Wieder einmal im Stroh wühlen

Leben im Stroh: Schweine in Industrieställen können davon nur träumen
Der Diskonter Hofer will die Zustände im Schweinestall verbessern. Über den Erfolg entscheidet der Kunde.

In Umfragen geben Konsumenten gerne an, dass sie bereitwillig mehr für Fleisch zahlen, wenn es bio ist und die Tiere ein schönes Leben hatten. Im Supermarkt sieht das Kaufverhalten aber anders aus. Der Bio-Anteil bei Schweinefleisch – das etwa doppelt so teuer ist wie jenes aus konventioneller Landwirtschaft – liegt bei gerade einmal 1,5 bis zwei Prozent. Siegel, die kontrolliert bessere Haltungsbedingungen auszeichnen, kommen alle zusammen auf ähnlich bescheidene Marktanteile.

Dennoch ist Hofer-Generaldirektor Günther Helm überzeugt, "dass Tierwohl das Thema der nächsten Jahre sein wird". Deswegen startet er diese Woche gemeinsam mit dem oberösterreichischen Fleischverarbeiter Hütthaler das Projekt "FairHof", dem sich in der Startphase 15 Vertragsbauern angeschlossen haben. In deren Ställen haben die Schweine deutlich mehr Platz, Stroh, in dem sie wühlen können sowie die Möglichkeit, jederzeit ins Freie zu gehen. "Zudem wird ihnen Futter vom Hof sowie gentechnikfreies Donausoja – und nicht Gensoja aus Übersee – gefüttert und der Weg zum Schlachthof darf nicht mehr als 50 Kilometer betragen", sagt Helm.

Abnahmegarantie

Für die Schweinehalter bedeutet das mehr Aufwand, einige mussten ihre Ställe mit hohen Investitionen umbauen. Hofer garantiert dafür eine fünfjährige Abnahmegarantie sowie um rund 30 Prozent höhere Preise für die Bauern. Laut Helm sollen bereits 50 weitere Landwirte Interesse am Projekt bekundet haben. Wie viel Nachschub tatsächlich benötigt wird, entscheidet aber der Konsument. Ihm muss das Tierwohl einen Preisaufschlag von 15 bis 20 Prozent auf die Käsekrainer, Debreziner, Frankfurter und elf weiteren Fleisch- und Wurstwaren von FairHof wert sein. Geht die Rechnung auf, folgen weitere Produkte.

Aus Sicht von Johann Schlederer, Chef der Österreichischen Schweinebörse, ist die Initiative "begrüßenswert". Es sei damit zu rechnen, dass andere Händler mit ähnlichen Programmen nachziehen. Das könnte den Anteil von diversen Bio- und Tierwohl-Siegeln "auf einen Marktanteil von zehn bis 15 Prozent verdoppeln bis verdreifachen", schätzt er.

Hofer – aktuell mit knapp 480 Filialen in Österreich vertreten – hat für "FairHof" in der Startphase 13.000 Schweine unter Vertrag, bis Jahresende sollen es 20.000 sein. Im Vergleich zum Gesamtmarkt freilich noch homöopathische Mengen.

Österreichweit werden jährlich mehr als fünf Millionen Schweine gemästet, etwa halb so viele werden zusätzlich importiert – vor allem aus Deutschland. Viele Bauern würden gerne auf die Haltung unter einem Tierwohl-Siegel umstellen, wenn sie die Sicherheit hätten, dass sie unter diesem langfristig Geld verdienen können, so Schlederer. Er ist nach jahrzehntelanger Marktbeobachtung ernüchtert: "Meine Erfahrung ist leider bisher eine andere." Konsumenten waren bisher nicht bereit, für Tierwohl mehr auszugeben.

19 Euro pro Schwein

Unter dem Strich bleiben einem Schweinemäster vom Verkauf eines Tieres derzeit durchschnittlich 19 Euro Deckungsbeitrag, von dem noch die Arbeit und die Investitionskosten abgedeckt werden müssen. Aktuell gibt es landesweit rund 24.000 Betriebe, die Schweine halten, etwa ein Drittel davon im Haupterwerb. Im Durchschnitt stehen in so einem Betrieb rund 600 Schweine – ein im internationalen Vergleich relativ niedriger Wert. In ostdeutschen Industrieställen stehen bis zu 20.000 Tiere.

Beim Pro-Kopf-Verzehr von Schweinefleisch spielt Österreich mit 38 Kilogramm im Jahr im Europa-Vergleich ganz vorne mit. Besonders hoch sind die Verbrauchszahlen auch in Deutschland oder Holland.

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