Wette verloren: Wirtschaftswachstum höher als erwartet

OeNB-Chefvolkswirtin Doris Ritzberger, Gouverneur Ewald Nowotny
Sogar OeNB-Chef Ewald Nowotny hatte daneben getippt: Österreichs Wirtschaft legt um 3,1 Prozent zu.

Sechs Bouteillen vom feinsten Tröpferl des Stiftweingutes Herzogenburg von (Noch-)Finanzminister Hans Jörg Schelling: Am Freitag musste Ewald Nowotny seine Wettschulden einlösen.

Der Nationalbank-Gouverneur hatte im Sommer Österreichs gute Konjunkturlage unterschätzt. Während seine Mitarbeiter schon damals – richtigerweise – dem Wirtschaftswachstum einen Dreier vor dem Komma zugetraut hatten, war Nowotny skeptisch geblieben. Deshalb dürfen sich jetzt die prognostisch sicheren OeNB-Mitarbeiter auf einen Umtrunk freuen.

Für 2017 erwartet die OeNB nämlich 3,1 Prozent Plus. "Die deutsche Wirtschaft brummt", griff Nowotny ein Zitat von Ifo-Chef Clemens Fuest auf. "Aber die österreichische Wirtschaft brummt stärker." Das 2018 noch kräftige Wachstum soll sich erst 2019 und 2020 abschwächen.

Wette verloren: Wirtschaftswachstum höher als erwartet
Grafik

Schon jetzt gebe es Anzeichen, dass Arbeitskräfte in Mangelberufen – vor allem im Handwerk – schwieriger zu finden seien, sagte OeNB-Chefökonomin Doris Ritzberger-Grünwald. Die Löhne würden steigen.

Preistreiber Bewirtung

Kopfzerbrechen bereitet den OeNB-Experten freilich, warum die Teuerung in Österreich ständig höher ausfällt als in Deutschland. Im September war die Inflationsrate mit 2,5 Prozent "überraschend hoch". Der Abstand zu Deutschland war auf 0,9 Prozentpunkte angewachsen.

Den größten Anteil daran hatten laut OeNB Dienstleistungen, insbesondere Bewirtungen (Restaurants, Cafés, Tanzlokale, Kantinen), die einen Viertelprozentpunkt ausmachten. Die Österreicher essen und trinken offenkundig viel häufiger außer Haus als die Nachbarn. Hierzulande ist dieser Posten im Warenkorb zur Inflationsberechnung nämlich mit üppigen 11,8 Prozent gewichtet, in Deutschland nur mit 4,3 Prozent. Eine weitere Rolle könnte die Registrierkassenpflicht spielen – womöglich haben die Wirte die Investitionskosten und Steuern auf die Preise draufgeschlagen.

Ganz generell seien höhere Preise im Tourismus aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht unbedingt negativ, sagte Nowotny. Bei guter Nachfrage könnten die Anbieter eben bessere Preise erzielen.

Dass der Lebensmittelhandel wegen der Dominanz der Supermärkte von Rewe, Spar und Hofer zu den Preistreibern zählt, konnte die OeNB in der Inflationsanalyse für 2017 nicht feststellen. Das könne aber ein insgesamt höheres Preisniveau gegenüber Deutschland erklären, sagte Ritzberger-Grünwald.

Befragt wurde Nowotny als Ratsmitglied auch zu den Anleihenkäufen der Europäischen Zentralbank. In deren Auftrag hatte die finnische Notenbank eine bis 2025 laufende Anleihe der Steinhoff Europe AG gekauft. Das deutsch-südafrikanische Möbelhaus, der Mutterkonzern von kika/Leiner, steckt nach Bilanz-Ungereimtheiten jetzt in Schwierigkeiten. "Es ist völlig klar, dass es bei einem so hohen Volumen immer wieder Ausfälle geben wird", betonte Nowotny. Die Größenordnung des Investments sei aber "nicht massiv".

EZB steht auf Bier

Von insgesamt 2265 Mrd. Euro Anleihen, die die EZB bisher angekauft hatte, entfielen alles in allem nur 130 Mrd. Euro auf Unternehmenspapiere. Größtes Einzelinvestment seien dabei 18 Anleihen der Brauereigruppe Anheuser-Busch.

Nowotny sieht aber auch Risiken: Man müsse "Acht geben, dass es nicht zu Verzerrungen auf den Märkten kommt". So gebe ihm zu denken, dass die Zinsen für Firmentitel von minderer Qualität und ganz ohne Rating bereits so niedrig seien wie sonst nur für Staatsanleihen.

Kommentare