Wie sozial ist der geförderte Wohnbau?

Gemeindebau Rennbahnweg im 22. Wiener Bezirk.
Immobilienverband hat Zweifel an der sozialen Treffsicherheit bei der Wohnungsvergabe.

Ein Ziel der nächsten Bundesregierung müsse es sein, die "Treffsicherheit im sozialen Wohnbau zu erhöhen", wünscht sich der Präsident vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI), Georg Flödl. Dies sei notwendig, damit junge Wohnungssuchende mit wenig Geld eine für sie leistbare Wohnung finden.

Ist die Kritik der Immobilienwirtschaft an der fehlenden sozialen Treffsicherheit im geförderten sozialen Wohnbau berechtigt?

Teilweise ja. Laut einer Statistik vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft wohnen nur 22 Prozent aus den unteren Einkommensschichten im Gemeindebau, aber 53 Prozent aus dieser Gruppe bei privaten Hausherren. Es gibt allerdings auch mehr als doppelt so viele private Mietwohnungen als Wohnungen im Gemeindebau. Als untere Einkommenschichten gelten laut Definition des ÖVI Personen mit einem monatlichen Einkommen von weniger als rund 1126 Euro (14 Mal im Jahr).

Ist sichergestellt, dass günstige, mit Wohnbauförderung gebaute Mietwohnungen nur an die unteren Einkommensschichten vergeben werden?

Nein. Die Einkommensobergrenze für den Einzug in den Wiener Gemeindebau beträgt für eine Person jährlich netto 44.410 Euro (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Die billigsten Miet-Wohnungen am Markt sind ausfinanzierte Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern. Aber nur für einen Teil davon gelten Einkommensobergrenzen.

Wovon häng das ab?

Es liegt im Ermessen des gemeinnützigen Bauträgers, ob er bei der Neuvergabe dieser billigen, mit Wohnbauförderung errichteten Wohnungen die gleichen Einkommensobergrenzen vorsieht wie beim Erstbezug. Nur ein Teil der gemeinnützigen Bauträger hat sich für Obergrenzen entschieden.

Was hat das für Auswirkungen?

Gutverdiener können in billige Mietwohnungen einziehen. Vor mehr als zwei Jahren gab es massive Kritik, weil bekannt wurde, dass ein SPÖ-Abgeordneter in eine ausfinanzierte Wohnung des Bauträgers Sozialbau eingezogen ist. Nach öffentlicher Kritik ist er wieder ausgezogen. Die bisherigen Bundesregierungen haben nichts unternommen, um solche Vergaben zu verhindern.

Ist eine regelmäßige Überprüfung der Einkommenssituation der Bewohner im Gemeindebaus sinnvoll?

Laut einer Umfrage im Auftrag des ÖVI halten 73 Prozent der Österreicher eine regelmäßige Kontrolle der Einkommen für "sehr sinnvoll" oder "eher sinnvoll". Die Wiener SPÖ ist dagegen. Der Verwaltungsaufwand sei sehr hoch. Außerdem wolle man auf die soziale Durchmischung im Gemeindebau nicht verzichten.

Wohnen im Gemeindebau tatsächlich so viele Reiche?

Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Laut einer Statistik des ÖVI wohnen vier Prozent der Personen mit einem Monats-Einkommen von über 3379 Euro netto (14 Mal im Jahr) im Gemeindebau. Bei den privaten Hausbesitzern beträgt der Anteil der Gutverdiener 44 Prozent.

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