Wachstum kann Arbeitslosigkeit nicht senken

Um durchschnittlich 1,6 Prozent soll die Wirtschaft in den nächsten Jahren wachsen. IHS rät zu Reformen.

Das Institut für Höhere Studien (IHS) sieht in seiner neuesten mittelfristigen Konjunkturprognose von 2015 bis 2019 für Österreich ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 1,6 Prozent pro Jahr voraus. Das verhaltene Wachstum werde nicht ausreichen, um die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken. Ein annähernd ausgeglichenes Staatsbudget sei erst gegen Ende des Prognosezeitraums drin.

Weitere Reformen

Die Steuerreform senke die Belastung des Produktionsfaktors Arbeit, so das IHS weiters in seiner Prognose. "Notwendig sind aber weitere Reformschritte im öffentlichen Sektor zur Stärkung des Wachstumspotenzials der österreichischen Wirtschaft (IHS-Forderungen im Detail: siehe unten)."

Euroraum wächst stärker

Verglichen zur Mittelfrist-Prognose aus dem Vorjahr hat das IHS das erwartete Wachstum um einen Viertelprozentpunkt gesenkt - trotz der Überwindung der Rezessionsphase der Eurozone 2014 und trotz der Annahme, dass sich die Erholung im Euroraum im Prognosezeitraum weiter festigen werde. Mit 1,6 Prozent fällt das Wachstum aber immerhin um rund 0,4 Prozentpunkte stärker als im Schnitt der vergangen fünf Jahre aus, so das IHS. Trotzdem bleibt Österreich mit diesen prognostizierten Werten geringfügig hinter dem Euroraum - mit einem erwarteten Wachstum von 1,8 Prozent - zurück.

Wachstum kann Arbeitslosigkeit nicht senken
Ausgehend von 0,7 Prozent und 1,8 Prozent 2015 und 2016 erwartet das IHS für den restlichen Prognosezeitraum bis 2019 jeweils Wachstumsraten von gut 1,75 Prozent. Der Konjunkturhöhepunkt wird für 2017 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent erwartet.

Unsicherheitsfaktoren

Mit der Länge des Prognosezeitraums steigen die Prognoseunsicherheiten. Die Weltwirtschaft bleibe anfällig für Störungen durch geopolitische Entwicklungen und Turbulenzen an den Finanzmärkten. Eine Verschärfung der politischen Krisen wie zwischen der Ukraine und Russland, im Irak oder Syrien könnte die Entwicklung des Welthandels bremsen und wohl auch zu einer Erhöhung der Energiepreise führen.

Die konjunkturellen Auswirkungen eines Staatsbankrotts Griechenlands auf die übrigen Euroländer werden wegen institutioneller Reformen wie der Bankenunion "eher gering" eingeschätzt. Allerdings würde ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten erhöhen und könnte die Erholung in den Peripheriestaaten der Eurozone wegen höherer Risikoaufschläge belasten.

Es gehe um Reformen, die den Standort "wirklich stärken", so IHS-Experte Helmut Hofer. Insgesamt gehe es um mehr Flexibilität, "vielleicht auch bei der Arbeitszeit", wenn auch eine "generelle Arbeitszeitverkürzung nicht besonders sinnvoll" sei - vor allem nicht mit vollem Lohnausgleich, denn das mache den Faktor Arbeit teurer.

Die Lohnnebenkosten gehörten gesenkt, die Grundlagenforschung gestärkt, die Frühkindförderung ausgebaut. "Es liegen viele Vorschläge am Tisch. Aber die Diskussion bei vielen Dingen dreht sich immer wieder ums selbe in Österreich", kritisierte der Wirtschaftsexperte. Er gab beispielsweise zu bedenken, dass Unternehmer wohl nicht so sehr über zu viel Bürokratie nachdenken würden, wenn die Wirtschaftssituation gut wäre.

Insgesamt gehöre das Vertrauen, das wegen einer relativ schlechten Stimmung gelitten habe, gestärkt. Es dürfe nicht weiter eine schlechte Stimmung herrschen, so Hofer. "Eine alte Geschichte - Pensionsreform, Lohnnebenkosten weiter absenken, die Flexibilität im Öffentlichen Sektor erhöhen." Kurz um: "Österreich hat Chancen, aber man muss etwas tun."

Er, Hofer, wollte aber "nicht das Zitat vom (ÖVP-Wirtschaftskammerpräsident Christoph, Anm.) Leitl sagen". Dieser hatte die heimische Wirtschaft vor mittlerweile knapp zwei Jahren als "abgesandelt" bezeichnet. Hofer: "Alleine die Diskussion, ob der Standort gut oder schlecht ist, ist schon schlecht."

Der weitere IHS-Fachmann, Simon Loretz, bezeichnete im Sinne von Reformen den Finanzausgleich als "großes Thema". Hier gehe es um die Entflechtung der gemeinsamen Zuständigkeiten. Es gebe großes Einsparungspotenzial "in der doppelten Verwaltung", ohne dass die Bürger betroffen wären. Mit einer Entflechtung könne zudem "mehr Transparenz" geschaffen werden.

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