Was Kerns Miet-Ideen bringen

SPÖ will das Wohnen billiger machen.
SP-Vorschlag würde Mieten verbilligen, aber Investoren von Neubauten abhalten.

Die SPÖ bringt heute, Mittwoch, ihr Mietrechtspaket (Details siehe unten) in den Nationalrat ein. Bei den anderen Parteien findet es keine Zustimmung, die Immobilienwirtschaft läuft Sturm dagegen. Der KURIER klärt auf, welche Folgen eine Umsetzung hätte.

Sind die Mieter einem undurchsichtigen Markt ausgeliefert?

Die Behauptung von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder ist korrekt. Nur wenige Gesetze sind dermaßen unüberschaubar wie jenes zu (Richtwert) Mieten. Wie sich ein Preis zusammensetzt, ist intransparent. Andererseits: bei vielen Waren und Dienstleistungen wird beim Kauf nicht aufgeschlüsselt, wie es zur Preisbildung kommt. Die Koalition versucht seit Jahren mehr Licht ins Dunkel zu bringen, konnte sich aber nicht einigen.

Sind die Mietpreise in den vergangenen Jahren tatsächlich stark gestiegen?

Ja, die Mietkosten tragen wesentlich zur Preissteigerungsrate bei. Im Warenkorb der Statistik Austria werden neben Neuvermietungen auch Altmieten berücksichtigt. Wenn jemand schon in einer Kategorie-A-Wohnung lebt, steigt die Nettomiete nur alle zwei Jahre (abhängig von der allgemeinen Preissteigerungsrate). Andere Miet-Kategorien bleiben für Altmieter teilweise preislich unverändert.

Was sind Gründe dafür?

Neben der reinen Miete sind auch die Betriebskosten vielerorts stark gestiegen, etwa wegen Abgaben an die Gemeinde (Wasser, Müll). Hinzu kommt: In den vergangenen Jahren wurde zu wenig Wohnraum errichtet. Gepaart mit dem starken Zuzug verschärft dies die Nachfrage, die Preise steigen. Zudem haben viele Investoren wegen der niedrigen Zinsen ihr Geld in Immobilien gesteckt. Alleine in Wien sollen tausende Wohnungen leer stehen. Aus Sicht der SPÖ als Spekulationsobjekte. Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes Institutioneller Immobilieninvestoren, hält Schätzungen für unseriös. Tatsache sei aber, dass wegen der Debatten immer weniger ihre Wohnungen vermieten, weil sie nicht drauf zahlen wollen.

Würden die Preise beim SP-Modell wirklich sinken?

Zunächst ja. Laut SP-Beispiel wegen des Quadratmeterpreises von 5,50 Euro netto (mit Zuschlägen maximal 7,50 Euro) für eine 80--Wohnung in Wien von 1192 auf 736 Euro (Die Erträge müssen Vermieter versteuern.). "Der Effekt wäre für den Markt aber minimal, weil etwa in Wien nur rund ein Fünftel aller Wohnungen regulierte Mietwohnungen sind", so Peter Ulm, Geschäftsführer von Immobilienentwickler 6B47. Und der SP-Vorschlag gilt zudem nur für Neuverträge.

Was werden Immobilienentwickler dann tun?

Etwa zwei Drittel der Mietwohnungen, die derzeit gebaut werden, sind österreichweit frei finanziert, in Wien ein Drittel. Wird das neue Mietrecht beschlossen, würden keine freifinanzierten Mietwohnungen mehr gebaut, ist Michael Pisecky überzeugt. Der Obmann der Wiener Immobilientreuhänder spricht von einer "Bedrohung für den privaten Mietwohnungsbau".

Ab wann rechnen sich Investments?

Bei Mietwohnungen dauert es etwa 20 Jahre, bis das investierte Kapital wieder hereinkommt. Doch dann gäbe es nach dem SP-Vorschlag für den Investor nichts zu verdienen. Außerdem beginnen nach 20 Jahren größere Renovierungsarbeiten. Laut Branche beträgt die Rendite derzeit ein bis drei Prozent. Laut Louzek wäre eine weitere Folge, dass freie Mietobjekte in teures Eigentum umgewandelt werden.

Warum reichen den Investoren 5,30 Euro nicht aus?

Die gemeinnützigen Bauträger verrechnen nach der Rückzahlung der Kredite, also nach etwa 30 Jahren, inklusive Betriebskosten und Steuer, rund 5,30 Euro pro Quadratmeter. Der gemeinnützige Wohnbau ist gewinnbeschränkt. Private Investoren wollen hingegen verdienen.

Warum werden derzeit so wenig geförderte Wohnungen gebaut?

Die Grundstückspreise in den Ballungszentren sind so hoch, dass geförderter Wohnbau fast nur noch in Stadtentwicklungsgebieten möglich ist (siehe Seestadt). "Die Stadt Wien baut zu wenig", sagt Ulm. "Stimmt nicht", kontert ein Sprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Jedes Jahr entstünden 7000 geförderte Wohnungen. Und bis 2020 4000 Gemeindewohnungen (zu 7,50 Euro Bruttomiete/). "Wenn die SPÖ konsequent ist, müsste sie auch im Gemeindebau auf Fairness achten und von Besserverdienern mehr verlangen", so Ulm.

Sind die Mieten in geförderten Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern auch betroffen?

Nein. Da gelten eigene Regeln. Nur bei Berechnung der Betriebskosten könnten sich die Mieter etwas ersparen.

Warum wehren sich die Makler dagegen, dass die Provision vom Auftraggeber bezahlt werden soll?

Der Umsatz der Branche würde um 20 Prozent fallen, sagt Makler Robin Kalandra. Zudem würde das Angebot sinken. In Deutschland ist es nach Umstellung auf den Auftraggeber von rund einer Million Mietwohnungen auf 670.000 eingebrochen. Besser wäre ein Aus für die Mietvertragsgebühr.

Das Mietrecht soll bundesweit einheitlich gelten und alle bisherigen Regelungen bzw. das System der Richtwerte ersetzen. Frei finanzierte Wohnungen sollen 20 Jahre lang auch die Mieten frei bilden können. Für alle anderen Neuverträge soll es einen geregelten Mietpreis geben, der sich aus einem Quadratmeterpreis von 5,50 Euro abzüglich klar definierter Abschläge und plus Zuschläge errechnet. Die Maklergebühr soll künftig der Auftraggeber (zumeist der Vermieter) zahlen. Grundsteuer und Versicherungskosten soll der Vermieter übernehmen.

Die Preise für Eigentumswohnungen in den Ballungszentren sind deutlich gestiegen. Deshalb sind nun auch wieder Einfamilienhäuser gefragt. Diese sind oft billiger als Eigentumswohnungen in guter Stadtlage. Das ist ein Ergebnis einer Umfrage der Immobilienplattform wohnnet (2000 Befragte) und der s Real Immobilien.

Freiflächen wie Gärten oder sonstiger Grünraum werden ebenso gewünscht wie gute Luftqualität. Gleichzeitig ist aber auch die Infrastruktur ein Argument für den Wohnungskauf. Dazu gehört die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die Versorgung durch Supermärkte. Eine derartige Infrastruktur gibt es allerdings nur in Städten. Die Lage ist nach wie vor ein wichtiges Kaufargument.

Trend zum Zuzug

„Der Trend zum Zuzug in die Ballungsräume ist nach wie vor ungebrochen“, erläutert Michael Pisecky, Geschäftsführer von s Real Immobilien. Vor allem die Bereitschaft, in Bezirks- und Landeshauptstädten zu wohnen, ist merkbar gestiegen.

62 Prozent der Befragten wollen Eigentum erwerben. Wer zur Miete wohnt hat entweder nicht die finanziellen Mitteln zum Erwerb von Wohnungseigentum oder gute Gründe dafür, nicht zu kaufen. Dazu gehört zum Beispiel ein Jobwechsel, der einen Wohnortwechsel nach sich zieht. Die steigende Flexibilität ist ein Argument, Miete zu bezahlen. In Österreich sind laut Pisecky etwa 60 Prozent des Vermögens in Immobilien gebunden. Ein Grund dafür sind die niedrigen Zinsen.

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