Warum der Ölpreis fällt und fällt ..

Düstere Aussichten für die weltweite Ölindustrie: Viele teure Projekte werfen kaum noch Gewinne ab, die Saudis aber verdienen noch gut.
Billig-Förderländer der OPEC wollen teurere Konkurrenten aus dem Markt kicken.

Der Absturz geht weiter: Am Mittwoch hat der Preis des Nordseeöls sogar die Marke von 50 Dollar je Fass gerissen. Im Tagestief wurde Öl in Europa zu 49,66 Dollar gehandelt.

Warum der Ölpreis fällt und fällt ..
Analysten erwarten, dass Öl die nächsten ein bis zwei Jahre auf diesem niedrigen Niveau bleibt. Das Angebot sei weltweit viel zu hoch, die Nachfrage wegen der flauen Konjunktur in vielen Industrieländern und der Abkühlung in China schwach. Daran werde sich kurzfristig nichts ändern. Denn die Verbraucher fahren nicht mehr Auto, weil Sprit ein bisserl billiger ist, ist Tamas Pletsar, Öl-Analyst der Erste Group in Budapest überzeugt.

Und die Anbieter fördern weiter. Der Grund dafür liegt Jahre zurück: Als 2008 der Ölpreis in lichte Höhen von fast 150 Dollar je Fass (159 Liter) strebte, begannen Ölkonzerne rund um den Globus das Schwarze Gold auch unter schwierigsten und damit teuersten Bedingungen zu fördern. Ob tief im Meer, unter arktischen Bedingungen oder durch Sprengen von Gestein Schieferöl in den USA – jede Ölquelle wurde angezapft. „Die Investitionen haben die Unternehmen bereits bezahlt, jetzt geht es darum, mit der Förderung die laufenden Kosten zu decken“, erklärt Pletsar, warum die Förderung nicht zurückgenommen wird. Die OPEC, die rund ein Drittel des Welt-Ölangebots liefert, schaute lange zu. Ihr Marktanteil begann 2014 zu fallen, Ende des Jahres hatte das Ölkartell genug. „Die OPEC will mit tiefen Ölpreisen die teure Förderung aus dem Markt kicken“. beschreibt Istvan Zsoldos Zsopi, Chefvolkswirt des ungarischen Ölkonzerns MOL, den aktuellen Konkurrenzkampf am Ölmarkt.

Öl-Förderprojekte werden infrage gestellt

Auch die Entwicklung neuer Ölfelder steht wegen des tiefen Ölpreises auf der Kippe. Die norwegische Ölberaterfirma Rystad Energy rechnet damit, dass Öl-Projekte im Wert von mehr als 150 Milliarden Dollar gestoppt werden könnten. Auch die Entscheidung über 800 Ölförder-Projekte im Volumen von 500 Milliarden Dollar könnte aufgeschoben werden.

Die Norweger verwiesen neben den Offshore-Bohrungen vor Brasilien auch auf Nordseeöl-Projekte und Fracking.

Die Zurückhaltung bei neuen Investitionen wird sich allerdings erst mittelfristig bemerkbar machen. „Ein Ölfeld in schwer zugänglichen Gebieten anzuzapfen und wirtschaftliche verwertbar zu machen, dauert fünf bis sechs Jahre“, erklärte Erste-Group-Analyst Tamas Pletsar. Bliebe Öl lange auf dem aktuell tiefen Preisniveau, würden viele neue Projekte nicht umgesetzt und es könnte Ende dieses Jahrzehnts zu einer Ölknappheit und einem extremen Preisanstieg kommen.

Die Frage sei auch, wie viele Ölförderunternehmen die Tiefpreis-Phase überstehen könnten. Die Ratingagentur Moody’s warnt bereits vor einem „sehr herausfordernden Jahr für die Ölindustrie“. Energiekonzerne mit einem starken Ölförderbereich würden unmittelbar vom niedrigen Ölpreis getroffen, Ölfeldausrüster würden dann indirekt mit nach unten gezogen. Das härteste Jahr würden aber jene Unternehmen erleben, die sich auf Bohrungen in der Tiefsee spezialisiert hätten.

Fracking

Komme der Ölpreis im Jahresdurchschnitt 2015 bei 60 Dollar je Fass zu liegen, würden die Investitionen der US-Ölkonzerne um 30 bis 40 Prozent gedrückt, schätzt Moody’s. Vor allem Öl-Fracking werde reduziert. Denn für die meisten Fracking-Projekte sind Ölpreise von 70 Dollar notwendig. Nur wenige produzieren auch bei tieferen Preisen noch wirtschaftlich.

Im Gegensatz zu den teuren Tiefsee- und Arktis-Bohrungen können Fracking-Projekte allerdings rasch gestoppt, aber auch rasch wieder reaktiviert werden.

Unter dem billigen Öl leiden aber auch Ökoenergie-Projekte. Der Anreiz zu Investments in diesen Bereich sinkt mit dem Ölpreis-Verfall.

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Die sinkenden Ölpreise wirken sich für Österreichs Autofahrer positiv aus. Zahlte man im Jänner des Vorjahres im Durchschnitt 1,335 Euro je Liter Diesel, so waren es gestern, Mittwoch, nur noch 1,104 Euro. Bei Super waren es vor einem Jahr 1,350 Euro pro Liter, nun sind es 1,131 Euro.

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„Diesel kostet bei den günstigsten Tankstellen bereits weniger als einen Euro“, sagt ÖAMTC-Expertin Elisabeth Brandau. Dass, wie jahrelang von den Autofahrerklubs kritisiert, die niedrigeren Rohölpreise nicht im vollen Umfang von den Konzernen weitergegeben werden, will Brandau so nicht mehr stehen lassen. „Es gibt nicht mehr viel zu meckern.“ Allerdings: Zwei bis drei Cent weniger seien dauerhaft drin; zudem könnten die Ketten sinkende Preise schneller weitergeben.

Brandau stößt sich mehr am hohen Steueranteil bei Sprit. Die Mineralölsteuer (MöSt) ist ein fixer Betrag, der bei Super 48,2 Cent und bei Diesel 39,7 Cent ausmacht. Inklusive Umsatzsteuer beträgt der Steueranteil am Gesamtpreis bei Super schon 59 und bei Diesel 53 Prozent. Das ist jedoch kein rein österreichisches Phänomen. In Deutschland etwa sind es sogar zwei Drittel.

Diesel ist nicht nur in Österreich niedriger besteuert. Bei den letzten beiden MöSt-Anhebungen wurde bei Diesel mit insgesamt 10 Cent stärker erhöht (7 Cent Super). Dass es nun im Zuge der geplanten Steuerreform konkrete Überlegungen gibt, die MöSt. auf Diesel erneut anzuheben, eventuell sogar auf das Niveau von Super, gefällt Brandau nicht. „Dieselfahrer sind oft Vielfahrer, die das Auto beruflich brauchen. Zudem würde sich der Warentransport mit Lkw verteuern.“ Fällt die Steuerbegünstigung für Diesel ganz, kostet eine Tankladung (50 Liter) 4,25 Euro mehr. - klee

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