Zwischen Vösendorf und Varaždin

Nino Hanjes beschäftigt in seinem gleichnamigen Betrieb in Kroatien 150 Menschen.
Vom Gastarbeiter-Kind zum erfolgreichen Exporteur. Über den stillen Aufstieg des Nino Hanjes.
Von Uwe Mauch

Ein gutes Zusammenspiel aus Satellitennavigation und Hausverstand ist notwendig, um die "Slobodna zona" an der Peripherie der nordkroatischen Kleinstadt Varaždin zu finden. Umso größer ist die Überraschung: in diesem auffallend gepflegten Gewerbepark leicht abseits des Welthandels reiht sich eine moderne Fertigungshalle an die nächste.

Auch die beiden Hallen der Firma Hanjes + Co. sind vom Feinsten. Hier werden in erster Linie hochwertige Einzelteile für Top-Schienenfahrzeuge wie Railjet oder ICE erzeugt. Und noch ein bisserl mehr.

Der Firmengründer Nino Hanjes unterhält sich mit seiner kroatischen Geschäftsführerin in ihrer und seiner Muttersprache, um gleich nach Eintreffen seines Landsmanns aus Österreich auf gut Wienerisch umzuschalten.

Bubentraum erfüllt

"Ich wollte immer mein eigener Chef werden", erzählt der Sohn eines pensionierten Schlossers und einer Büroangestellten. Aus heutiger Sicht klingt das plausibel, aus Sicht eines typischen Gastarbeiter-Buben war das doch kühn.

Seine Eltern stammen aus der Gegend südlich von Varaždin. Im Tito-Jugoslawien gab es hier Beschäftigung, aber keine Arbeit. Vor allem nicht für jene Menschen, die etwas schaffen wollten in ihrem Leben. Ihre ersten Jahre im Süden von Wien waren auch nicht viel besser. Doch es ging langsam bergauf.

Nino Hanjes, der heute 150 gut ausgebildeten Handwerkern und Technikern in Varaždin und einem zehnköpfigen Management-Team in Wien-Liesing Arbeit gibt, erinnert sich: "Ohne Übertreibung, wir waren am Anfang schon arm. Meine ersten Fußballschuhe habe ich vom Fußballverein in Vösendorf geschenkt bekommen."

Ein schönes Beispiel für gelungene Integration. Hanjes vergisst nicht, sich zu bedanken: Bei seinen Trainern, Lehrern, Mitschüler und nicht zuletzt beim Chef seines tüchtigen Vaters. Sie gaben ihm eine faire Chance – und er hat sie eindrucksvoll genützt. Heute fährt Hanjes für Österreich und auch für Kroatien eine Export-Quote von 70 Prozent ein.

Und das soll noch lange nicht das Ende der Hanjes-Fahnenstange sein. Aufgrund der guten Auftragslage wird in seinem Werk in Varaždin in zwei Schichten gearbeitet, auch am Samstag, bis Mittag.

Ein Blick in die Produktion beweist, warum der Name Hanjes selbst bei namhaften Konzernen als Premium-Lieferant gehandelt wird: Hier technisch aufwendig und mit viel Fingerspitzengefühl hergestellte Edelstahl-Handläufe für eine Luxus-U-Bahn in einem Golf-Staat, dort Bestandteile für eine fahrende Kläranlage, die in Deutschland entwickelt wurde. Und auch das eine oder andere schöne Ersatzteil für die Wiener U-Bahn liegt hinten auf Lager.

Der Weg des 50-jährigen Entrepreneurs war gewiss nicht vorgezeichnet. Nach der Matura hat er an der WU drei Jahre lang Betriebswirtschaft studiert, um für sich zu erkennen, dass er nicht über Wirtschaft reden, sondern eine reale Firma gründen möchte.

"Den ersten Auftrag haben mein Vater und ich im Jahr 1992 von der Firma erhalten, in der mein Vater angestellt war", erinnert sich der Gründer. "Weil ich garantiert habe, dass wir um zehn Prozent billiger produzieren werden."

Damals haben die Hanjes mit gebraucht gekauften Werkzeugen in einer Garage im 23. Bezirk gewerkt. Was für eine Entwicklung! Der computergesteuerte Maschinenpark in Varaždin ist topmodern und dank der langjährigen Erfahrung auch für Spezialaufträge gerüstet.

Vergleich macht sicher

Im Jahr 2003 hat sich Nino Hanjes dazu entschieden, seine Produktion in die Heimat seiner Eltern zu verlegen. Und an dieser Stelle sollten die Sonntagsredner in Politik und Wirtschaftskammer ihre Ohren spitzen.

Hanjes bekommt in der Region rund um Varaždin viel leichter gut ausgebildete und auch hoch motivierte Mitarbeiter als in Wien: "Ich muss nur darauf achten, dass ich sie nicht demotiviere." Und er kann in Kroatien auf ein wesentlich transparenteres Steuersystem vertrauen als in Österreich: "Je mehr investiert und Arbeitsplätze geschaffen werden, umso niedriger ist hier der Gewinn-Steuersatz."

Beim Fotografieren fällt auf: Der Unternehmer sucht nicht das Blitzlicht, stolz ist er schon. Auch darauf, dass er gemeinsam mit seinem Team soeben einen großen Auftrag aus den USA an Land gezogen hat. Und dass er in Kürze 50 weitere Mitarbeiter aufnehmen kann. Sein Erfolgslauf scheint an dieser Stelle noch nicht zu Ende zu sein.

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