa wiederbeleben zu wollen. Dafür sollen vor allem Straßen- und Zugverbindungen ausgebaut werden. Österreich liegt – noch – auf keiner der drei geplanten Routen und könnte damit endgültig seinen Status als "Tor zum Osten" verlieren.

Die Wiener Wirtschaftskammer macht nun gemeinsam mit den ÖBB dafür Druck und hofft, dass sich das Projekt im neuen Regierungsabkommen findet. Wiens WKO-Chef Walter Ruck (li.) und ÖBB-Boss Andreas Matthä befinden sich derzeit auf China-Mission.

"Wien könnte seinen Status als Tor zum Osten verlieren"

Ruck unterzeichnete gestern, Montag, in Chinas Hauptstadt Peking ein Abkommen zwischen der Kammer und der CCPIT (China Council for the Promotion of International Trade). Vor Wien sind bereits Rom, Belgrad, Bukarest, Teheran und Singapur beigetreten. Die Partner tauschen sich via Informationsplattform über Infrastrukturprojekte aus. Österreichische Firmen können sich damit leichter an Ausschreibungen beteiligen. Österreich könnte zum "Logistik-Hub" werden, wenn zumindest die Breitspurbahn bis nach Wien ausgebaut wird, sagen die beiden Manager. Mit diesem Projekt hätte Österreich eine Chance, sich in die Seidenstraße einzuklinken.

Monsterprojekt

Die chinesische "Belt and Road Initiative" (so die offizielle Bezeichnung) hat gewaltige Ausmaße: 65 Staaten sind beteiligt, was der Hälfte der Weltbevölkerung, einem Drittel der Weltwirtschaft und 75 Prozent der Energiereserven entspricht. Es geht um eine Nordverbindung durch Zentralasien über Moskau bis Madrid. Eine südliche über den Iran und die Türkei. Und eine Seeverbindung über das südchinesische Meer bis zum Mittelmeer.

"Wien könnte seinen Status als Tor zum Osten verlieren"
Unterzeichnung Vertrag mit China zu Seidenstraße

Wie strategisch China hier vorgeht, zeigt schon der Umstand, dass sich das Land bereits 67 Prozent der Anteile am größten griechischen Hafen, Piräus, gesichert hat. Dem Projekt reserviert gegenüber stehen (die Konkurrenten) USA, Indien und Japan.

Dass Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) bei der internationalen Seidenstraßenkonferenz im Frühsommer kurzfristig absagte (als die große Koalition zerbrach) und hochrangige Treffen mit chinesischen Regierungsvertretern in letzter Sekunde platzten, sei nicht hilfreich gewesen, sagte Ruck in Peking vor Journalisten. Für die Chinesen seien nämlich Höflichkeit und Symbolik von besonders hoher Bedeutung. Rucks Fazit: Österreich sei schlecht gestartet – "jetzt müssen wir zum Sprint ansetzen".

"Wien könnte seinen Status als Tor zum Osten verlieren"
Grafik

Kommentare