Verfassungsrichter stimmen ESM zu

Verfassungsrichter stimmen ESM zu
Die Verfassungsrichter in Karlsruhe wiesen die Anträge der Kläger gegen den Euro-Rettungsschirm überwiegend zurück.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat den Weg zum Start des Euro-Rettungsschirms ESM freigemacht - allerdings nur unter Vorbehalt. Die Richter wiesen am Mittwoch Anträge der Kläger überwiegend zurück, dem deutschen Präsidenten die Unterzeichnung des Gesetzes zum Europäischen Stabilitätsmechanismus bis zum endgültigen Urteil des Gerichts über die Verfassungsbeschwerden zu untersagen.

Die Ratifizierung könne aber erst abgeschlossen werden, wenn völkerrechtlich sichergestellt sei, dass die Haftungsgrenze Deutschlands von 190 Milliarden Euro nur mit Zustimmung des Bundestages geändert werden könne, erklärte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Wäre der Rettungsschirm gescheitert, hätte das wohl das Ende der gemeinsamen Währung bedeutet.

Damit kann Deutschland dem permanenten Euro-Rettungsschirm ESM unter Erklärung entsprechender völkerrechtlicher Vorbehalte beitreten. Deutschland hat bisher als einziges Euro-Land den Vertrag über den "Europäischen Stabilitätsmechanismus" ESM noch nicht ratifiziert. Erst mit der Beteiligung des größten Mitgliedsstaats kann der Rettungsschirm in Kraft treten.

Der Mechanismus soll nun am 8. Oktober aktiviert werden. Das teilte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker am Mittwoch in Luxemburg mit. "Ich plane, das erste Treffen des ESM-Gouverneursrats am Rande des Eurogruppen-Treffens am 8. Oktober in Luxemburg einzuberufen", erklärte Juncker.

ESM-Leaks von Piratenpartei in Bayern

Die Piraten in Bayern haben am Mittwoch 16 Dokumente (siehe unten) über den ESM veröffentlicht. Die Schriftstücke, die Details zur Durchführung des ESM nennen, wurden der Öffentlichkeit bislang nicht zugänglich gemacht, sondern nur dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages vorgelegt. "Eine öffentliche Diskussion durfte nicht zuletzt aufgrund der Kennzeichnung mancher Dokumente als ´Vertraulich´ oder ´Verschlusssache´ nicht stattfinden" so die Piratenpartei auf ihrer Homepage.

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Klage der Freiheitlichen in Österreich muss warten

Die Entscheidung in Deutschland wurde auch in Österreich mit Spannung verfolgt. Bundeskanzler Faymann sagte am Dienstag, in Karlsruhe werde am Mittwoch eine "maßgebliche Entscheidung" getroffen. Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Spindelegger. Der Nationalrat hatte Anfang Juli dem ESM und dem Fiskalpakt zugestimmt. FPÖ, Grüne und BZÖ haben eine Klage gegen den Fiskalpakt angekündigt; die FPK will eine Verfassungsklage gegen ESM und Fiskalpakt über die Kärntner Landesregierung einbringen.

Diese Klage muss allerdings noch etwas warten. Zwar ist der Ratifizierungsprozess in Österreich komplett abgeschlossen, die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt - und damit die Basis für eine Klage - kann aber erst erfolgen, wenn der ESM in Kraft getreten ist.

Damit der ESM in Kraft treten kann, müsse zunächst der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck den Vertrag über den ESM unterzeichnen und die Ratifizierungsurkunde hinterlegen. Sobald der Rettungsschirm in Kraft ist, kann das Gesetz auch in Österreich kundgemacht werden.

Erst die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ermöglicht derzeit eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine früher eingebrachte Klage müsste der VfGH aus Formalgründen zurückweisen. Derzeit wird allerdings eine Vorabprüfung von Staatsverträgen durch den VfGH diskutiert.

Die FPK will über die Kärntner Landesregierung, wo sie über eine absolute Mehrheit verfügt, den ESM und auch den Fiskalpakt vor die Verfassungsrichter bringen und wartet auf die Kundmachung. Gegen den Fiskalpakt wollen auch die drei Oppositionsparteien gemeinsam vorgehen. Die Klubs stimmen demnächst den Text hierzu ab, hieß es gegenüber der APA. Wann der Fiskalpakt in Kraft tritt, ist noch nicht absehbar.

Verfassungsexperten räumen den Gegnern des Stabilitätsmechanismus allerdings wenig Chancen ein. Sowohl Theo Öhlinger als auch Heinz Mayer gehen nach Bekanntwerden des Karlsruher Urteils davon aus, dass das Gesetz auch in Österreich hält.

Märkte atmen auf

Das "Ja" des deutschen Verfassungsgerichts hat für Erleichterung an den europäischen Finanzmärkten gesorgt. Der Deutsche Aktienindex (DAX) an der Deutschen Börse in Frankfurt am Main zog am Morgen um 0,98 Prozent an und notierte bei 7.382,06 Punkten.

Der Euro zog auf 1,2900 Dollar an und war damit so teuer wie zuletzt Mitte Mai.

Die Aktienindizes der Börsen Madrid und Mailand gewannen jeweils 1,3 Prozent. Der Branchenindex der Banken aus der Euro-Zone gewann in der Spitze 2 Prozent und markierte mit 111,79 Zählern ein Fünf-Monats-Hoch.

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