Wenn in den eigenen vier Wänden der Platz ausgeht

MyPlce ist Marktführer im deutschsprachigen Raum.
Der Bedarf an Stauraum steigt vor allem in den Städten. Sind Wohnungen und Keller vollgeräumt, werden Gegenstände zunehmend ausgelagert.

Ein kleines Labyrinth von Gängen im hellen Neonlicht, links und rechts größere blaue Türen, verteilt auf mehrere Stockwerke. So sieht es im Wesentlichen im Inneren eines Self-Storage-Gebäudes des Anbieters MyPlace aus. Weitaus spannender wäre ein Blick hinter die blauen Türen. Dort haben die Mieter ihre Sachen eingelagert – von der Sammlung von Überraschungseier-Figuren, Platten, voluminösen Ballkleider, Sportgeräte oder Musikinstrumente bis hin zu nicht mehr gebrauchter Kleidung, Spielzeug oder Erbstücken, von denen man sich nicht trennen will, aber weder vom Platz noch der Optik her in die eigenen vier Wände passen.

Skurriles ist auch dabei, wie etwa eine Ansammlung von Klopapierrollen (ungebraucht) oder eine funktionstüchtige Modell-Eisenbahnanlage. "Dafür haben wir extra einen Stromanschluss im Abteil erlaubt", sagt Martin Gerhardus (Bild). Der MyPlace-Geschäftsführer hat selbst Sachen eingelagert, nachdem ihm nach der Heirat die Hälfte seines Hausrats bei einem Freund in einer feuchten Hütte verschimmelt ist. Vor knapp 20 Jahren hat der ehemalige Geschäftsführer von Europapier begonnen, sein Geschäft aufzubauen. "Ein Freund hatte eine Go-Kart-Halle in Langenzersdorf. Gegenüber hat jemand eine Garage für Bastler vermietet. Die habe ich übernommen."

Wenn in den eigenen vier Wänden der Platz ausgeht
Martin Gerhardus, Myplace-selfstorage,

Zunächst ist er noch selbst im Geschäft gestanden und hat die Abteile vermietet, seit dem dritten Standort ist er nur noch im Management tätig. Inzwischen ist er im deutschsprachigen Raum mit 41 Standorten, 50 Millionen Euro Umsatz und 110 Mitarbeitern Marktführer, weitere zehn Objekte sollen bis nächstes Jahr dazu kommen. Allerdings nur in Deutschland. "Der Markt wächst, aber unser Konzept passt nur in Ballungsräume mit mehr als einer halben Million Einwohner", so Gerhardus. Die Standorte in Graz und Linz seien eigentlich eine Ausnahme.

Langer Atem nötig

MyPlace ist an großen Hauptstraßen zu finden. Anders als bei klassischen Immobilien dauere es drei bis fünf Jahre bis zur Kostendeckung, da es anfangs ja gar keine Mieter gebe. Ziel sei eine Vollauslastung nach zehn bis 15 Jahren, derzeit seien es im Durchschnitt 70 Prozent. "Man braucht einen irrsinnig langen Atem", sagt Gerhardus.

Die monatlichen Mietpreise bei MyPlace von im Durchschnitt 20 bis 25 Euro je (inkl. Versicherung) sind von der Auslastung der jeweiligen Filiale abhängig. 80 Prozent seien Privatkunden; zum einen jene, die in kleinen Wohnungen leben und darin zu wenig Platz für ihre Sachen haben; zum anderen jene, die schnell und für zwei bis drei Monate Platz benötigen, etwa bei Scheidung, Umzug oder Renovierung; und drittens jene, die heiraten oder für längere Zeit ins Ausland.

Geschäftskunden wiederum würden die Räume für die Lagerung von Katalogen bzw. Akten nutzen, aber auch für Muster von Pharmazeutika oder Lebensmittel. "Wir übernehmen auch Lieferungen", sagt Gerhardus. An jedem Standort gibt es ein Büro. Die Lagerräume selbst sind täglich zwischen früh und spätem Abend betretbar, eine Security wacht über die Gebäude.

Die Mietfläche liegt in Österreich noch unter dem europäischen Durchschnitt (siehe Grafik). MyPlace ist in Europa in einem sehr fragmentierten Markt die Nummer Sechs. Es kommen laufend Anbieter hinzu, hierzulande etwa Diskont Depot, das auf Schiffscontainer setzt, oder die Storebox von store.me.

AirBnB für Lager

Vor knapp zwei Jahren gestartet, vermietet store.me inzwischen an sieben Standorten. "Wir sind das AirBnB für Lager", erklärt Johannes Braith. Der Geschäftsführer des Start-up erkannte das Potenzial des Geschäftsfelds bei seiner 84-jährigen Nachbarin, die ihren Keller vermietete. "Wir leben in einer Zeit, in der Menschen sehr viele Sachen kaufen und sich dann nicht davon trennen können."

Wenn in den eigenen vier Wänden der Platz ausgeht
store me, storebox

Die derzeit sieben Store.me-Lokale mit je rund 50 Abteilen finden sich in zuvor leer stehenden Geschäftslokalen in dicht verbauten Gebieten Wiens. "80 Prozent sind bereits vermietet, davon 70 Prozent an Langzeitkunden." 40 Standorte sind für nächstes Jahr geplant, die Hälfte davon in Wien, der Rest in den Bundesländern und in Deutschland. Dazu werden noch Franchisenehmer gesucht. Business Angels wie Rudolf Fries jun. und Hansi Hansmann finanzieren die Expansion. Die beheizbaren Storeboxen sind online buchbar, rund um die Uhr betretbar, ein bis 15 groß und kosten rund 40 Euro je und Monat.

255 Euro je m2 im Jahr

Die ersten Self Storage-Lager gingen in den 60er-Jahren in den USA in Betrieb, Europa folgte in den 80er-Jahren, wo sich von Groß-
britannien aus das System etablierte. Mit mehr als 50.000 Standorten entfallen auf die USA drei Viertel aller weltweiten Lager. Laut Self-Storage-Verband FEDESSA gab es 2016 in Europa 2746 Lager mit 7,77 Millionen Lagerfläche (plus vier Prozent zu 2015).

39 Prozent der Lager befinden sich in Großbritannien, 85 Prozent entfallen auf nur sechs Länder (UK, Frankreich, Spanien, Niederlande, Deutschland und Schweden). Die Auslastungsquote beträgt im Durchschnitt 80 Prozent, die Miete 255 Euro je und Jahr. In Österreich sind es 282 Euro (exakt so viel wie in Deutschland), am teuersten ist die Schweiz (661 Euro).

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